Judo und Drogentherapie

Hier findet ihr Themen, die sich mit Verletzungen bzw. mit dem menschlichen Körper beschäftigen.
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jura

Judo und Drogentherapie

Beitrag von jura »

Hallo Leute,

ich arbeite in einer Klinik für Drogentherapie und trainiere seit ca. 3 Jahren mit den Patienten JUDO.

Wer hat ähnliche Erfahrungen ???


:discussion

MfG Ralf
Judomax
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Beitrag von Judomax »

Hi
Ich finde das echt gut was du machst und es bringt mit Sicherheit große Erfolge oder? Mach weiter so. :eusa_clap

Gruß Max
Judo ist in letzter Konsequenz -
der höchstwirksame Gebrauch,
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sich zu einer reifen Persönlichkeit zu entwickeln
und somit einen Beitrag zum
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Clonk
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Beitrag von Clonk »

Ääh, auf die Frage kann man doch nur mit ja oder nein antworten? Also: Nein. Ich habe keine Erfahrung, aber vielleicht könntest du (nur zur Info) ein bisschen Hintergrundwissen vermitteln, d.h. schreiben, wie ihr drauf gekommen seid, welche Lösungen rauskommen.
Gruß,
Clonk
ninasan
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Beitrag von ninasan »

Also ich selbst habe auch noch keine Erfahrungen damit, naja eigentlich habe ich noch nicht einmal gewusst, dass Judo auch in der Drogentherapie angewendet wird. Ich muss mich clonk anschließen und wäre sehr an einem kurzen Bericht interessiert!!
liebe grüße
Manche Menschen haben einen Horizont mit dem Radius Null,und das nennen sie dann ihren Standpunkt
Der Müller
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Beitrag von Der Müller »

Erfahrungen habe ich auch keine. Aber nachdenken kann ich.
Bei Drogenabhängigen ist es meistens der Fall, dass sie Ihren Körper und Geist ziemlich ruiniert haben. Sprich Bewegungsmangel, zertörte Motorik, muskuläre Insuffizienz, ... gepaart mit dem unbändigen Willen wieder high zu werden und meist großer Langeweile. Judo ist ein ganzheitlicher Sport, der die Physis sowie die Psyche in Anspruch nicmmt und somit ablenkt und zu einem neuen Körpergefühl verhelfen kann. Es ist, denke ich mal, sehr wichtig, dass diese kranken Menschen etwas zu tun bekommen, das ihnen gefällt, wo man Erfolge sieht und nicht ständig rumhängt und wieder in die alten Schemen verfällt. Langeweile ist einer der schlimmsten Feinde. Und wenn man dann noch etwas macht, wo man einen Erfolg an sich beobachten kann ist das sehr gut. Sport im Allgemeinen ist schon eine sehr gute Therapie, da bei körperlciher Anstrengung auch Endorphine freigesetzt werden, zwar nicht in dem Maß, wie es eine Droge tut, aber dennoch ähnlich. Man kann so z.B. vielleicht auf Ersatzdrogen (z.B. Methadon), wie im sog. warmen Entzug, verzichten oder diese zumindest entscheidend reduzieren.
Gruß
Jochen
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Fritz
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Beitrag von Fritz »

Bei uns im Verein ist ein
Ex-Drogen-Konsument,
der nebenbei bemerkt immer noch psychisch ein ziemliches Päckchen schleppt,
der kommt alle paar Monate, ein-, zweimal zum Training; ist immer
sehr begeistert u. dann ist wieder Ebbe mit der Trainingsteilnahme.

Vielleicht könnte ihm das Training etwas nützen, wenn er wöchentlich
erscheinen würde, aber dann müßte jemand dahingehend drauf achten,
der Eigenantrieb scheint nicht genug zu sein...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Beitrag von Judomax »

Ja Fritz da kenne ich einen ähnlichen Fall. Bei uns war auch einer, der ins Judo kam. Sein Vater starb und dann hatte er begonnen, Drogen zu nehmen und dann kam er leider immer weniger zum Judo. Wir wollten ihn alle motivieren und helfen, aber es hat nichts gebracht leider. Er hat inzwischen aufgehört.

Gruß Max
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jura

Beitrag von jura »

Hallo Leute ,
ich bin ganz erstaunt über die Anzahl und Inhalte der Rückmeldungen!!! :D

Werde demnächst versuchen alle Nachrichten zu beantworten!

