Der Wert von Waffentraining für Judoka

Hier geht es um die Trainingsgestaltung,-methodik,-formen.
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tutor!
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Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von tutor! »

Zur Zeit diskutieren wir in einem anderen Faden (http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... =21&t=3652) darüber, ob und in welcher Form der Gebrauch von Waffen Teil des Kodokan-Judo ist oder war. Vollkommen unabhängig von dieser Frage - die ja letztlich entweder durch nachgewiesene Trainingspraxis oder durch Prüfungsordnung/Curriculum aus historischer Sicht zu beantworten ist - kann man über Sinn oder Unsinn von Waffentraining in der heutigen Zeit diskutieren.

Ich möchte diesen Faden hier nicht öffnen, weil ich selbst eine besondere Meinung dazu habe, sondern um die Diskussionen ein wenig zu entzerren: hier die Debatte über den Wert aus heutiger Sicht - dort über die historischen Begebenheiten.

Ich freue mich auf eine angeregte Diskussion und wünsche mir die Beantwortung folgender Fragen:
  • welche Waffen sollten in ein Judo-Training einbezogen werden?
  • sollen diese Waffen auch benutzt werden, um Angriffe abzuwehren oder beschränkt sich der Einsatz nur auf Verteidigung gegen Angriffe mit diesen Waffen?
  • ab etwas welchem Ausbildungsstand sollte das Training einsetzen?
  • welcher konkrete Nutzen entsteht durch das Training mit Waffen?
  • welchen Anteil am Gesamttraining sollte es einnehmen?
  • was spricht dagegen oder dafür, das Waffentraining zu "outsourcen", es also in spezialisierten Gruppen zu betreiben?
  • ...?
In diesem Sinne: Hajime für ein verbales Randori im Sinne der zwei Prinzipien Kanos!
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kastow
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von kastow »

Ich werde einfach mal den ersten Schritt machen und die Fragen kurz beantworten. Vorne weg: Alle meine Antworten sind immer im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zu verstehen.
welche Waffen sollten in ein Judo-Training einbezogen werden?
Möglichst wenige Waffen, die möglichst viele Waffentypen abdecken. Wenige Waffen deshalb, um auch mit wenigen Anwendungen viele Angriffe abzudecken und die Anschafungskosten möglichst gering zu halten. Spontan fallen mir die folgenden ein:
Bokken: für alle Hieb-, Stich- und Schlagwaffen dieser Größe von Knüppel über Baseballschläger zu Katana
Tanto: klar, alle Hieb und Stichwaffen dieser Größe von abgeschlagener Bierflasche bis Hammer
Obi: für Ketten- und Seilwaffen
Wasserpistole: auch klar, Schusswaffen. (Wasser ist leichter aus dem Judogi zu entfernen als Farbwaffen, für Training in der kurzen Entfernung eine kostengünstige Alternative zu Farbpistolen)
sollen diese Waffen auch benutzt werden, um Angriffe abzuwehren oder beschränkt sich der Einsatz nur auf Verteidigung gegen Angriffe mit diesen Waffen?
Auch Verteidigung mit der Waffe trainieren. Das daraus resultierende Verständnis der Waffe erhöht die Selbstverteidigungsfähigkeit enorm. Außerdem wäre es dumm, im Ernstfall auf eine Waffe verzichten zu müssen, weil man sie nicht beherrscht.
ab etwas welchem Ausbildungsstand sollte das Training einsetzen?
frühestens ab 14 Jahren, wenn die Rechtsmündigkeit beginnt
welcher konkrete Nutzen entsteht durch das Training mit Waffen?
SV-Fähigkeit und Technikverständnis wird verbessert
welchen Anteil am Gesamttraining sollte es einnehmen?
Das überlasse ich persönlich den Teilnehmenden. Die Hälfte meines techischen Trainings ist Kihon, die andere Hälfte Wahlteil.
was spricht dagegen oder dafür, das Waffentraining zu "outsourcen", es also in spezialisierten Gruppen zu betreiben?
Dagegen sprechen in unserem Verein die Hallenzeiten ;)

