Kosen-Judo

Hier könnt ihr alles posten was mit Judo zu tun hat

caesar
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Kosen-Judo

Beitrag von caesar »

Der letzte Faden dazu ist schon ein paar Jahre alt.

Kennt sich jemand mit Kosen-Judo aus, hat schon einmal selbst Kosen Judo gemacht?

Wenn ja, wo und wie war es?
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nur_wazaari
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Re: Kosen-Judo

Beitrag von nur_wazaari »

Das ist in Zeiten des anhaltenden Hypes von BJJ und Co ein interessantes Thema und wurde in meinem Heimatverein als Trainingsform praktiziert. Die Bezeichnung Kosen-Judo war bekannt, es wurde aber oft nicht so genannt, es war halt Judo.

Was ist denn die genaue Frage? Wir haben früher im Verein zu locker 80% Ausgangsituationen und Randori trainiert, die auf anschließende Ne-waza spezialisiert waren. Das kam dem in praktischer Hinsicht schon recht nah.

Erfahrungen ganz grob: Deutlich fordernder für Körper und Konzentration, als das verkrampfte übliche Geschiebe und Geschubse in Tachi-waza (und oft auch Ne-waza), das heute immer noch häufig unter Randori verstanden wird; sehr gut um ein präzises und fluides Körpergefühl zu entwickeln, vor allem im Übergang Tachi-waza zu Ne-waza (und zurück!), irgendwie auch lebensnäher, weil kein Ausruhen in Form z.B. des Herumstehens möglich ist.

Zusammengefasst: Unter "Kosen-Judo" verstehe ich ein weiteres Trainingskonzept, vielleicht hier und da regelbezogen mit daran angepasster Methodik, vielleicht sogar nur eine Art Regelwerk. Allerdings betrachte ich die Frage, was genau ein Konzept und was Methoden in dieser Hinsicht sind, noch nicht als beantwortet.
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makoto
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Re: Kosen-Judo

Beitrag von makoto »

Im Hinblick auf BJJ & co sowie deren steigende Mitgliederzahlen hat Judo leider diesen Zug verpasst.

Es sprechen viele Punkte für ein Boden-orientiertes Judo-Training:
* geringe Verletzungsgefahr durch Würfe
* „angenehmeres“ Training für die Veteranen, da weniger Würfe / hartes Fallen
* geringere Rate an „Rückenproblemen“
* konstante Kräftigung der Rumpfmuskulatur
* konditionell fordernder als Stand

Es wäre interessant, wie viele Judoka zusätzliche BJJ besuchen bzw. ganz gewechselt haben.
"Der Weg - ein Kreis."
HBt.
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Das Kosen-Dingsbums

Beitrag von HBt. »

caesar hat geschrieben: 02.11.2023, 18:07 Der letzte Faden dazu ist schon ein paar Jahre alt.

Kennt sich jemand mit Kosen-Judo aus, hat schon einmal selbst Kosen Judo gemacht?
Wenn ja, wo und wie war es?
Meinst Du das Kosen-Judo, welches zu Lebzeiten von Jigoro Kano in Mode war (vor zirka 100 Jahren und mehr)?
HBt.
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Das Konzept und die Methoden des Kosen-Judo

Beitrag von HBt. »

nur_wazaari hat geschrieben: 03.11.2023, 10:42 (...)
Zusammengefasst:
Unter "Kosen-Judo" verstehe ich ein weiteres Trainingskonzept, vielleicht hier und da regelbezogen mit daran angepasster Methodik, vielleicht sogar nur eine Art Regelwerk.
Allerdings betrachte ich die Frage, was genau ein Konzept und was Methoden in dieser Hinsicht sind, noch nicht als beantwortet.
Bezeichnet die Praxis des Judo an den Fachoberschulen zur Jahrhundertwende, also zeitlich zwischen der Gründung des Kodokan und dem aufkommenden Nationalbewusstsein vor dem zweiten Weltkrieg.