Gruß Ralf
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judoka50
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Beitrag von judoka50 »

Einer der wichtigsten Gründe, dass Judo in diesem Bereich mit eingesetzt wird, ist der Grund, dass die Drogenabhängigen untereinander sehr große Probleme haben mit sich umzugehen.
Nicht böse gemeint, sind halt alle gegeneinander misstrauisch und haben Angst, dass der andere einen genauso bescheisst wie man es selber auch macht.
Zur Umwelt ist das Problem der Drogenabhängigen nicht so problematisch. Da haben sie schnell raus, mit wem man "was machen kann" und müssen nicht, wie bei Ihresgleichen mit unkontollierbaren Reaktionen - z.b. bei Entzug rechnen.
Daher gab es auch eine ganze Zeit lang, diese tollen Segeltouren mit Drogenabhängigen und deren Therapeuten. Ein Schiff läuft halt nur, wenn alle sich aufeinander verlassen.
Betrachte mal unter dem Gesichtspunkt den Judosport - da brauche ich auch einen verlässlichen Partner.
Wichtig sind dabei Partnerspiele die Vertrauen stärken:
Beispiel ein Judoka steht mit geschlossenen Augen im Kreis einer Gruppe von 5 / 6 anderen. Er macht die Augen zu, macht seinen Körper steif und lässt sich fallen. Die anden müssen ihn auffangen und dürfen ihn, egal zu welcher Seite hin weiter geben usw.
Insgesamt viele Spiele mit verschlossenen Augen, am besten mit Schlafbrille aus dem Flugzeug.
(Randori mit geschlossen Augen - klar nur 1er, Roboterspiel usw.)
Viele Grüße
U d o
jura

Erfanhrungsbericht - JUDO und DROGENTHERAPIE I

Beitrag von jura »

Hallo ,
sorry dass ich mich jetzt erst wieder melde.
Möchte euch mitteilen, wie es dazu kam, Judo als Therapieergänzung in unserer Klinik anzubieten.
Begonnen hat alles im Jahr 2003 - nachdem ich bereits 2 Jahre in unserer Klinik tätig war. Bevor es endgültig losging - erst einmal mit Wochenendlehrgängen ca. alle 4 Wochen - mußten einige Dinge geklärt werden:
- Paßt Kampfsport und Drogentherapie wegen der kriminellen Vergangenheit vieler Klienten überhaupt zusammen?
- Was will ich mit dem Training erreichen/welche Trainingsschwerpunkte will ich setzen?
- Welche Patientinnen/Patienten wähle ich aus ?
- Wie steht die Klinikleitung dazu/ist es mit dem therapeutischen Konzept der Klinik überhaupt vereinbar?
- Sind die Klientinnen/Klienten körperlich in der Lage das Training ohne große Verletzungen durchzuhalten bzw. sind Verletzungen nicht sogar willkommen, um nicht an der Therapie teilnehmen zu müssen ?
- Kann ich meine Überzeugung über den sinnvollen Einsatz des Judo als Therapieergänzung im Kollegenkreis/bei der Klinikleitung gut darlegen?
Dies beschäftigte mich eine ganze Weile - jedoch war mein Ehrgeiz und meine Begeisterung größer. Viele dieser Fragen haben sich erst im Laufe der Zeit beantworten lassen.
VOR DEM ERSTEN LEHRGANG IM Januar/Febr. 2003 hieß es also erst
einmal für mich "KLINKEN PUTZEN und MOTIVIEREN".
Unser Chef der Klinik war mein erster "offzieller Ansprechpartner", nachdem ich vorher ein schriftliches Konzept zurechtgelegt hatte, indem ich das JUDO vorstellte -

a) Geschichte
b) Traningsinhalte
c) Ziele

Die Gespräche mit der Klinikleitung verliefen durchweg positiv - der einzig wahre und diskussionswürdige Punkt war der, dass viele unserer
Pat. aus dem krininellen Milieu stammten, eine Aggressionsproblematik hatten und man nicht abschätzen kann, ob sie die erlernten Techniken nicht zum NEGATIVEN einsetzen würden.
Als absolut positiv wurde gesehen, dass viele Pat.