Alle diese Ausführen bitte nicht als Dogma missverstehen. Ist nur meine bescheidene Meinung aufgrund meines eigenen Trainings.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von tom herold »

kastow hat geschrieben:
tutor! hat geschrieben: welche Waffen sollten in ein Judo-Training einbezogen werden?
Möglichst wenige Waffen, die möglichst viele Waffentypen abdecken. Wenige Waffen deshalb, um auch mit wenigen Anwendungen viele Angriffe abzudecken und die Anschaffungskosten möglichst gering zu halten.
... das ist ein Prinzip der Koryû und nennt sich "Sogo Bujutsu".
Jobi
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von Jobi »

Hallo, wiedermal mein Senf:
zu Punkt 1:erst Hanbo (später "kleiner" werdend m. Tanbo, Nitanbo, Kubotan/Tessen)
dann Boken (evt. die Nihon Kata d. Kendo), Iaido (Saitai), Jodo (10 Grund-Kata)
Tanto u. Bo (kein Ryukyu, sondern Nippon-Kobudo)
zu 2: alles!
zu 3: ab 3.Kyu Hanbo u. Boken, ab Dangrade Rest
zu 4: Sabaki, Atemtechnik(Kiai), Kime, Technikverständniss....
zu 5 u. 6 erst etwa 20%, später etwa 1/3, Waffen immer Extra, aber immer zeigen, daß die selbe Technik auch ohne geht, gerade bei Hanbo, Tanbo.

Ergänzend: Waffentraining macht Judo für die Öffentlichkeit interessanter, PR-mäßig.

MfG
Jobi
Mit freundlichen Grüßen
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von Lin Chung »

Ergänzend: Waffentraining macht Judo für die Öffentlichkeit interessanter, PR-mäßig.
...meine Rede :D
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von tom herold »

... ich möchte dazu ergänzend anmerken, daß ich es persönlich sehr, sehr schade finde, daß die Wurzeln des Jûdô so völlig aus dem Fokus der allermeisten Jûdôka geraten sind.
Es stimmt: niemand läuft heute (zumindest ist das mein Eindruck) noch mit einem oder gar zwei Schwertern herum.
Von daher kann man sich natürlich fragen, welchen konkreten Nutzen man davon hätte, sich dem Schwert intensiv zu widmen.
Ich will versuchen, diese Frage kurz zu beantworten.
Das Schwert ist eine Waffe, die eine erhebliche Reichweite besitzt. Der Umgang mit dem Schwert eröffnet also eine neue Dimension in Bezug auf Ma-Ai und De-ai. Warum sollte man als Jûdôka darauf verzichten, sich diese Dimension zu erschließen?
Nun mag es ja unwahrscheinlich sein, einem Gegner gegenüberzustehen, der das Schwert führt. Was aber ist mit Baseball-Schlägern? Was ist mit Knüppeln? Mit Messern?
Die Grundlage dafür, sich Angriffen solcher Art wirksam entziehen zu können, ist der Umgang mit dem Schwert, auch wenn jene das nicht glauben möchten, die das Schwert nicht führen können.

Das Schwert führt durch das Prinzip des Sogo Bujutsu zum effektiven Umgang mit verschieden langen Stöcken.
Schon allein deshalb wäre es mehr als angebracht, als Jûdôka zu erlernen, wie man mit dem Schwert effektiv umgeht.

Sodann verweise ich zum wiederholten Mal auf den Grundsatz des Keiko Shokon ("explore the old to understand the new").

Man vergegenwärtige sich noch einmal (oder auch zum ersten Mal), WOHER sämtliche Wurftechniken des Jûdô stammen - und was ihr Sinn war (und ist).
Es ging in den Koryû NIE darum, einen sportlichen Kontrahenten niederzuringen.
Dies bedenkend wird man zu einem wesentlich tieferen Verständnis der Wurftechniken vorstoßen können - wenn man diese Wurftechniken als das sieht, was sie sein mußten: effektive Möglichkeiten, einen tödlichen Angriff nicht nur aufzuhalten, sondern auch so abzuwehren, daß der Angegriffene selbst unversehrt blieb.