Man könnte heute mit Fug und Recht die alljährlichen Hochschulmeisterschaften als Vertreter des Kosen-Judo ansehen. Doch soweit wollen wir nicht gehen, die Idee ist nun einmal eine Spezialisierung auf die Bodenarbeit. Da wir im Stand auf zwei Füßen und Beinen beginnen, werden geschickte Methoden des Übergangs vom Stand zum Podex ...

Der Plan, das Konzept, ist eine Wurfvermeidung mit schnellstmöglicher Dominanz in Bodennähe und eben ein Sieg durch Katame-waza (zum Beispiel im Sitzen, einer Kontrollposition). Methoden sind erkenntnistheoretisch nicht direkt mit dem, was wir darunter synonym verstehen, gleichsetzbar.

Wir verstehen allgemein darunter die Mittel und Wege, also die Art, wie wir etwas tun und letztendlich unser geplantes Ziel erreichen. Die Methoden sind also ein wichtiger Bestandteil des Übungsbetriebes. Üben = lernen. Was üben wir? Das Wie, also die Methode ... anders formuliert: wir erlangen Wissen durch die Methode.

#
Nur nicht komplizierter darstellen als ES ist ;-).

Zur Zeit propagieren wir (die Arbeitsgruppen) gerne die Wissenschaftlichkeit von diesem und jenem Neuen, ..., dann müssen allerdings die Begrifflichkeiten auch scharf unterschieden, definiert, deklariert, ..., und korrekt angewendet werden.

Ist das der übliche Fall?

Gruß,
HBt.
caesar
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Re: Kosen-Judo

Beitrag von caesar »

nur_wazaari hat geschrieben: 03.11.2023, 10:42 Was ist denn die genaue Frage? Wir haben früher im Verein zu locker 80% Ausgangsituationen und Randori trainiert, die auf anschließende Ne-waza spezialisiert waren. Das kam dem in praktischer Hinsicht schon recht nah.
[...]
Zusammengefasst: Unter "Kosen-Judo" verstehe ich ein weiteres Trainingskonzept, vielleicht hier und da regelbezogen mit daran angepasster Methodik, vielleicht sogar nur eine Art Regelwerk. Allerdings betrachte ich die Frage, was genau ein Konzept und was Methoden in dieser Hinsicht sind, noch nicht als beantwortet.
Da ist wohl ein kleines Missverständnis aufgetreten. Ich meinte nicht bodenorientiertes Judo, sondern wirklich Kosen-Judo, wie es an den entsprechenden Einrichtungen trainiert wird. Also einfach nur "wir machen viel Boden im Training" ist nicht unbedingt die Information, die ich suchte, wenn natürlich trotzdem interessant. Allerdings glaube ich irgendwie nicht, dass das jetzt wirklich Kosen-Judo ist.
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Re: Kosen-Judo

Beitrag von nur_wazaari »

caesar hat geschrieben: 03.11.2023, 17:32 Da ist wohl ein kleines Missverständnis aufgetreten. Ich meinte nicht bodenorientiertes Judo, sondern wirklich Kosen-Judo wie es an den entsprechenden Einrichtungen trainiert wird. Also einfach nur "wir machen viel Boden im Training" ist nicht unbedingt die Information, die ich suchte, wenn natürlich trotzdem interessant. Allerdings glaube ich irgendwie nicht, dass das jetzt wirklich Kosen-Judo ist.
Ich meine das schon richtig verstanden zu haben, nun frage ich: Was für Einrichtungen sollen das sein? Was genau wird denn da trainiert? Kennst du welche, weißt du, was da trainiert wird und wie genau? Dieses Vorwissen implizieren deine Fragen für mich. Ich kann nicht entnehmen, was für Informationen du dir nun genau vorstellst. Bitte, erhelle mich und vielleicht andere.