-IHRE DEFIZITE IM NÄHE/DISTANZVERHALTEN BEARBEITEN,

-VERARBEITUNG VON DEFIZITEN ÜBER KÖRPERERFAHRUNG,

-VERANTWORTUNG FÜR EINEN ANDEREN(TRAININGSPARTNER),

-SICH AN REGELN HALTEN,

-EIGENE GRENZEN KENNEN LERNEN - DIE GRENZEN ANDERER ZU
RESPEKTIERERN UND DAMIT AUSEINANDERSETZEN

-EINEN NEUEN WEG FÜR SICH FINDEN

-SICH GEFAHRLOS AUSZUPOWERN

die positiven Gesichtspunkte haben letzendlich überwogen und
ich bekam die Erlaubnis.
Jetzt fehlten nur noch ein Co-Trainer (war schnell gefunden ) und -
JUDOGIS!
Also gab ich in unserem Wochenblatt Inserate auf, in denen ich
"Kämpfer im Ruhestand " ansprach, mir evtl. ein paar alte Anzüge zu spenden - der Erfolg war überwältigend und ich hatte schnell ein paar Anzüge parat.
Nach kurzer Motivation der Pat. in der Klinik konnten einige "Wackere Kämpfer" gefunden werden, die sich selbstlos dem " Kampf stellen " wollten.
Eine weitere Hürde mußte bei den Pat. noch genommen werden - da JUDO
mit vollem Körpereinsatz trainiert wird, mußte ich sicher sein, daß die Teilnehmer KEIN HEP-C/HIV INFEKTION HABEN (Infektionsschutz !!!)
Man kann also sehen, es mußte sehr viel VORARBEIT geleistet werden - das Training selbst war dann das kleinere Problem.

ES STAND ALSO DER ERSTE LEHRGANG AN!!!


........to be continued :welle
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judoka50
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Beitrag von judoka50 »

Hallo -
einige hilfreiche Erfahrungen für Deine Arbeit
bieten Dir auch die Lehrgänge im:
http://www.dbsjudo.de/
Dabei insbesondere Die UL Lizenzlehrgänge zum Jahresende in Hennef.
(Kann sein, das es bei euch in dieser Richtung natürlich auch etwas gibt.)
Viele Grüße
U d o
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Olaf
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Beitrag von Olaf »

Habe keine Erfahrung mit Ex-Drogies leite aber seit einigen Jahren eine Judogruppe in einem Heim für verhaltensauffällige Jugendliche. Die von dir beschriebenen Ziele und Fragestellungen sind sehr ähnlich. Habe nur keinen Co-Trainer. Mittlerweile sind meine Kids so gefestigt, dass ich mit ihnen auch in andere Vereine fahre. Erste Wettkämpfe liefen auch schon. 2007 gibt es zum ersten Mal "offizielle" Vergleichskämpfe mit anderen Gruppen.
jura

Erfanhrungsbericht - JUDO und DROGENTHERAPIE II

Beitrag von jura »

...und weiter ging es!
Die Motivation derjenigen, die teilgenommen haben war sehr groß
(Lauter harte Kerle - bis nach dem Training !!!)

Ich versuchte in sich geschlossene Lehrgänge anzubieten, die mir einige Erfahrungen einbrachten:

- Motivation und Trainingsfleiß waren sehr groß-der Muskelkater am nächsten Tag dementsprechend auch :D

- es war natürlich auch eine absolute Selbstüberschätzung der eigenen
geistigen und körperlichen Fähigkeiten zu erkennen

- die körperlichen "Beschwerden " am nächsten Tag wurden natürlich als
willkommener Anlaß genommem, um sich für ein paar Tage krank schreiben zu lassen, das zog natürlich wieder eine jede Menge Fragen etc. nach sich

- mit der REINEN JUDOTECHNIK ohne ABSCHLUSS gaben sich die Telnehmer nicht zufrieden und ich war gezwungen, mir Nachfolgetechniken mit entsprechendem Abschluß (HEBEL etc.) zu überlegen

