Überholt BJJ Judo bis 2020

Hier könnt ihr alles posten was mit Judo zu tun hat

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MalteB
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von MalteB »

Hier mal ein Beitrag von einem, der sich dem BJJ vor einigen Jahren zugewandt hat und (leider?) nicht wirklich im engeren Sinne zu Judo zurückgekehrt ist (was ich damit meine, wird auch erklärt):

Ich habe, nachdem ich nach dem Abitur in die nächstgrößere Stadt gezogen bin, um zu studieren, das Judo nicht weiterverfolgt (ich war eh noch nicht sehr lange dabei, hatte gerade mal einen Gürtel), zunächst mit einer der SV-Straßenabwehr-blabla-Geschichten angefangen und bin dadurch auch auf das BJJ in dem Gym (also dem Dojo) aufmerksam geworden.

Einen Gi habe ich ja besessen und für das auch regelmäßig ausgeübte NoGi-Training (also ohne Jacke bzw. Anzug) ist man ja eh ausgerüstet.

Also bin ich einfach mal zum Training gegangen.

Ich dachte ja, soo neu kann das ja alles nicht sein, ich kenne ja Bodenrandori vom Judo.
Und diese Annahme stimmte genauso, wie sie eben auch nicht stimmte.
Ich kannte recht viel schon, aber nicht in dieser Form und dieser Art der Anwendung. Und hier kommen wir zu dem Punkt, wo ich das BJJ dem Judo einfach überlegen sehe (nicht die Kampfsportart, sondern die Art der Umsetzung/des Trainings etc.)

Es wurde das erste Drittel aufgewärmt. Und ja, auch mit Fallschule, aber einer ganz anderen Fallschule, als ich sie aus dem Judo kannte. Nämlich nach dem Motto: Versuch das nachzumachen, und guck erstmal, wie es sich richtig anfühlt. Also nichts mit Abschlagen oder Blickrichtung etc. Feinheiten habe ich nach und nach selbst erarbeitet. Fallen ist irgendwie etwas, was der Mensch meiner Meinung nach schon recht gut kann.
Und dann viele Mobilitätsübungen, die aber auch immer direkt Bezug hatten zum Kampfgeschehen. Dieser Bezug wurde auch gezeigt und man hatte immer das Gefühl, ich lerne etwas, mit dem ich später kämpfen kann.

Das zweite Drittel wurden dann Techniken gezeigt. Mir als Anfänger wurden speziell erstmal die grundlegenden Positionen im Bodenkampf gezeigt. Also oben drauf sitzen, Seiten-Halte-Position (ich vermeide hier bewusst englische und japanische Begriffe) und Beinklammer etc. Und sofort auch mit einer Wertung, welche Position gut ist und welche man erreichen sollte etc. Ich wusste also gleich ungefähr, was zu tun ist. Diese Techniken wurden zunächst langsam geübt und dann mit mehr Widerstand bis hin zu einer fast kampfähnlichen Intensität (Ja, in meiner ersten Stunde).

Das letzte Drittel (über 45 Minuten) wurde dann gekämpft, also Randori. Aus dem Stand, vom Boden etc. Wie man mochte. (wie ich später erfahren habe hing das immer davon ab, wie voll die Matte war).

Und ich hatte noch gar keine Ahnung vom richtigen Bodenkampf, außer das von mir als "zielloses Gerangel" wahrgenommene Boden-Rollen aus dem Judo (die Techniken, die wir gezeigt bekommen haben, haben damals bei mir nie funktioniert).

Und siehe da, mir wurden gleich Tipps gegeben, wie die Dinge, die ich versucht habe (Oh, das hast du aus dem Judo, oder? Pass mal auf, versuch das mal so und so), umzusetzen sind. Zum ersten Mal in meinem Leben wusste ich also, was ich überhaupt zu tun hatte und noch besser, wie ich es zu tun hatte. Nicht nach dem Motto: Der Wurf klappt nicht? Dann machst du ihn falsch. Probiere es weiter. Sondern eher nach dem Motto: Ah, ich sehe, was du kannst, das ist auch gar nicht schlimm, dass du schon was weißt, aber so wie du es machst, kann es nicht klappen, probiere es mal so.

