Durchfallquoten 1. Dan

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Anton_D1
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Durchfallquoten 1. Dan

Beitrag von Anton_D1 »

Hallo Judoka, ich spiele mit dem Gedanken endlich den 1. Dan abzulegen. Ich hab mich schon ausführlich informiert über die Anforderungen und das Programm (in meinem Fall Bayern) und auch schon einige Erfahrungsberichte gesammelt. Ich habe 1 Jahr intensive Vorbereitung eingeplant, habe aber seit einigen Jahren den 1. Kyu und einiges an Erfahrung. Was man hört, ist da sehr unterschiedlich und teilweise abschreckend und ich kenne nicht wenige, die sich den Stress nicht antun wollen und lieber ihr Leben lang Braungurt bleiben. Einige sind trotz guter Vorbereitung bei der Prüfung durchgefallen und angeblich teils wegen wenigstens diskussionswürdigen Entscheidungen, nur weil der eine Prüfer ein Detail halt so haben wollte und ein anderer anders.

Nun bin ich kein typischer Wettkämpfer (die kriegen ja den Dan teilweise in einem 2-wöchigen Sommerseminar nachgeschmissen*) sondern ein auf Technik fokussierter Judoka und ich habe immer wieder gehört, daß die in der Danprüfung ziemlich zerlegt werden. Ich bereite mich gerne lange vor, weil ich dadurch meine Techniken noch mal verfeinern kann, das ist völlig ok für mich, aber ich will dann nicht wegen einer Prüferbefindlichkeit alles nochmal machen müssen.

Wie sind eure Erfahrungen, ganz ehrlich und ungefiltert? Lohnt sich der Aufwand??


(* Ich weiß das klingt nach Vorurteil aber ich kenne genug Kämpfer, die super Judo machen, aber weder die Kata gut hinbekommen, geschweige denn irgendwas verständlich erklären können und trotzdem mit 16 oder 18 Jahren schon den Dan tragen. Bedeutet Dan nicht "Meistergrad", also jemand der lehren kann?)
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Fritz
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Re: Durchfallquoten 1. Dan

Beitrag von Fritz »

Tja ich weiß nicht wie es in Bayern ist, aber meine Erfahrung ist, daß die Prüfer eigentlich immer recht wohlwollend den Prüflingen
gegenüber sich verhalten. Allerdings sollte der Prüfling schon in der Lage sein, zu begründen, warum er was genauso tut,
wie er es tut... Und notfalls noch einen "Plan B" zu jeder Sache haben...
Was Prüfer gar nicht leiden können, sind Belehrungen und Wissenslücken seitens des Prüflings...
Anton_D1 hat geschrieben:(* Ich weiß das klingt nach Vorurteil aber ich kenne genug Kämpfer, die super Judo machen, aber weder die Kata gut hinbekommen, geschweige denn irgendwas verständlich erklären können und trotzdem mit 16 oder 18 Jahren schon den Dan tragen. Bedeutet Dan nicht "Meistergrad", also jemand der lehren kann?)
Siehst Du, das wäre dann ein Punkt, wo ich Dir mangelnde Vorbereitung unterstellen würde. Wir haben hier im Forum
mehrfach ausführlich dargelegt, daß der 1.Dan eben kein "Meistergrad" ist (auch wenn er laut Dan-Vorbereitungs-Skript in der Öffentlichkeit angeblich so wahrgenommen wird),
sondern eher mit nem "Abitur" oder ner "Gesellenprüfung" vergleichbar wäre - Du dokumentierst schlichtweg, genug "Handwerkszeug" im Judo
erworben zu haben, um relativ selbständig Judo trainieren und weitererforschen zu können...
Anton_D1 hat geschrieben:Nun bin ich kein typischer Wettkämpfer (die kriegen ja den Dan teilweise in einem 2-wöchigen Sommerseminar nachgeschmissen*) sondern ein auf Technik fokussierter Judoka und ich habe immer wieder gehört, daß die in der Danprüfung ziemlich zerlegt werden.
Hier würde ich Dir den Tipp geben, so etwas nicht Prüfern gegenüber zu äußern. Unterschwellig suggerierst Du, daß Wettkämpfer eher technisch nicht sehr sauber arbeiten...
Das mögen Prüfer mit sehr wettkampflastiger Sicht aufs Judo eher nicht. Und wenn Du damit andeutest, daß Du sehr auf die Judo-Technik an sich fokussiert bist,
dann werden Prüfer da auch gut neugierig und sehen da dann ganz genau hin. Ein Wettkämpfer hat nämlich notfalls immer das Argument: "Ja, das was ich grad gezeigt
habe, ist vielleicht etwas merkwürdig, aber hat in dem und dem Wettkampf genauso hervorragend funktioniert, in Randoris sowieso" ;-)
Dieser Argumentation kannst Du Dich dann nicht unbedingt bedienen... ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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guk
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Re: Durchfallquoten 1. Dan

Beitrag von guk »

Dan bedeutet nicht wirklich Meistergrad, das wurde hier schön öfter diskutiert und so sollte man es auch sehen: als Einstieg, sich ernsthaft mit Judo zu beschäftigen.