DIES sind die Wurzeln der Wurftechniken des Jûdô.
Wurftechniken der Koryû wurden IMMER im Zusammenhang mit dem Gebrauch des Schwerts (und anderer Waffen) gelehrt. Nun ist es eine schlichte Tatsache, daß man in einem rein sportlichen, ungefährlichen Wettkampf anders wirft, als wenn man dies gegen einen bewaffneten Angreifer tun muß.
Und es ist eine gefährliche Illusion, zu glauben, man könne die im Sport erlernten und dort im Wettkampf angewandten Wurftechniken gegen einen entschlossenen Angreifer einsetzen, der eben keine sportlicher Kontrahent ist.

Um im Ernstfall werfen zu können, muß man erstens für diesen Ernstfall trainieren (was in den Trainingsgruppen des Judosports nicht der Fall ist, soweit mir bekannt) und zweitens von kompetenten Lehrern diesbezüglich unterrichtet werden.
ich persönlich bezweifle (und das ist nicht böse gemeint, aber man muß es sagen dürfen!), daß Trainer des Judosports diese Kompetenz besitzen.
Ich habe mir angesehen, was derzeit im Judosoprt als SV angeboten wird ... das ist alles unausgegoren und ineffektiv.

Wurftechniken, die man in der Laborsituation des Judosports erlernt, müssen zwangsläufig im Chaos eines ernsthaften Kampfes versagen (und tun dies auch).
Jûdô als Kampfkunst (zum Selbstschutz bspw) kommt nicht ohne das Schwert aus. Denn wer ein Schwert umgehen und neutralisieren kann, der braucht ein Messer nicht mehr so sehr zu fürchten - und einen waffenlosen Angriff schon gar nicht.

Aber auch für den Judosport wäre es sehr nutzbringend, sich mit dem Schwert zu befassen - denn diese Waffe, wie ich schon sagte, erhöht das Verständnis für das WIE und das WARUM sämtlicher Wurftechniken des Jûdô. Und dieses Verständnis kann doch nicht schaden, oder?
Es wird dadurch überhaupt erst möglich, Wurftechniken historisch herzuleiten, einzuordnen - und auch zu verstehen (im Sinne einer wirklich effektiven, nicht auf reiner Kraft basierenden Anwendung).
Ich kann nicht nachvollziehen, wieso man bislang genau darauf verzichtet.
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Ronin
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von Ronin »