Lange Rede, kurzer Sinn:

Ich habe im ersten Training und auch in den Jahren danach gleich gemerkt:

- Hier wird "nur" das gelernt, was im Wettkampf funktioniert (und im Wettkampf ist hier in meinen Augen sehr gleichbedeutend mit einem nicht erfahrenen Gegner in einer Selbstverteidigungssitatuion). Das "nur" deswegen, dass auch alles was neu und unbekannt ist und irgendwo her kommt, sei es von neuen Leuten, von Youtube, aus einem Film etc., auf Funktion überprüft wird und zumindest mal ausprobiert und bei Erfolg auch anerkannt wird.

- Es wird nur effektives "Kämpfen gelehrt". Wie oft kamen 2. und 3. Dans aus dem Judo zu uns und ich konnte sie als Weißgurt ohne große Probleme zur Aufgabe bringen. Und klar, die haben nie "Boden" in dem Ausmaß trainiert, wie im BJJ, aber auch im Stand. Diese ganzen Würfe funktionieren kaum noch, wenn sich die Leute plump auf den Arsch setzen (dazu gleich mehr).

- Zur Frage: Ist BJJ moderner als das traditionelle Judo? Wieso finden es alle so "cool"? BJJ ist beides: modern und traditionell. Die "alten Meister" waren schon "modern". Sie haben schon vor 100 Jahren versucht, das beste für ihren individuellen Körper und Stil zusammenzusuchen, haben sich an anderen Sportarten und anderen Leuten orientiert. (Man siehe nur den berühmten "Kimura"-Aufgabegriff. Benannt nach einer historischen Niederlage gegen einen Judoka ist es einer DER BJJ-Aufgabegriffe geworden. Zur genaueren Geschichte bitte Google bemühen). Alles was funktioniert, wird übernommen und mit Respekt behandelt. Das führt auch zum nächsten Punkt.

- Die BJJler LIEBEN Judo! Alle wissen, dass die Grundlagen aus dem Judo kommen. Alle wenden Judowürfe an. Denn diese funktionieren nämlich sehr gut gegen widerwillige, sich hinsetzende Gegner, wenn man sie nur kombiniert mit den berüchtigten Beinangriffen. Uraltes (Judo-)Prinzip: Den Gegner durch Täuschung zu einer Bewegung bringen und diese ausnutzen. Schonmal versucht einen Beinangriff anzutäuschen und stattdessen einen Seoi-Nage durchzuziehen? Feinstes Judo auf allen BJJ-Matten dieser Welt.
Und das gilt natürlich auch für das Ringen, das Luta Livre und alle anderen Sportarten und ja auch für das Boxen und Thaiboxen. Wer auch mit Schlägen kämpft, wird nicht schief angeguckt, sondern mit Respekt behandelt und mit speziellen Tipps und Techniken ausgestattet, wenn er es denn will.

Fazit: BJJ orientiert sich am Stand des Wissens und nicht an alten Katalogen. Das haben auch die alten Meister schon getan und tun es heute noch. Deswegen kommt der Respekt vorm Meister und vorm direkten Trainer und vor der "Linie" ganz von allein. BJJler verbeugen sich ab einem bestimmten Punkt alle voreinander, obwohl "gelehrt" nur der Handschlag wird.
BJJ hat Respekt vor allen Menschen und vor allen Sportrichtungen und ist für jeden offen. (Gerade deswegen laufen die Leute nicht weg, sondern kommen und bezahlen sogar viel Geld).
Auf unseren Turnieren darf jeder kämpfen und wir dürfen auch überall kämpfen. Und es gibt Turniere mit vielen verbotenen Techniken, mit wenigen Verboten. Mit Zeitlimit, ohne Zeitlimit. Mit Gi, ohne Gi. Also für jeden was dabei. Und die Gürtel werden häufig nach Erfolg vergeben. (Wieviele Turniere hat der junge Kämpfer oder die junge Kämpferin gewonnen? Wie häufig und eifrig ist der junge Vater/die junge Mutter trotz des Stresses beim Training? Wie macht sich der/die ältere "Senior/in" im Training? Jeder hat einen individuellen "Erfolg", der vom Trainer irgendwann mit einem Gürtel belohnt wird).