Allein der englische Wikipedia-Artikel zum Thema bestätigt meine Ansicht - es handelt sich einfach um eine weitere Methode, einen Ansatz, ein Regelwerk und nicht um ein von "üblichem" Judo abzugrenzendes System oder Ähnliches. In Japan mag es in Abgrenzung zum Kodokan eine Art Szene dafür geben, für Deutschland wäre mir das neu.
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Re: Das Konzept und die Methoden des Kosen-Judo

Beitrag von nur_wazaari »

HBt. hat geschrieben: 03.11.2023, 15:02
Bezeichnet die Praxis des Judo an den Fachoberschulen zur Jahrhundertwende, also zeitlich zwischen der Gründung des Kodokan und dem aufkommenden Nationalbewusstsein vor dem zweiten Weltkrieg...
Danke.

Wenn man das nun, insbesondere den Hochschulaspekt und die dortigen Gegebenheiten betreffend, doch weiterführt, das heißt die Definition weit führt, dann würde zum Beispiel ich mich möglicherweise damit "brüsten" können, schon eine ganze Weile Kosen-Judo betreiben zu dürfen. :read2
.
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Re: Kosen-Judo

Beitrag von tutor! »

Kosen 高専 ist eine verkürzte Form für Koto Senmon Gakko 高等専門学校, was letztlich mit Fachschule übersetzt werden kann.

Anfang des 20 Jahrhunderts begannen die ersten organisierten Wettkämpfe sieben kaiserlichen Universitäten (Nanatei) nach den Regeln der Butokukai, die den damaligen Regeln des Kodokan entsprachen. Mitte der 1920er Jahre änderte jedoch der Kodokan die Regeln und erschwerte einen direkten Übergang vom Stand in Boden. Diese Regel wurde jedoch im Kosen-Judo nicht übernommen.

Auch heute gibt es noch die Nanatei-Wettkämpfe nach alten "Kosen-Regeln", aber natürlich nicht mehr mit der Aufmerksamkeit, wie sie die "normalen" Uni-Meisterschaften haben, da letztere nach den "normalen" Judoregeln ausgetragen werden.

In Japan spricht man auch eher von einer Kosen-Tradition und weniger von Kosen-Judo. Es wird nicht als zweierlei empfunden. In Tokio gibt es z.B. die Ne-waza-kenkyu-kai, eine Gruppe in der Ne-waza praktiziert wird.

So sehen Nanatei-Wettkämpfe heute aus: https://youtu.be/z90oSp6dQ0M?si=lKWAMOURx0TOIEv0

Und hier ein kleiner Einblick in das Training bei einem der letzten ganz großen Lehrer der Tradition, Shigeya Matsumura: https://youtube.com/playlist?list=PLNaK ... vU7DGWQaqJ
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
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Das Taiso- & Kosenfass wurde erneut geöffnet

Beitrag von HBt. »

Ich bitte freundlichst auch um Erleuchtung.

#
Die Regeländerungen nach 1924 (?) umfassten ganz bestimmt auch zeitliche Einschränkungen und nicht alleine nur den Stand-Bodenübergang.
caesar
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Re: Das Konzept und die Methoden des Kosen-Judo

Beitrag von caesar »