Die Prüfung an sich hängt EXTREM von den Prüfern ab. Daher sollte man unbedingt die vom Prüfer durchgeführten Dan-Vorbereitungslehrgänge mitmachen. In der Regel (leider aber nicht immer) bekommt man ein entsprechendes Feedback.
Die Prüfung selber ist der ungünstigste Zeitpunkt, strittige Themen (und die gibt es im Judo sehr oft) zu diskutieren.

Es hilft auch, während der Vorbereitungskurse bei den Prüfungen zuzuschauen. Dann weiß man, was gefragt wird und kann sich entsprechend vorbereiten. Für die "Spezialtechnik", die ja nunmal Prüfungsfach ist, sollte man vorher seine Gedanken zu Papier bringen und dem Prüfer zeigen.

Wenn man mit dem Prüfer gar nicht zurecht kommt, gibt es je nach Bundesland (Bayern kenne ich nicht) auch die Möglichkeit, an Sommerschulen u.ä. die Prüfung zu machen. Meiner Erfahrung nach ist es tatsächlich so, dass bei guten, jungen Kämpfern auch mal beide Augen zugedrückt werden, wenn die z.B. Kata holprig ist.

Edit: Fritz war schneller
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Hofi
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Re: Durchfallquoten 1. Dan

Beitrag von Hofi »

Hi!
Wichtig ist in erster Linie, dass Du Dich vernünftig vorbereitest und dabei immer wieder auch den Kontakt zum Prüferteam suchst. Hat schlicht und einfach den Grund, dass Deine Vorbereitung nicht ungewollt in die falsche Richtung läuft. Einerseits natürlich die vorgeschriebenen Lehrgänge besuchen. Aber, abhängig davon wo Du in Bayern bist, auch hin und wieder einen Dan-Prüfer im Training besuchen (nach Rücksprache), einfach um abzuklären, ob das, was Du zu Hause trainierst und gut findest, auch dem entspricht, wie die Prüfungsanforderungen im Prüferteam gesehen werden. Und solange der vom Dan-Prüfer-Team nicht ankreuzt bei der Anmeldung "Prüfling ist gut vorbereitet" nicht zur Prüfung gehen, die Ankreuz-Option "kann nicht beurteilt werden" solltest Du (gerade bei dem entspannten Zeitplan) in keinem Fall wählen.
Wer bei Dir in der Nähe zu den Dan-Prüfern gehört, kann ich Dir ohne genauere Angabe als Bayern nicht sagen, das erfährst Du aber sicher von Sven oder auch Deinem Bezirksprüfungsbeauftragten.
Und ob es sich rentiert: Ich würde sagen: In jedem Fall. Einfach durch die intensive Befassung mit den Themen wird Dich die Prüfungsvorbereitung einen großen Schritt in Deinem Judo voranbringen, so war es zumindest bei meinen drei Dan-Prüfungen. Die Prüfung ist halt dann das farblich sichtbare Ergebnis (ok, zweiten und dritten sieht man dann nicht mehr, wenn man wie ich keine Pommesbude am Gürtel haben will :) ).

Insofern mach es, es rentiert sich.

Bis dann

Hofi
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Re: Durchfallquoten 1. Dan

Beitrag von Shinbashi »

Ich glaube nicht, dass aktive Wettkämpfer (die ja die Erfolge mit der Wettkampfkarte nachweisen müssen bis U18) den Dan "hinterhergeschmissen" bekommen.
Die Leute investieren viel Zeit und Schweiß, um Erfolg zu haben und die Prüfer honorieren das. Da die Wettkämpfer weniger Zeit haben, sich speziell für die Danprüfung vorzubereiten, wird da eben auch mal ein Auge zugedrückt. Das ist völlig OK und nachvollziehbar. Wenn du als "Nichtwettkämpfer" die Vorbereitungszeit nutzt und dein "Pflichtenheft" abarbeitest, bestehst du auch die Prüfung.
In Baden gibt es dazu ein Blatt mit div. Feldern, worauf die Teilnahmen abgestempelt werden. KaRi-Lehrgang, Kata-Lehrgänge etc.
Dann hilft es ungemein, wenn man deinen Namen oder dein Gesicht kennt bzw. irgendwo gesehen hat. Als Trainer oder als Helfer oder als was auch immer. (nur nicht als Steckbrief :D )
Gruß
Shinbashi

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Re: Durchfallquoten 1. Dan

Beitrag von Lippe »

Anton_D1 hat geschrieben:Hallo Judoka, ich spiele mit dem Gedanken endlich den 1. Dan abzulegen.
Meine Empfehlung: Dann mach das doch!