Beim BJJ werden Werte wirklich gelebt und das ganz offen und für alle zugänglich und nachempfindbar (ja auch durch das Google und das Youtube). Der moderne Mensch hat vermutlich am meisten Respekt vor großer Transparenz und Offenheit. Und dann entstehen "Tugenden" ganz von alleine.

Und das ist eben "cool".
Wenn ich der Realität ins Auge blicke, fängt sie an zu blinzeln. ^_^
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Asakusa
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Asakusa »

Naja, das mag ja alles sein - aber ich finde die Aussagen über das Judotraining, sind für jemanden der nur wenige Monate Judo betrieben hat, doch sehr pauschaliert. Es mag ja sein, dass in deinem
ehemaligen Judoverein das Training so "uncool" war (traurig genug). Du scheinst aber aus dem "ziellosem Gerangel" (basierend auf einer leider schlechten Grundlagenausbildung, die du erwischt hast) auf ein
grundsätzliches Methodikproblem beim Kodokan-Judo zu schließen.

Der Tenor, der meiner Meinung nach ziemlich deutlich rauskommt, dass beim Judo grundsätzlich kaum anwendungsbezogen ausgebildet wird, ist schlichtweg falsch. Und die von dir erwähnte Offenheit
und Transparenz - und ganz besonders der Respekt - findet sich im übrigen auch fast überall in den mir bekannten Dojos....

Es mag durchaus sein, dass einige Vereine die Kyu-Prüfungsordnung tatsächlich als Grundlage für die Basisausbildung nehmen ( :BangHead ), allerdings habe ich selbst schon in
sehr vielen Vereinen und Clubs trainiert, bei denen das ganz anders aussieht. Und auch besuchende BJJler waren längst nicht immer dominierend, wenn man sie im Randori vor, unter oder über sich hatte.
Auch herrscht in den meisten Vereinen eine sehr offene Einstellung gegenüber anderen Stilen, auch Schlag- und Tritttechniken wurden gerne aufgenommen.

Leider wahr ist, dass Judo durch die Restriktionen im offiziellen Wettkämpfen viel Substanz verloren hat - aber auch nur da! Was in den Vereinen teilweise vergessen wird, dass man zu Hause weiterhin ALLES
trainieren darf und dies auch tun sollte. Die Haarspalter, die im Training sagen, dass dies nicht gemacht werden darf, weil im Wettkampf verboten, sind da aber doch eher die Ausnahme.

Und was die Entwicklung angeht: Variabilität war immer eine Stärke des Judo, gerade hier konnte man sich seine "Ecke" suchen (Wettkampf, Technik, Boden, Kata, SV, es gibt auch Seniorenmeisterschaften und Bodenturniere etc) .... Und mittlerweile prosperieren die "alten" Judovereine in unserer Gegend wieder deutlich mehr. Die BJJ-Schulen haben (leider) teilweise wieder aufgegeben. Trends kommen und gehen,
derzeit hat z.B auch Karate wieder einen kräftigen Aufschwung in D.

Wir sollten aufhören, uns über Unterschiede zu streiten - sondern diese im Sinne von Jita Kyoei zusammenführen.
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Joerch
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Joerch »

Auch herrscht in den meisten Vereinen eine sehr offene Einstellung gegenüber anderen Stilen, auch Schlag- und Tritttechniken wurden gerne aufgenommen.
Das kommt doch sehr darauf an, wo Du das machst. Mit der Einstellung wirst Du bei Vereinen, die in den höheren Ligen starten, kaum Gehör finden.
Leider wahr ist, dass Judo durch die Restriktionen im offiziellen Wettkämpfen viel Substanz verloren hat - aber auch nur da! Was in den Vereinen teilweise vergessen wird, dass man zu Hause weiterhin ALLES trainieren darf und dies auch tun sollte. Die Haarspalter, die im Training sagen, dass dies nicht gemacht werden darf, weil im Wettkampf verboten, sind da aber doch eher die Ausnahme.
Da habe ich leider genau das Gegenteil häufiger erfahren dürfen.
MalteB
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von MalteB »

Ich will noch mal ausdrücklich sagen, dass es gerade nicht darum geht, dass beim Judo nicht so war oder ist oder sein kann.