nur_wazaari hat geschrieben: 03.11.2023, 17:46 Wenn man das nun, insbesondere den Hochschulaspekt und die dortigen Gegebenheiten betreffend, doch weiterführt, das heißt die Definition weit führt, dann würde zum Beispiel ich mich möglicherweise damit "brüsten" können, schon eine ganze Weile Kosen-Judo betreiben zu dürfen. :read2
Genau das meinte ich eigentlich nicht, sondern wirklich das in Japan praktizierte Kosen-Judo. Nur weil man an einer Hochschule etwas Boden macht, ist es glaube kein Kosen-Judo. Dann wäre theoretisch sehr viel Judo in Japan Kosen-Judo, aber der Begriff begegnet immer nur im Zusammenhang mit den kaiserlichen Universitäten, bis auf wenige Ausnahmen. Zumindest im japanischen Sprachraum, im englischen Sprachraum wird gern alles als Kosen bezeichnet, was Boden ist. Auch hier im Forum wurde vor Jahren mal Katsuhiko Kashiwazaki dem Kosen-Judo zugeordnet, weil er gut im Boden war, allerdings hat er meines Wissens nach nicht an einer der 7 kaiserlichen Universitäten studiert oder trainiert.
nur_wazaari hat geschrieben: 03.11.2023, 17:40 Allein der englische Wikipedia-Artikel zum Thema bestätigt meine Ansicht - es handelt sich einfach um eine weitere Methode, einen Ansatz, ein Regelwerk und nicht um ein von "üblichem" Judo abzugrenzendes System oder Ähnliches. In Japan mag es in Abgrenzung zum Kodokan eine Art Szene dafür geben, für Deutschland wäre mir das neu.
In Deutschland wird es kein Kosen-Judo geben. Die Frage ist, in wie weit sich die Methode unterscheidet. Auch wenn der Kinderverein und das Leistungszentrum in Köln beide sagen, sie machen Judo, würde ich sagen, machen beide sehr unterschiedliche Sachen. Hier gibt es ein anderes "Label" direkt aus/in Japan. Daher die Frage nach echten Erfahrungsberichten.
tutor! hat geschrieben: 03.11.2023, 18:17 In Japan spricht man auch eher von einer Kosen-Tradition und weniger von Kosen-Judo. Es wird nicht als zweierlei empfunden. In Tokio gibt es z.B. die Ne-waza-kenkyu-kai, eine Gruppe in der Ne-waza praktiziert wird.
Kosen Dento habe ich in dem Zusammenhang noch nicht gehört. Wenn ich mir die Wettkampfvideo angucke, habe ich schon das Gefühl, dass er eher Zweierlei mit Schnittstellen als Einerlei ist
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Re: Kosen-Judo

Beitrag von tutor! »

Um es vielleicht klarer zu machen: In Japan wird m.W. kein Kosen-Judo als eigenständiger Bereich systematisch praktiziert. Die Clubs der sieben Unis machen das ganz "normale" Judo, die heutigen Nanatei-Wettkämpfe sind Fun-Veranstaltungen nach traditionellen Regeln - nicht mehr und nicht weniger.

Ich kenne einen der Lehrer der Ne-waza-kenkyu-kai und habe mit ihm trainiert. Ganz normales Judo, wobei der Niveauunterschied zwischen Stand und Boden bei ihm äußerst eklatant ist. Da aber Stand- und Bodenradori sowieso immer getrennt gemacht wird, fallen die typischen Übergänge vom Stand in die Bodenlage nicht weiter auf. Ich gehe auch davon aus, dass sie heutzutage nicht trainiert werden.

Vor einigen Jahren - ich glaube 2027 oder 2018 - hatte ich das Glück, bei dem damals fast 90-jährigen Sh. Matsumura trainieren zu können. Er war vor allem ein didaktisch herausragender Lehrer - ganz und gar untypisch für Japan. Er galt damals in Tokio als der letzte große Lehrer des Kosen-judo. Er hat jedoch nichts anderes gemacht als ganz normales Bodenjudo. Nur eben auf herausragende Art und Weise in Bezug auf Technik, Methodik und Umgang mit den Menschen.

PS: Weil Kashiwazaki erwähnt wurde, vielleicht noch ein paar Kleinigkeiten zu seiner Person. Er stammt aus demselben Ort wie Mifune, die Familien kannten sich und sein erster Judolehrer war ein Schüler von Mifune. Als Student war er an der Tokai-Uni, wo insbesondere Nobuyuki ("Ne-waza") Sato sein Trainer war. Tokai ist eine Privatuni des damaligen IJF-Präsidenten Matsumae und war damals DIE Judomacht in Japan. Nach dem Studium ist er als Lehrer an eine Schule gegangen und hat in Eigenregie weitertrainiert! Nach der Karriere wurde er nicht nur Abteilungsleiter der Judo an der Budo-Uni in Katsura, sondern auch Lehrer als der Todai-in Tokio - letztere ist natürlich eine der kaiserlichen Unis gewesen.
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nur_wazaari
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Re: Das Konzept und die Methoden des Kosen-Judo