Die intensive Vorbereitung mit dem Judo bringt einen voran, und man hat ein Ziel vor Augen, das hilft, fokusiert zu arbeiten. Außerdem schielt doch fast jeder, der lange Zeit dem Judo treu geblieben ist, auf den Schwarzen Gürtel. Und wenn man die Prüfung bestanden hat, ist das doch eine Bestätigung der persönlichen Leistung, über die man sich freuen kann.
Anton_D1 hat geschrieben:Was man hört, ist da sehr unterschiedlich und teilweise abschreckend und ich kenne nicht wenige, die sich den Stress nicht antun wollen und lieber ihr Leben lang Braungurt bleiben. Einige sind trotz guter Vorbereitung bei der Prüfung durchgefallen [...]
Da kann ein Aussetzer reichen (Technik in der Kata vergessen), oder die Leistung war objektiv vielleicht doch nicht so stark wie der eigene Eindruck. Wenn ich bislang Videos oder im Nachgang noch einmal demonstrierte Techniken von nicht bestandenen Dan-Prüfungen gesehen habe, musste ich den Prüfern bislang immer Recht geben.
Ich glaube auch noch immer daran, dass die Prüfer im Allgemeinen ein Interesse daran haben, den Prüfling gut aussehen zu lassen. Manchmal macht es der Prüfling den Prüfern aber nicht ganz einfach ... ;-) (Und da Prüfer auch nur Menschen sind, kann der vorbereitende Aufbau von Antipathien natürlich auch ein nur schwer umschiffbares Hindernis für eine erfolgreiche Dan-Prüfung darstellen.)
Anton_D1 hat geschrieben:Nun bin ich kein typischer Wettkämpfer (die kriegen ja den Dan teilweise in einem 2-wöchigen Sommerseminar nachgeschmissen*) sondern ein auf Technik fokussierter Judoka und ich habe immer wieder gehört, daß die in der Danprüfung ziemlich zerlegt werden. Ich bereite mich gerne lange vor, weil ich dadurch meine Techniken noch mal verfeinern kann, das ist völlig ok für mich, aber ich will dann nicht wegen einer Prüferbefindlichkeit alles nochmal machen müssen.

Wie sind eure Erfahrungen, ganz ehrlich und ungefiltert? Lohnt sich der Aufwand??
"Ich bin kein typischer Wettkämpfer ..." habe ich schon einige Male an Prüfungen gehört, und meist haben sich daraus Diskussionen entwickelt. In der Regel mit den besseren Argumenten auf Seiten der Prüfungskommission. Warum?

Der (erfolgreiche) Wettkämpfer ist meist von sich und seiner Technik überzeugt und spult sein Programm einfach runter. Prüfer zufrieden, Prüfling zufrieden.

Der "Techniker", der nicht explizit darauf hinweist, dass er 'kein Wettkämpfer' ist, hat sich gewissenhaft vorbereitet und demonstriert schlicht und ergreifend sein Programm, das er beherrscht. 'Gewissenhaft vorbereitet' heißt hier aber auch, dass er sich im Vorfeld Gedanken über die Techniken (und vor allem ihre Auswahl) gemacht hat. Er lässt nicht sicher beherrschte Techniken oder solche, die zu Diskussionen führen könnten, einfach aus seinem Programm heraus. Prüfer zufrieden, Prüfling zufrieden.

"Ich bin kein Wettkämpfer ..." wurde in verschiedenen Situationen laut kund getan: Vor einem Prüfungsteil, der nicht souverän demonstriert werden konnte, oder wenn die Kommission Zweifel an der Wirksamkeit einer demonstrierten Technik hatte. Das waren meist besonders exotische, komplizierte und dann auch oft nicht sicher beherrschte Techniken. Prüfer nicht glücklich, Prüfling nicht glücklich.

Also, wenn man die Wahl hat (z.B. Anwendungsaufgaben) sollte man solche Techniken auswählen, die man sicher beherrscht und überzeugend demonstrieren kann. Wohl jeder Prüfer sieht lieber einen sicher gerollten Juji-gatame als einen eingesprungen-rotierten Überroller mit abschließend verhebeltem Würgen, bei dem Tori zwei Mal abstürzt und sich Uke vor lauter Mitleid beim dritten Anlauf einfach schon mal so auf den Rücken legt ... ;-) Zu einer Dan-Prüfung müssen nicht die ausgefallensten Techniken demonstriert werden. Man muss zeigen, dass man das, was man demonstriert auch kann.

Und dann klappt das mit der Prüfung auch für Wettkämpfer und für Weniger-Wettkämpfer.
(Natürlich habe ich hier ein wenig verallgemeinert, aber die Fragen lassen sich ja auch kaum für jeden Einzelfall beantworten.)
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