Ich wollte damit ausdrücken, was bei mir so passiert ist, als ein junger Mensch (Jugendlicher/junger Erwachsener) der auf der Suche nach einem Kampfsport war, der Bodenkampf und Stand-Boden-Übergänge und damit insgesamt einen ringerischen Background (auch um evt. irgendwann mal im Shooto oder MMA zu kämpfen) gesucht hat.

Ja, ich habe Judo nicht sehr lang gemacht und in dieser Zeit war ich obendrein noch sehr beschäftigt mit dem Abitur. Aber in diesen vielleicht anderthalb Jahren habe ich gelernt, mit anderen absoluten Anfängern mitzuhalten. Aber ich habe nichts gelernt, wie ich mich wirklich wehre gegen kleinere, größere, bessere, schlechtere (auch die können für jmd. der ewig nur mit "Guten" trainiert ungewohnt hart sein, gerade am Boden).

Nach 1,5 Jahren BJJ hingegen wusste ich, dass ich sehr gut mithalten kann mit anderen, es sei denn, sie haben noch länger BJJ (oder eben andere Bodenkampfarten intensiv trainiert). Wie gesagt, die hochgraduierten Judoka sind ein Beispiel. Aber vor allem habe ich gemerkt, dass nach ein paar Monaten jeder Neue, der ins Training kam, von mir problemlos dominiert werden konnte. Das ist eine Gegebenheit, die das Vertrauen in die Kampfsportart immens hebt.

Und ich sage NICHT, dass Judo das nicht kann. Ich sage nur, dass es beim Judo viele Dinge gibt, die dem im Weg stehen, dass man schnell das lernt, wofür eigentlich jeder zum Kampfsport geht: Kämpfen.

Wenn man nach einem halben Jahr O-Goshi/Uki-Goshi, O-Soto-Otoshi und die beiden doch sehr starren und anfälligen Haltegriffe am Boden kennt, ist das zwar schön für die Grundlagen des Judo-Katalogs, es befähigt mich aber nicht, mich intuitiv zu wehren im Randori. Vor allem dann nicht, wenn es "einfach nicht klappen will", diese Techniken gegen bessere und/oder gleichstarke Gegner an den Mann zu bringen.

Im BJJ habe ich diese Techniken auch gelernt. Aber erst dann, wenn ich gemerkt habe, dass ich für genau diese Situationen Techniken brauche.
Und eine Technik, die man braucht, wird viel besser gelernt, als eine, die man lernt, ohne zu wissen wofür.

Und nochmal: Dies soll KEIN Schlechtreden des Judo sein. Ich wünschte, Judo würde verbreiteter sein und eben nicht als Kinderrangeln verschriehen sein. Ich kenne sehr gut, wie mächtig Judo ist. Wenn man es denn richtig trainiert. Und wenn man ehrlich ist, passiert das im BJJ, wenn auch leider nur der Teilaspekt Bodenkampf.

Edit: Kleiner Nachtrag:

Zu den Einschränkungen im Wettkampf und dem, was man "zu Hause" trainiert. Also ich sehe selbst keinen Sinn, wenn man nur auf eine Sorte Wettkampf fährt, mit den immer gleichen Regeln, irgendetwas anderes zu trainieren. Das ist dann der normale Ausschuss bzw. die Evolution des Judo durch Vorgabe von Regeln.

Anders wäre es natürlich, wenn man zu verschiedenen Wettkämpfen fährt. Also auch mal zu einem BJJ Wettkampf oder zu einem Submission-Only-Wettkampf oder zu einem Ring-Wettkampf.
Oder der DJB oder welcher Verband auch immer richtet mal ein "Nur Bodenkampf bis zu Aufgabe"-Turnier aus. Oder ein Turnier mit "alten, verbotenen" Techniken.