tom herold hat geschrieben:... ich möchte dazu ergänzend anmerken, daß ich es persönlich sehr, sehr schade finde, daß die Wurzeln des Jûdô so völlig aus dem Fokus der allermeisten Jûdôka geraten sind.
Das wissen wir
tom herold hat geschrieben:Das Schwert ist eine Waffe, die eine erhebliche Reichweite besitzt. Der Umgang mit dem Schwert eröffnet also eine neue Dimension in Bezug auf Ma-Ai und De-ai. Warum sollte man als Jûdôka darauf verzichten, sich diese Dimension zu erschließen?
Nun mag es ja unwahrscheinlich sein, einem Gegner gegenüberzustehen, der das Schwert führt. Was aber ist mit Baseball-Schlägern? Was ist mit Knüppeln? Mit Messern?
Richtig, Baseballschläger sind eine reale Gefahr. Schwerter eher nicht. Techniken gegen ein Schwert zu trainieren hilft beim Baseballschlägerproblem - keiner hat so was bestritten, am besten trainiert man aber mit einem Baseballschläger (auch wenn es am Kodokan vielleicht nicht gemacht wurde oder von Kano irgendwo hingeschrieben wurde ;) ). Ich denke, man kann Schwert und Baseballschläger nicht vergleichen. Mit dem Schläger schlitzt mir keiner den Bauch auf...
tom herold hat geschrieben:Es ging in den Koryû NIE darum, einen sportlichen Kontrahenten niederzuringen.
Das hat ja wohl auch noch nie irgendjemand behauptet, aber du unterstellst das immer allen (warum weiß ich nicht)
tom herold hat geschrieben:Nun ist es eine schlichte Tatsache, daß man in einem rein sportlichen, ungefährlichen Wettkampf anders wirft, als wenn man dies gegen einen bewaffneten Angreifer tun muß.
Auch hier ist meines Wissen nach noch nie etwas anderes behauptet worden. Das Höchstmaß an Behauptung, was ich bisher gelesen habe, ist, dass ein Sportjudoka sich grundsätzlich besser wehren kann, als ein Nichtsportler (das kann aber auch ein Gewichtheber oder Geräteturner von sich behaupten)
tom herold hat geschrieben:Und es ist eine gefährliche Illusion, zu glauben, man könne die im Sport erlernten und dort im Wettkampf angewandten Wurftechniken gegen einen entschlossenen Angreifer einsetzen, der eben keine sportlicher Kontrahent ist.
Auch das hat hier keiner behauptet
tom herold hat geschrieben:ich persönlich bezweifle (und das ist nicht böse gemeint, aber man muß es sagen dürfen!), daß Trainer des Judosports diese Kompetenz besitzen.
Das behauptet eigentlich auch nicht wirklich jemand, aber du möchtest das immer in alles hereininterpretieren
tom herold hat geschrieben:Ich habe mir angesehen, was derzeit im Judosoprt als SV angeboten wird ... das ist alles unausgegoren und ineffektiv.
Sanfte und vorsichtige erste Schritte kaputt zu reden ist zwar einfach, bringt aber niemanden weiter. Der DJB hat es sich zur Aufgabe gemacht diesen Teil wiederzubeleben und verlorengegangenes Wissen wieder zu beschaffen. Irgend so ein Mensch aus Preetz hat vor Jahren dieselbe Entscheidung getroffen, daß du das kritisierst, ist an sich schon lächerlich. Es hat ja niemand behauptet, hier schon die allumfassende Wahrheit zu besitzen (außer dir natürlich), aber prinzipiell müsstest du dich eigentlich freuen. Es ist mir unverständlich, dass du (oder der noch giftigere Kollege) immer dieses negative Geschwafel loswerden müßt.
Ich denke man hat hier zur Genüge auch immer wieder akzeptiert, dass ihr "euren Weg" geht, der an sich gut ist, die Kompetenz auch nicht (zugegebenermaßen nicht mehr) in Frage gestellt. Dieses ewige Schlechtgerede nützt niemandem und verhindert sachliche Diskussionen, die hier eigentlich geführt werden, um genau die Wissenslücken zu füllen, die da sind. Nur habe ich einfach so langsam keinen Bock mehr, immer dieselben Platitüden und Verfolgungswahntheorien zu hören.