Beitrag von nur_wazaari »

caesar hat geschrieben: 04.11.2023, 00:52 Genau das meinte ich eigentlich nicht, sondern wirklich das in Japan praktizierte Kosen-Judo. Nur weil man an einer Hochschule etwas Boden macht, ist es glaube kein Kosen-Judo...
Ach, wirklich nicht? ;)

Das ist mir klar, nachdem du...
Also einfach nur "wir machen viel Boden im Training" ist nicht unbedingt die Information die ich suchte, wenn natürlich trotzdem interessant. Allerdings glaube ich irgendwie nicht, dass das jetzt wirklich Kosen-Judo ist.
...geschrieben hast. Aber nach wie vor war unklar, worauf du hinaus wolltest, denn...
In Deutschland wird es kein Kosen-Judo geben. Die Frage ist, in wie weit sich die Methode unterscheidet. Auch wenn der Kinderverein und das Leistungszentrum in Köln beide sagen, sie machen Judo, würde ich sagen, machen beide sehr unterschiedliche Sachen. Hier gibt es ein anderes "Label" direkt aus/in Japan. Daher die Frage nach echten Erfahrungsberichten.
...das und deine Eingangsfragen werfen für mich einiges durcheinander. Nach Hbts und tutor!s Eingaben sowie deiner Ergänzungen lassen sich deine Eingaben endlich präzisieren: Du willst wissen, ob jemand unter traditionellen Bedingungen (Danke an tutor! für die Klarstellung) in Japan bei traditionellen Lehrern das Judo (als Methode, Regelwerk, Spielart, Programm, System, traditionelles Chichi etc...) trainiert hat, was du dir unter Kosen-Judo vorstellst und nicht einfach Berichte über schnöde, unmystische Judo-Trainingskonzepte, die sich hauptsächlich auf Ne-waza fokussieren. Allerdings lernten wir ja nun...egal, steht ja alles da.
tutor! hat geschrieben: 04.11.2023, 06:07 Um es vielleicht klarer zu machen:...

PS: Weil Kashiwazaki erwähnt wurde, vielleicht noch ein paar Kleinigkeiten zu seiner Person....
Vielen Dank, sehr interessant.
.
HBt.
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Ich habe ein Gefühl

Beitrag von HBt. »

Und dieses Gefühl erinnert mich ein bisschen an den Dento-Eintopf, den einige von uns Judoka vor rund fünfzehn Jahren gekocht hatten - aufgekocht!

Heutzutage wird sich bestimmt ein Weg finden lassen, um in Japan ein passendes Dojo auszumachen. Dort könnte 'Caesar' studieren und einschlägige Erfahrungen sammeln, vielleicht sogar unbesiegbar werden. Möglicherweise revolutioniert 'Caesar' nach seiner Rückkehr aus dem heiligen Land sogar die Judoausbildung in Deutschland oder er begründet eine neue Schule, die in wenigen Jahren bereits als Koryu bezeichnet wird.

:dontknow

Gruß,
HBt.

PS
Möglicherweise melden sich auf die Anfrage (in diesem Faden) tatsächlich einige Judoka, die heute in der Kosen-Judo-Tradition stehen, vorausgesetzt Kosen-Judo ist eine eigene Spielart des uns allen bekannten Judo(s), und berichten von ihren besonderen Kenntnissen.