Naja, wie auch immer. Hier mal eine schöne 15-Minuten Doku, wie das Zusammenspiel zwischen Judo und BJJ aussehen kann (drei Teile):

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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von judo-60kgtvh »

Habe ich neulich nicht irgendwo gelesen, dass die IJF jetzt Spitzensportler sperrt, die in anderen Verbänden/Sportarten antreten?

Ein weiterer Schritt, um den Trend aufzuhalten... nur meistens ist der der Dumme, der sowas auferlegt!
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Ronin »

dazu gibt es schon einen Faden, bitte mach dort weiter:

viewtopic.php?f=25&t=7253
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Hofi
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Hofi »

Hab mir gerade mal im Vergleich zum GP in Düsseldorf das angeschaut, was auf Youtube als Most exiting BJJ fight 2013 bezeichnet wird.
Danke ich bleib beim Judo.
Gruß
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von CombatWombat »

BJJ hat den Vorteil gegenüber Judo, dass man BJJ relativ schnell lernt und auch als Mitte 20jähriger relativ schnell gut mitmachen kann. Im Bodentechniken sind einfach schneller zu meistern als Standtechniken (und man fällt nicht so hart). Judowürfe so zu meistern, dass man im Randori einen halbwegs erfahrenen Kämpfer schmeißen kann, erfordert viele Jahre der Übung. Im Boden hat man viel schneller Erfolge.

Ich habe bis jetzt in sehr vielen Vereinen trainiert. Das Judo, das trainiert wird, ist immer das aktuelle Wettkampfjudo nach aktuellen Regeln. Sorry, aber ich hab noch nie nen Verein mit guten Judokas getroffen, die Schlagtechniken o.ä. trainiert haben...

Im Gegensatz zum BJJ gibt es sehr viele Judokas, die es mit der Tradition etwas übertreiben. Im übrigen war Judo vor den Beingreif-Wettkampfregeln sehr respektiert als Kampfsportart. Mit den neuen Regeln geht es eher in die Richtung der Kampfkunst und wird nicht als ernstzunehmende Kampfsportart wahrgenommen...
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Hofi
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Hofi »

CombatWombat hat geschrieben:BJJ hat den Vorteil gegenüber Judo, dass man BJJ relativ schnell lernt und auch als Mitte 20jähriger relativ schnell gut mitmachen kann. Im Bodentechniken sind einfach schneller zu meistern als Standtechniken (und man fällt nicht so hart). Judowürfe so zu meistern, dass man im Randori einen halbwegs erfahrenen Kämpfer schmeißen kann, erfordert viele Jahre der Übung. Im Boden hat man viel schneller Erfolge.
Zugeben das ist jetzt gleich bewusst polemisch: Judo hat also den Nachteil, dass es zu viel Niveau hat. Ok, das ist ein Nachteil, mit dem ich leben kann.

Das hier: https://www.youtube.com/watch?v=9oIrfoAkHTk wird als "most exciting fight" verkauft. Ganz offen, im Judo wären beide nach der ersten Minute nicht mehr auf der Matte sondern hätten jeder vier Shidos. Und zwar mit Recht. Vielleicht kommt da in den folgenden 9 Minuten noch irgendwas spannendes, ich habs nur teilweise angeschaut, weil nach 4 Minuten bin ich zu den Kommentaren drunter abgedriftet. Und von den verwendeten Techniken ist jetzt auch nichts spannend ungewöhnliches dabei.

Bis dann

Hofi
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Makikomi Kid »

Falsch verstanden.

BJJ hat eine niedrigere Einstiegshürde und eine steilere Lernkurve.
Wärend "Ju"do in der Regel immer mehr zum Kraftakt wird, ist bei BJJ Skill & Drill angesagt.
"Es gibt auf Dan Prüfungen zu höheren Stufen noch Dan-Träger, die noch nicht richtig fallen können" - Judoka50
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Makikomi Kid
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Makikomi Kid »

Hier übrigens ein netter Artikel von Ronda Rouseys Mutter, warum Judo den Weg des Dodo geht:

http://www.bjjee.com/articles/rondas-mo ... e-decline/
"Es gibt auf Dan Prüfungen zu höheren Stufen noch Dan-Träger, die noch nicht richtig fallen können" - Judoka50
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Fritz
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Fritz »