- die Kontinuität war natürlich bei einmal im Monat nicht gegeben

- ein absolut Ppositiver Aspekt war der Umgang der Teilnehmer während des Trainings miteinander:
a) Disziplin
b) Training in der Gruppe
c) Umgang mit körperlich Schwächerern und Erkennen der eigenen Grenzen
d) Verarbeitung von Aggressionen
e) Verarbeitung vopn Störungen nach Mißbrauch- gerade bei Frauen
f) Abbau von Differenzen im zwischenmenschlichen Bereich z. B.
eine Aussage eines Teinehmers:
ICH HATTE VOR DEM TRAINING SO EINEN PRASS AUF EINEN ANDEREN
(war auch im Training dabei) - DOCH ICH BIN JETZT SO K.O., DASS
MEINE WUT VERFLOGEN IST ;)
g) Mit denjenigen Patientinnen/Patienten die am Training teilnahmen, hat sich ein sehr gutes therapeutisches Verhältnis entwickelt - ist eigentlich immer so, wenn man mit Klienten etwas unternimmt

Vor und nach den Lehrgängen - Dauer ca. 3 Stunden - gab es natürlich etliche Gespräche mit den Klienten selbst, als auch dem zuständigen Therapeutenteam.
Es fanden so von Jan 2004 - November 2005 ca. 17 Lehrgänge statt, an denen ca. 70 Teilnehmer dabei waren.
Nach jedem Lehrgang gab es für die " HELDEN " natürlich eine Urkunde
als Erinnerung, die ganz stolz vorgezeigt wurde.

Ende des Jahres 2005 und nach unzähligen Gesprächen war JUDO als Therapieergänzung etabliert und es wurde der Wunsch geäußert, eigene Matten anzuschaffen (Halle ist vor Ort) um Judo regelmäßig 1x pro Woche anbieten zu können.

Dies waren natürlich andere Perspektiven:
a) Intensivierung des Trainings
b) Zielrichtung auf eine KYU-Prüfung, der sich im Jahr 2006 5 Pat. stellten und erfolgreich den 8. KYU erwarben (AUF URKUNDE) -
HIERBEI EIN GANZ HERZLICHER DANK AN UNSEREN PRÜFUNGSBEAUFTRAGTEN VON OBERFRANKEN FÜR SEIN ENTGEGENKOMMEN!!!

........to be continued :welle
jura

Beitrag von jura »

Hi Olaf,

wie oft trainierst Du mit den Leuten?
Hast Du auch Mädchen dabei?
Finden KYU- Prüfungen statt?
Wie sind Deine Trainingsinhalte - kommen auch sehr viele Fragen auf wie
z.B. ...jetzt habe ich ihn geworfen, jetzt steht er wieder auf -
und dann???
Trainierst Du auch mehr in Richtung SV?
jura

Beitrag von jura »

Hi UDO,

habe ja kürzlich einen Neuen LG begonnen und habe deinen Tipp mit den verbundenen Augen ausprobiert:

-Ich sage nur HILFLOSIGKEIT UND ANGST,
die Koordination war gar nicht mal so schlecht auch nicht das räumliche Empfinden.

Werde diese Methode jedenfalls immer wieder einbauen um das Vertrauen der Leute zu stärken, bzw. daß die Leute erst einmal anfangen Vertrauen aufzubauen und Hilfe anzunehmen !!!

Die LG-Adresse war übrigens auch interessant - in unserer Gegend gibt es leider keine derartigen Lehrgänge.
Jedoch genügend Möglichkeiten um an andere Orte zu kommen.

Gruß Ralf :danke
jura

Erfanhrungsbericht - JUDO und DROGENTHERAPIE III

Beitrag von jura »

Das regelmäßige Judotraining bietet natürlich ganz andere Möglichkeiten -
es findet einmal wöchentlich statt (2 Stunden).
a) kontinuierlich und ausdauernd an etwas arbeiten - ist bei Drogenabhängigen sehr schwierig und bedarf viel Motivation, da sie gewohnt sind, viele Dinge kurz und exzessiv zu betreiben
b) das Training kann für verhaltensauffällig/aggressiv veranlagtes
Klientel genutzt werden, um innere Spannungen, Aggression gefahrlos in geregeltem Rahmen abzubauen
c) die im Training gewonnenen Erfahrungen und Verhaltensmuster können zeitnah in der Psychotherapie aufgearbeitet werden
d) Stärkung des Selbstbewußtseins von denjenigen Pat., die ein geringes Selbstwertgefühl haben und dieses versucht haben, durch die Droge wettzumachen - gerade auch Frauen
e) Hinarbeitung auf eine KYU - Prüfung
- der erfolgreiche Abschluß ist hierbei besonders wichtig, da sehr viele
Klienten nichts oder nur wenig in ihrem bisherigen Leben fertig gemacht haben
f) einen Weg zeigen, um diesen evtl. nach der Therapie weiterzugehen -
in einem Verein mit sozialer Integration