Bleibt doch einfach mal bei der Sache, es steht gerade jetzt nicht die Kompetenz (oder eben nicht) von Sportjudotrainern auf der Tagesordnung, sondern der Umgang mit dem Schwert. Fakten hierzu gerne. Aber dieses ewige Kompetenzabgespreche bei Dingen, die nie einer von sich behauptet hat, geht mir vollkommen auf den Sender.
tom herold hat geschrieben: Wurftechniken, die man in der Laborsituation des Judosports erlernt, müssen zwangsläufig im Chaos eines ernsthaften Kampfes versagen (und tun dies auch).
Das müssen sie ja auch, dafür wurden sie ja auch von der entsprechenden Zielgruppe nicht trainiert. Stell mal einen voll austrainierten Lateintänzer auf eine Tanzfläche und lasse Hip Hopp laufen... ist aber doch beides Tanzen, oder etwa nicht?
tom herold hat geschrieben:Jûdô als Kampfkunst (zum Selbstschutz bspw) kommt nicht ohne das Schwert aus. Denn wer ein Schwert umgehen und neutralisieren kann, der braucht ein Messer nicht mehr so sehr zu fürchten - und einen waffenlosen Angriff schon gar nicht.
Aha, da kommen wir also wieder zurück zur Frage, genau um diese "Behauptung dreht sich ja alles. Ich glaube das sogar zum Teil, glaube aber eben nicht, dass die Angriffe von Schwert und Messer oder sogar Baseballschläger direkt vergleichbar sind. Es schadet aber niemandem, es zu lernen, ganz im Gegenteil. Aber ob da ein zwingende Notwendigkeit besteht... :dontknow
tom herold hat geschrieben:Aber auch für den Judosport wäre es sehr nutzbringend, sich mit dem Schwert zu befassen - denn diese Waffe, wie ich schon sagte, erhöht das Verständnis für das WIE und das WARUM sämtlicher Wurftechniken des Jûdô. Und dieses Verständnis kann doch nicht schaden, oder?
Wenn es dabei nützt, dass meine Kämpfer zukünftig mehr Pokale heimtragen, warum nicht. Mir ist der Zusammenhang noch immer nicht klar, aber das schließt noch nicht aus, dass es so ist (mal ganz überspitzt gesagt).
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Fritz
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von Fritz »

Ronin hat geschrieben:
tom herold hat geschrieben:Aber auch für den Judosport wäre es sehr nutzbringend, sich mit dem Schwert zu befassen - denn diese Waffe, wie ich schon sagte, erhöht das Verständnis für das WIE und das WARUM sämtlicher Wurftechniken des Jûdô. Und dieses Verständnis kann doch nicht schaden, oder?
Wenn es dabei nützt, dass meine Kämpfer zukünftig mehr Pokale heimtragen, warum nicht. Mir ist der Zusammenhang noch immer nicht klar, aber das schließt noch nicht aus, dass es so ist (mal ganz überspitzt gesagt).
Fast hätte ich "Judosport" übersehen und eine andere Antwort formuliert...

Nun ja (ohne selbst mit nem Schwert intensiv geübt zu haben), was ich beim Kendo und Aikido
so beobachten konnte: Schwert-Kata schult einen aufrechten Kampfstil und die Gleichgewichtswahrung,
die Schwert-Kata sind voll von Tai-Sabaki, d.h. Platzwechsel, Körperdrehungen.
Beim Kendo wird Entschlossenheit und "Hindurchgehen" durch den Angreifer geübt - wie oft
verzweifeln wir ÜL/Trainer daran, unseren Üblingen klarzumachen, daß z.B. das Wurfbein beim Harai-Goshi oder
einer Gari-Technik nicht in seiner Bewegung aufhören darf, sobald "Kontakt" kommt; daß bei Würfen wie Tai-Otoshi
o.ä. sich nicht der Tori verbiegen sollte, sondern der Uke "gedrängt" werden muß, durch Toris ganzheitlichen
Körpereinsatz...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Ronin
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von Ronin »

Fritz hat geschrieben:wie oft verzweifeln wir ÜL/Trainer daran, unseren Üblingen klarzumachen, daß z.B. das Wurfbein beim Harai-Goshi oder einer Gari-Technik nicht in seiner Bewegung aufhören darf, sobald "Kontakt" kommt; daß bei Würfen wie Tai-Otoshi
o.ä. sich nicht der Tori verbiegen sollte, sondern der Uke "gedrängt" werden muß, durch Toris ganzheitlichen
Körpereinsatz...
Gott sei Dank geht das nicht nur mir so.....
tutor!
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von tutor! »

Was könnte mein persönliches Ziel sein, mit dem ich ein Waffentraining durchführe?