Hofi hat geschrieben:Das hier: wird als "most exciting fight" verkauft. Ganz offen, im Judo wären beide nach der ersten Minute nicht mehr auf der Matte sondern hätten jeder vier Shidos. Und zwar mit Recht. Vielleicht kommt da in den folgenden 9 Minuten noch irgendwas spannendes, ich habs nur teilweise angeschaut, weil nach 4 Minuten bin ich zu den Kommentaren drunter abgedriftet. Und von den verwendeten Techniken ist jetzt auch nichts spannend ungewöhnliches dabei.
Nun ja, das liegt im Auge des Betrachters, was er als spannend empfindet. Der eine empfindet einen Judowettkampf spannend, weil er der kampfentscheidenden Shido-Vergabe entgegen fiebert,
andere empfinden halt so ein Schachspiel am Boden spannend, obwohl es länger als 5min dauert und der Kampfrichter in der Regel nur den Kampf anhält, um
die Kameraden wieder in die Mattenmitte zu befördern... Ist halt Geschmacksfrage...
Hofi hat geschrieben:Zugeben das ist jetzt gleich bewusst polemisch: Judo hat also den Nachteil, dass es zu viel Niveau hat. Ok, das ist ein Nachteil, mit dem ich leben kann.
Deswegen arbeitet man ja auch dran, wenigstens bei den Prüfungsanforderungen das Niveau herunterzuschrauben... ;-)
Ansonsten kann man sich auch wieder um die Definition von Niveau streiten, ist es wirklich ein Zeichen von 'nem hohen Niveau, wenn es
eine gefühlte Ewigkeit für den Athleten dauert, bis er kämpferisch zu den erfahreneren Leuten aufgeschlossen hat?
Oder zeigt es vielleicht eher gewisse Defizite bei der Vermittlung von kämpferischen Fähigkeiten beim Judo an ;-)
Makikomi Kid hat geschrieben:BJJ hat eine niedrigere Einstiegshürde und eine steilere Lernkurve.
Während "Ju"do in der Regel immer mehr zum Kraftakt wird, ist bei BJJ Skill & Drill angesagt.
Auch Anfänger im Judo haben oft am Anfang eine sehr steile Lernkurve...
Nur beginnt diese leider sich abzuflachen, bevor der Anfänger ausreichend viel gelernt hat, um mit den alten Hasen halbwegs mitzuhalten (ich rede jetzt nicht von Gewinnen).

So gesehen ist die Idee vom BJJ mit den Kampfklassen je nach Gürtel-Farbe vielleicht gar nicht mal so dumm... ;-)

Und selbst beim Judo ist eine bodenlastige Trainingsgestaltung sehr verführerisch und beliebt, gerade so im Freizeit- u. Breitensport-Bereich:
F: "Was wollt ihr machen?" -
A: "Was im Boden"...

Also irgendwas ist da schon dran, daß von Kano die Maßgabe: 70% Stand 30% Boden bei Anfängern, später dann 60:40 empfohlen wurde... ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von caesar »

Hofi hat geschrieben: Das hier: wird als "most exciting fight" verkauft. Ganz offen, im Judo wären beide nach der ersten Minute nicht mehr auf der Matte sondern hätten jeder vier Shidos. Und zwar mit Recht. Vielleicht kommt da in den folgenden 9 Minuten noch irgendwas spannendes, ich habs nur teilweise angeschaut, weil nach 4 Minuten bin ich zu den Kommentaren drunter abgedriftet. Und von den verwendeten Techniken ist jetzt auch nichts spannend ungewöhnliches dabei.
Das ist meistens so, wenn man von dem Sport keine Ahnung hat.
Zeig einem BJJ-ler einen Judokampf und der schläft auch nach ner Minute ein, weil da für ihn nichts passiert und die Techniken auch nichts ungewöhnliches sind.
Wenn man die unterschiedliche Herangehensweise nicht schnallt, kann man immer sowas sagen. Ich finde Boxen zum Beispiel unfassbar langweilig, aber ich kann mir erklären warum jemand der da drin ist, das spannend findet.
Hofi hat geschrieben:Zugeben das ist jetzt gleich bewusst polemisch: Judo hat also den Nachteil, dass es zu viel Niveau hat. Ok, das ist ein Nachteil, mit dem ich leben kann.
Nope. Die erlaubte Fehlerrate bis zum Kampfverlust ist nur wesentlich geringer. Dazu kommt die oft erwähnte Einteilung in Leistungsklassen.
katana
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von katana »