Es wird versucht Themen wie GEWALT, AGGRESSION, HANDGREIFLICHKEITEN in einzelnen Gesprächen aufzugreifen und punktuell zu besprechen - Möglichkeiten aufzuzeigen mit Konflikten
anders umzugehen - gerade auch die rechtlichen Seiten, was ist ein Angriff, was Notwehr?!
Dies geschieht in Form von kleinen Rollenspielen, wo Angriffe simuliert werden - was macht es mit mir???!!! Wie kann ich anders reagieren???
Um was geht es eigentlich???

Die Therapie erfolgt in unserer Klinik nach einem Punktesystem - d.h.
je mehr Punkte sich eine Patientin/Patient erarbeitet, desto mehr Freiheiten sind angesagt.
Die Wichtigkeit des JUDO erweist sich dadurch, daß die Teilnehmer
speziell zum Training geschickt werden und die Teilnahme durch eine bestimmte Anzahl von Punkten honoriert wird!

ABSCHLIESSENDE GEDANKEN

Um der Drogentherapie überhaupt eine Chance auf Erfolg geben zu können, ist ein persönlicher Bezug zwischen Klient - Personal am allerwichtigsten.
Ohne diesen persönlichen Bezug ist es schier unmöglich, Zugang zu den Pat. zu bekommen.
Das JUDO dient mir persönlich hierbei als ideales Medium - die Leute sehen auch mich nicht als einen abgehobenen "Schliesser", sondern als
Mensch mit Stärken und Schwächen.
Ich kann durch mein TUN Vorbild sein und einen Weg aufzeigen. Ob dieser angenommen wird oder nicht müssen die Klienten selbst entscheiden (DEN HEBEL UMLEGEN).
Es ist ein gegenseitiges GEBEN UND NEHMEN - man sollte es als Mitarbeiter schaffen, eine gegenseitige Atmosphäre so zu gestalten,
daß Positives und Negatives (Grenzüberschreitungen, Sanktionen, etc.)
so verarbeitet werden, daß dies nicht jedesmal zu einem VOLKSAUFSTAND wird, sondern man sich in geregeltem Rahmen wieder miteinander beschäftigt (IST ALLERDINGS NICHT GANZ EINFACH).

Im Jahr 2006 haben ungefähr 60% derjenigen Patientinnen/Patienten, die
bei uns mit JUDO in Verbindung gekommen sind, die Therapie auch regulär beendet!!! :D

Im Vergleich zu den anderen Klienten ist die ein überdurchschnittlicher Erfolg!

Wie vieles im Leben ist auch dies nicht der Weisheit letzter Schluss, und nichts 100prozentiges.
Es ist eine Möglichkeit Menschen eine Perspektive aufzuzeigen - und wenn nur einer es über einen gewissen Zeitraum schafft, diesen Weg zu gehen, ist dies meiner Meinung nach schon ein Erfolg.
Es ist als Drogenabhängiger ein lebenslanger Kampf, indem er sich immer wieder von neuem gegen die DROGE entscheiden muss - JUDO KANN HELFEN DIESEN KAMPF ZU GEWINNEN!

Gruß Ralf :riding
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judoka50
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Beitrag von judoka50 »

Hallo Jura - was soll man dazu noch schreiben -.
Ist es nicht schön, wenn Judo solche, auch persönliche Rückmeldungen gibt. (Ähnlich wie beim Judo mit Behinderten).
Mach weiter so, solche Therapieformen sind allemal besser als "Erziehungskreuzfahrten".
Hier bekommt jeder sofort Rückmeldungen für seinen Einsatz und Erfolg, und wenn es nur ein freundliches "Prima" ist. Wobei den Rest natürlich Euer Punktesystem gibt.
Das fehlt heute in der Erziehung draussen vielfach, die Belohnung für Dinge, die ich gerne gemacht habe.......
Viele Grüße
U d o
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Beitrag von Olaf »