Tom (und andere) würden wahrscheinlich als erstes sagen: "damit Du Dich gegen bewaffnete Angriffe verteidigen kannst!". Das liegt auch nahe, aber ich müsste mir drei Fragen stellen:
  • wie lange dauert es, bis ich das kann und welcher Aufwand ist nötig?
  • bin ich im Alltag gefährdet mit Waffen angegriffen zu werden?
  • will ich wirklich verteidigungsfähig gegen ernsthafte bewaffnete Angriffe sein?
Die erste Frage lässt sich sicherlich am einfachsten beantworten: es sind Jahre fleißigen Trainings unter kompetenter Anleitung erforderlich. Ich denke niemand wird das bestreiten.

Als im Alltag gefährdet empfinde ich mich eigentlich nicht. Ich bin nicht beruflich mit Gewalttätern befasst, lebe auch nicht in einer Gegend, in denen eine derartige Gefahr latent vorhanden wäre und komme auch nicht an entsprechend problematische Orte. Letztlich kann ich zwar einen bewaffneten Angriff nicht ausschließen, ist aber gegen mich persönlich sehr unwahrscheinlich (nur blöd, wenn es irgendwann doch einmal passieren sollte....)

Wenn ich Gefahr und erforderlichen Aufwand in Relation setze, stelle ich für mich selber fest, dass ich den Aufwand lieber in andere Bereiche investiere. Das ist aber meine persönliche Entscheidung.

Kann ich dennoch von einem Waffentraining profitieren? Ich meine ja!

Beim Randori oder allgemein beim Wurftraining arbeite ich immer mit Körperkontakt, das heißt ich spüre den Partner/Gegner. Die visuelle Wahrnehmung bleibt ergänzend, aber in der Bedeutung hinter der taktilen zurück. Bei der Verteidigung gegen Waffen und gegen Atemi habe ich aber nur die visuelle Wahrnehmung auf die ich reagieren muss. Es werden also ganz andere Wahrnehmungsmuster geschult.

Desweiteren muss ich meine Verteidigung gegen eine Waffe immer so gestalten, dass ich aus dem Gefahrenbereich der Waffe herausgehe. Schnelle Körperdrehungen unter vollem Erhalt des Gleichgewichts werden erforderlich. Man kann es sich einfach nicht leisten, die Waffe "abzubekommen".

Verteidigung gegen Waffen sind eher weiterführender Natur als ein "Dagegenhalten". Ausweichen und Weiterführen wird also besonders entwickelt.

Und eine vollständige Aktion gliedert sich immer in ein Neutralisieren (Ausweichen), Gegenangriff ohne sich selbst zu gefährden und schließlich Entwaffnung des Partners. Die Bewegungsablaufe sind also in ihrer sequenziellen Folge relativ komplex, was nur gut für die Koordination sein kann.

Als letztes möchte ich anführen, dass bei einer Waffenabwehr auch nicht der kleinste Kontrollverlust akzeptiert werden kann, wie es schon mal ansonsten im Judo der Fall ist. Waffenabwehr schult und entwickelt also einen Präzisionsgedanken in den Techniken.

Allerdings stellt sich mir die Frage, bei wem ich ein solches Training absolvieren würde? Und das würde ich ehrlich gesagt nur bei einem Spezialisten machen wollen, weil wenn man es tut, dann bitte richtig. Ein derartiges Training darf keine Spielwiese für Stümpereien aller Art werden.
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von tom herold »

Lieber Ronin, du tust genau das, was du mir vorwirfst: du wiederholst altbekannte Plattitüden.