Ich hab mal eben "olympic Judo" eingegeben und den Topliner angeklickt.
Wer zum Vergleich zu dem langweiligen BJJ mal ein technisches "Feuerwerk" eines "echten Judospektakels" (immerhin Olympia-Gold) mit dem Superstar
des IJF-Kampfsports erleben möchte ............... ???


Ich frag mich ehrlich gesagt, ob Euch tatsächlich nichts auffällt, ... ? :dontknow

Sind solche Aufnahmen nicht vielleicht Tatsachenberichte, was Fachidioten mit hirnrissigen Reglementierungen
aus respektablen Kampfkünsten machen können.

Für mich gibt es zwischen Judo und BJJ keinen Unterschied (traditionell ist's das selbe), außer, daß beides durch Funktionäre kaputtreglementiert wurde und weiterhin wird. :help
Schön zu sehen allerdings, (Danke auch an Hofi), die Endstadien (?) solchen Schwachsinns.

KK
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Hofi »

@ Ceasar: Ich glaube zumindest von Bodenkampf bißchen was zu verstehen, nur der eben als "most exciting" angepriesene Kampf erinnert dann doch über weite Strecken an Beamten-Mikado.
@ katana: Ich mag Judo, aber Finals auf Top-Veranstaltungen finde ich ehrlich gesagt auch oft furchtbar. Welchen technisch/taktischen Sinn es aber haben soll, wie im "most exciting fight" abgebeugt mit nem Meter Abstand voreinander auf und abzutänzeln erschließt sich mir einfach nicht.
Da ist mir dann Landesliga wie heute mit 15 Ippons und 2 Waza-ari-Siegen in 17 Kämpfen (drei Freilose) doch einfach lieber.
Gruß
Hofi
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von derLichtschalter »

Da wird aber der Großteil der BJJ-Kämpfer zustimmen, dass dieses Rumgetänzel nicht unbedingt das ist, was BJJ ausmacht. Was ich an vielen BJJ-Kämpfen so stark finde, ist das Finden von Submissions aus den unmöglichsten Positionen. Beispiel: Alexander Neufang, Braungurt BJJ, möglicherweise bekannt durch seine Kämpfe im professionellen MMA-Bereich, hier in Türkis (No-Gi, aber auch und gerade mit Gi ein starker Kämpfer - hatte selbst schon das Vergnügen): https://www.facebook.com/video.php?v=1088374107855139 (kann man auch gucken, ohne auf Facebook angemeldet zu sein)
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Hofi »

Hi!
Der Kampf den Lichtschalter gepostet hat, hat durchaus was interessantes. Worum es mir hauptsächlich geht ist, dass wir bißchen wegkommen von dem Hinterhergehechel hinter anderen Systemen, wie toll die doch sind, sondern die eigenen Stärken nutzen, anstatt sie immer wieder mal kleinzureden. Dabei muss man natürlich schauen, was woanders passiert, was davon für die eigene Sache evtl. gut ist. Und ein starker Bodenkampf kann und wird einem Judoka auch im klassischen Wettkampf helfen. Wenn er aber vor lauter Begeisterung fürs BJJ (was ja letztlich nur eine vom Technik-Schwerpunkt verlagerte Judovariante ist) Tachi-waza vernachlässigt, schadet es mehr als es nützt, denn dann fallen wirklich spektakuläre Sachen einfach weg.
Das verlinkte Finale mit Teddy Riner ist ein klassisches Beispiel, wie ich Judo nicht sehen will und wenn jemand das als den "most exciting fight" promoten würde, würde ich sagen, der spinnt. Bei dem von mir verlinkten Video wird das ja sogar unten in der Diskussion ernsthaft vertreten.
Ich hab manchmal einfach das Gefühl, den Judoka fehlt so ein bißchen das Selbstbewusstsein zu sagen: Ja, unser System taugt was. Auch wenn manche der Wettkampfregeln uns ärgern (und ich verfluche das Verbot der Beingreifer jedes mal, wenn ich ins Schwergewicht hochgehe).