Hallo jura,

als ich in der Einrichtung noch gearbeitet habe, sollte das Training eigentlich einmal in der Woche stattfinden, aber wenn man selbst im Schichtdienst auf einer Gruppe ist war das illusorisch. Mittlerweile arbeite ich als Betreuer in einem Sportinternat und habe einen geregelten Dienstplan, so das einmal die Woche in zwei Gruppen jeweils eine Stunde trainiert wird (Anfänger und Fortgeschrittene). Die vernünftigen fahren anschließend noch mit mir in einen nahegelegenen Verein und trainieren weitere 2 Stunden. Dieses Sondertraining ist natürlich ein Privileg für die Teilnehmer und die Erzieher und Sozialarbeiter versichern mir, dass sich dieses Verhalten auch auf die Zeiten außerhalb der Trainingstage niederschlägt.

Zu jeder Zeit hat es auch immer Mädchen in den Gruppen gegeben, welche koedukativ in der gleichen Gruppe trainieren. Soweit es vom Trainingsinhalt her möglich ist, machen sie auch Übungen mit den Jungen. Dumme Sprüche oder Verweigerungen kommen, wenn überhaupt, von Seiten der Jungen und werden von mir sehr strikt sanktioniert. Beim 1. mal Verwarnung, beim 2. mal Liegestütze, danach Ausschluss für einen Trainingstag. Einige Jungs, welche es gar nicht begreifen wollten, sind auch schon dauerhaft rausgeflogen, da sie diese Gruppe nur als Bühne für ihre Verhaltensstörung genutzt haben. Diesen Jugendlichen ist mit einer psychologisch begleiteten Anti-Aggressions-Therapie, welche die Einrichtung ebenfalls anbietet, besser gedient.

Kyu-Prüfungen nehme ich im Rahmen des Trainings ab. Maximale Graduierung war bis jetzt der Orangegurt, aber in der jetzigen Gruppe sind einige Jugendliche, die auch weiter kommen könnten. Naturgemäß sind meine Teilnehmer aber auch länger in der Einrichtung als bei Dir. Zum Teil mehrere Jahre.

Meine Trainingsinhalte orientieren sich an der Prüfungsordnung. Ich versuche möglichst viele Lösungen, gerade im Anfängerbereich über induktives Lernen zu vermitteln. Da es gerade beim weiß-gelben Gürtel auf die exakte Ausführung einer Technik noch nicht ankommt, ist der Lernerfolg einer selbst gelösten Bewegungsaufgabe für mich, gerade bei diesem Klientel, höher zu bewerten. Alle Standtechniken unterrichte ich mit anschließendem Bodenkampf, daher taucht die Frage des Aufstehens nicht auf. Grundlage der Bodenarbeit ist, direkt nach erfolgter Standtechnik, bei mir daher immer die Kontrolle. Da ich nun eine stabile Gruppe mit regelmäßiger Teilnahme habe, nimmt auch das Randori und die Vorbereitung auf erste kleine Vergleichskämpfe nun einen immer größeren Raum im Training ein. Dazu kommen Grundlagen der Bewegungslehre und einfachste turnerische Elemente (Meist haben die Kids hier überhaupt keine oder sehr schwache Grundfähigkeiten).

Da die Verhaltensauffälligkeiten der Kids oft auch mit einer gestörten Wahrnehmung einhergehen, arbeite ich ebenfalls viel mit Wahrnehmungsspielen (Blindenspiele) und auch Feldenkraismethoden, wie dem von Udo vorgeschlagenen Vertrauenskreis.

SV ist überhaupt kein Thema, wenn es auch immer wieder von den Teilnehmern eingefordert wird. Die Einrichtung hat jedoch sehr schlechte Erfahrungen mit Karate und TKD-Angeboten gemacht, welche von den Kids immer wieder zum Angriff in Schule und Freizeit genutzt wurden. Daher kommt dieser Aspekt bei mir nicht zum Tragen. Ist bei der Zielgruppe (11 bis 17 Jahre) auch noch nicht so im Fokus.

Mittlerweile ist das Judoangebot in Leistungsbeschreibung und Konzeption der Einrichtung fest verankert und wird von der Leitung 100prozentig mitgetragen.
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