Und doch, entgegen dem, was du schreibst, wurde hier im Forum schon öfter allen Ernstes behauptet, man könne die im Judosport erlernten Techniken ohne weiteres in einer SV-Situation einsetzen.
Der DJB hat es sich zur Aufgabe gemacht diesen Teil wiederzubeleben und verlorengegangenes Wissen wieder zu beschaffen. Irgend so ein Mensch aus Preetz hat vor Jahren dieselbe Entscheidung getroffen, daß du das kritisierst, ist an sich schon lächerlich.
Ich denke, es kommt doch sehr auf die Art und Weise an, WIE man so etwas trainiert bzw. "wiederbelebt". Auch sehe ich durchaus verschiedene Intentionen bei dem, was wir tun, und bei dem, was ihr tut.
Es hat ja niemand behauptet, hier schon die allumfassende Wahrheit zu besitzen (außer dir natürlich),
WO und WANN hätte ich so etwas je behauptet? Da hat dir der Ärger die Feder geführt - und du wirst an dieser Stelle mindestens so unsachlich wie du es mir vorwirfst.
Wenn es dir hilft ...
Es ist mir unverständlich, dass du (oder der noch giftigere Kollege) immer dieses negative Geschwafel loswerden müßt.
Das schlichte, wenngleich wiederholte Konstatieren von Tatsachen (nötig, weil dauernd bestritten) und die daraus abgeleiteten Schlußfolgerungen sind für dich "negatives Geschwafel"?
Damit disqualifizierst du dich selbst.
Dieses ewige Schlechtgerede nützt niemandem und verhindert sachliche Diskussionen, die hier eigentlich geführt werden, um genau die Wissenslücken zu füllen, die da sind. Nur habe ich einfach so langsam keinen Bock mehr, immer dieselben Platitüden und Verfolgungswahntheorien zu hören.
Ein Satz, den ich so nicht besser hätte formulieren können.
Ich denke da an Plattitüden wie: "Jûdô ist nur ein Sport", "Jûdô ist eine Zweikampf-Sportart", "Es gibt im Jûdô keine Waffen", "Es gibt im Jûdô keine Tritte und Schläge" (eine Debatte die relativ erbittert auch hier im Forum geführt wurde, ist noch gar nicht so lange her ...)
Ich denke da auch an Sätze wie "aber DU behauptest natürlich, im Besitz der alleinseligmachenden Wahrheit zu sein ..."
Und was "Verfolgungswahn-Theorien" betrifft: mir wurde (und wird noch immer) auch hier im Forum unterstellt, ich wolle ja nur "das Jûdô kaputtmachen" und "den DJB schlechtmachen".
Das ist keine Verfolgungswahn, nein?
Aber dieses ewige Kompetenzabgespreche bei Dingen, die nie einer von sich behauptet hat, geht mir vollkommen auf den Sender.
So, mal sehen: ich habe zu recht darauf verwiesen, daß Trainer des Judosports vieles nicht mal mehr kennen, was zum Jûdô gehört. Das ist eine Tatsache.
Im Gegenzug wird mir (auch hier im Forum) generell jede Kompetenz im Jûdô abgesprochen ("... ist ja noch nicht mal im richtigen Verband. Kann also gar kein Jûdô können!")
tom herold hat geschrieben: hat geschrieben:
Wurftechniken, die man in der Laborsituation des Judosports erlernt, müssen zwangsläufig im Chaos eines ernsthaften Kampfes versagen (und tun dies auch).
Das müssen sie ja auch, dafür wurden sie ja auch von der entsprechenden Zielgruppe nicht trainiert. Stell mal einen voll austrainierten Lateintänzer auf eine Tanzfläche und lasse Hip Hopp laufen... ist aber doch beides Tanzen, oder etwa nicht?
Tanzen und Kampfkunst sind zwei sehr unterschiedliche Dinge.
... glaube aber eben nicht, dass die Angriffe von Schwert und Messer oder sogar Baseballschläger direkt vergleichbar sind.
Eben. Du GLAUBST. Deine Bemerkung zeigt, daß du davon wenig bis keine Ahnung hast.
Ach so, das darf ich ja nicht sagen - das "ewige Kompetenzabgespreche" geht dir ja auf den Sender.