Gruß

Hofi
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Fritz
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Fritz »

Hofi hat geschrieben:Ich hab manchmal einfach das Gefühl, den Judoka fehlt so ein bißchen das Selbstbewusstsein zu sagen: Ja, unser System taugt was. Auch wenn manche der Wettkampfregeln uns ärgern (und ich verfluche das Verbot der Beingreifer jedes mal, wenn ich ins Schwergewicht hochgehe).
Und genau deshalb bin ich ja sehr dafür, daß gelegentlich auch mal andere Regelsätze als dieses IJF-Zeug von Judoka ausprobiert werden (kann) ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
CombatWombat
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von CombatWombat »

Das tolle am BJJ ist finde ich, dass sich die Kampfrichter nicht soviel einmischen. In nem Judomatch uftert das doch öfters mal aus. Im übrigen ist es egal ob BJJ oder Judo - in Youtube ist das nur für diejenigen interessant, die den Sport auch selber machen.

Ich würde jeden übrigens mal eine Runde Submission Wrestling empfehlen, da kriegt man als Judoka sehr schön die Stärken und Schwächen des Systems mit. Wobei man sich da als Judoka nicht zu verstecken braucht! Es gibt aber halt auch einige Situationen, in dem einen die eingeübten Reflexe zum Verhängnis werden (z.B. zu versuchen in der Bank Position zu überleben...)
Asterix
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Re: Überholt BJJ Judo bis 2020

Beitrag von Asterix »

Ich betreibe ja schon seit einiger Zeit beides und kann da nur jeder Seite empfehlen, mal bei den anderen mitzutrainieren. Das öffnet einem doch die Augen. So hat im BJJ schon so mancher "Judo-Boden-Gott" böse die Hucke voll gekriegt und der ein oder andere BJJler wegen Judo plötzlich begonnen, eine gute Fallschule zu lernen. ;)

Meistens ist die Technikvermittlung von Bodentechniken im Judo einfach nur ... Mist. Da kann man von der Herangehensweise im BJJ sehr viel lernen. Viele Vereine lehren nur die Endtechnik. Z.B. den Hebel in der Endposition. Bisher ist es mir selten unter gekommen, dass der Weg zur Endposition sinnvoll vermittelt wurde. Ein paar Leute aus dem Faden hier kennen das ja und wissen, was ich meine. ;)

Analog dazu muss ich leider bei den Standtechniken beim BJJ ab und an mal wegschauen. Das wird dort sehr stiefmütterlich behandelt, was sicher auch eine Frage des Regelwerkes ist, denn im BJJ wird eben nach einem verstolperten Übergang Stand-Boden nicht unterbrochen und der Kampf geht weiter.

Wer allerdings als Judoka glaubt, gegen BJJler lange im Stand überleben zu können, der sollte mal Randori im Fremdlager machen. Es ist schon erhellend, zu sehen, wie empfindlich man z.B. gegenüber Beingreifern und anderen "unkonventionellen" Techniken wird bzw. ist. Alle singen zwar immer Chor, dass Techniken trotz Verbot im Wettkampf oder Verbannung aus der Prüfungsordnung im Judo noch weiter trainiert werden, nur habe ich bisher sehr wenige gesehen, die das auch wirklich machen. Jeder fasse sich hier selbst an die Nase und antwortet besser ehrlich, denn Selbstbetrug bringt nix. Ich hab selbst erst wieder intensiver angefangen, solche Techniken zu trainieren, als ich gemerkt habe, dass ich ziemlich fix auf dem Allerwertesten gelandet bin, wenn mal jemand "ungewohnt" angreift.

Als Judoka kann man übrigens problemlos an BJJ und Grapplingturnieren teilnehmen, die sind in der Regel immer verbandsoffen. Ich hab da schon lustige Szenen gesehen, wo stolze Judoka plötzlich gesenktem Hauptes.... ach lassen wir das. Soll jeder selbst probieren... :P :alright
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