Deine gesamte Argumentation läuft darauf hinaus: ich soll aufhören, euch zu nerven.
Du schreibst:
Bleibt doch einfach mal bei der Sache, es steht gerade jetzt nicht die Kompetenz (oder eben nicht) von Sportjudotrainern auf der Tagesordnung, sondern der Umgang mit dem Schwert.
Genau darum ging es doch. Welcher Sportjudo-Trainer HAT denn die Kompetenz, mit dem Schwert umzugehen? Oder gehört diese despektierliche Frage nicht hierher?
Fakten hierzu gerne
Offenbar nicht.
Denn es findet sich stets sofort jemand, der diese Fakten wegdiskutieren will oder sie mühsam uminterpretiert, bis wieder das Bild des "sanften Weges" entsteht.
Und da wunderst du dich, daß ich so reagiere?
Schau dir doch mal deine eigene Reaktion an: statt sachlich zu bleiben, unterstellst du mir, ich würde behaupten, alles zu wissen - obwohl du genau weißt, daß ich so etwas nie behauptet habe.
Wie soll man da mit jemandem wie dir eine Ebene der sachlichen Erörterung finden?

Wird dein Posting jetzt der in beinahe jedem Faden zu findende Beitrag, der die ganze Debatte umkippen läßt in eine "Herold-ist doof-und-hat-keine-Ahnung-und-geht-uns-auf-den-Sack"-Diskussion?
Lin Chung
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von Lin Chung »

Kann ich dennoch von einem Waffentraining profitieren? Ich meine ja!
...bin der gleichen Meinung.
Bei der Verteidigung gegen Waffen und gegen Atemi habe ich aber nur die visuelle Wahrnehmung auf die ich reagieren muss. Es werden also ganz andere Wahrnehmungsmuster geschult.
...gut erkannt.
Desweiteren muss ich meine Verteidigung gegen eine Waffe immer so gestalten, dass ich aus dem Gefahrenbereich der Waffe herausgehe. Schnelle Körperdrehungen unter vollem Erhalt des Gleichgewichts werden erforderlich.

Und eine vollständige Aktion gliedert sich immer in ein Neutralisieren (Ausweichen), Gegenangriff ohne sich selbst zu gefährden und schließlich Entwaffnung des Partners. Die Bewegungsablaufe sind also in ihrer sequenziellen Folge relativ komplex, was nur gut für die Koordination sein kann.
...Auch richtig. Hast du soetwas schon mal gemacht? Habe jedenfalls den Eindruck.
Allerdings stellt sich mir die Frage, bei wem ich ein solches Training absolvieren würde? Und das würde ich ehrlich gesagt nur bei einem Spezialisten machen wollen, weil wenn man es tut, dann bitte richtig. Ein derartiges Training darf keine Spielwiese für Stümpereien aller Art werden.
Vielleicht kennt Tom jemanden.
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von tutor! »

Lin Chung hat geschrieben:Hast du so etwas schon mal gemacht? Habe jedenfalls den Eindruck.
:D - aber ich muss einschränkend sagen, dass die Techniken nicht wirklich automatisiert sind und ich mich nicht als "ernstfalltauglich" bezeichnen würde.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
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Re: Der Wert von Waffentraining für Judoka

Beitrag von tom herold »

Zitat:
Allerdings stellt sich mir die Frage, bei wem ich ein solches Training absolvieren würde? Und das würde ich ehrlich gesagt nur bei einem Spezialisten machen wollen, weil wenn man es tut, dann bitte richtig. Ein derartiges Training darf keine Spielwiese für Stümpereien aller Art werden.
Vielleicht kennt Tom jemanden.
Definitiv.
Und damit meine ich nicht mich. ;)


Tutor schreibt:
... aber ich muss einschränkend sagen, dass die Techniken nicht wirklich automatisiert sind und ich mich nicht als "ernstfalltauglich" bezeichnen würde.
RESPEKT vor so viel Ehrlichkeit! Und das meine ich ernst und nicht ironisch.

Lieber Tutor, wir hatten hier gewiß unsere Differenzen. Nachdem ich deine Beiträge der letzten Zeit noch einmal gründlich gelesen habe, möchte ich dir aber noch einmal ganz deutlich und auch öffentlich sagen, daß ich dir meinen Respekt nicht versagen kann.
Ich wünschte, es gäbe mehr Jûdôka wie dich.
Ich würde mich irgendwann gern mal mit dir treffen.

Tom
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