Lieber 'tutor!',
magst Du einen Kontakt vermitteln oder wenigstens 'Caesar' eine (japanische) Anlaufstelle nennen.
tutor!
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Re: Ich habe ein Gefühl

Beitrag von tutor! »

HBt. hat geschrieben: 04.11.2023, 12:56 Lieber 'tutor!',
magst Du einen Kontakt vermitteln oder wenigstens 'Caesar' eine (japanische) Anlaufstelle nennen.
DAs würde sich sogar einrichten lassen
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Re: Kosen-Judo

Beitrag von Cichorei Kano »

caesar hat geschrieben: 02.11.2023, 18:07 Der letzte Faden dazu ist schon ein paar Jahre alt.

Kennt sich jemand mit Kosen-Judo aus, hat schon einmal selbst Kosen Judo gemacht?

Wenn ja, wo und wie war es?
Matsumura Shigeya ist ein Name, an den sich Ausländer erinnern, weil er im Kôdôkan praktizierte und lehrte. Wenn ich mich recht erinnere, gibt es einige Bilder, auf denen er ein Uke des verstorbenen Kanemitsu-sensei aus Okayama war.

Matsumura war zwar einer der letzten überlebenden Lehrer, die noch in der Kôsen-Newaza-Tradition ausgebildet wurden, aber er war nicht der letzte.

Der Hauptlehrer meines Dôjô, der Polizeiakademie der Präfektur Kyôto, an der ich in den frühen 1990er Jahren täglich trainierte, war Kurimura-sensei. Er ist jetzt 90 Jahre alt und im Ruhestand. Er ist unter den älteren Jûdôka in Japan sehr bekannt, aber nicht so sehr im Ausland. Er wurde noch in der Kôsen-Tradition ausgebildet und ist in verschiedenen alten Schwarz-Weiß-Filmclips auf YouTube als Uke des berühmten Kimura Masahiko zu sehen. Er war auch ein Schüler von Ebii Gôichi- und Hosotani-sensei, zwei berühmten Jûdô-Sensei aus der Busen-Tradition, die in ganz Japan für ihre Newaza-Expertise bekannt sind.

Kurimura-sensei's Auftritte im Ausland sind sehr selten, aber er kam im Dezember 2009 nach Deutschland und hielt einen Newaza-Kurs bei der Freien Turnerschaft Neumünster, glaube ich. Er kehrte 2 Jahre später zurück und gab Lehrgänge in der Hamburger Region, mit mindestens einem Lehrgang im Hamburger Polizei Trainingszentrum.

Was unsere Trainingseinheiten zu der Zeit, als ich dort war, betrifft, so dauerten sie 3 Stunden, was sehr anstrengend war, vor allem im Sommer, bei 35°C und einer Luftfeuchtigkeit von 95%. Einige von Ihnen, die den Kôdôkan im Rahmen des internationalen Sommer-Kata-Kurses besucht haben, werden einen Eindruck davon bekommen haben. Aber Kata in seinem eigenen Raum zu üben und die Möglichkeit zu haben, sich auszuruhen, wann immer man will, unterscheidet sich doch sehr vom Randori-Training unter solchen und noch schwierigeren Bedingungen.

In der Regel begannen unsere Trainingseinheiten mit Aufwärmübungen von etwa 30 Minuten. Die Aufwärmübungen enthielten eine Vielzahl von traditionellen japanischen Newaza-Aufwärmübungen, die im Ausland selten zu sehen sind, wie z.B. Shako, manchmal übersetzt als "die Riesenklammer". Ein weiterer Grund, warum einige dieser Übungen im Ausland selten zu sehen sind, ist, dass im Westen aufgrund unserer pädagogischen Ausbildung einige dieser Übungen als potentiell gefährlich oder zumindest als zu ungesund für bestimmte Körperstrukturen angesehen werden.

Dann haben wir in der Regel eine halbe Stunde uchi-komi gemacht, gefolgt von einer Stunde stehendem Randori und einer Stunde newaza randori. Es war sehr anspruchsvoll, kein Mitleid, aber faires, sauberes Jûdô.

Eine weitere Sache, die ich hinzufügen muss: Die Jûdô-Praxis im traditionellen japanischen Dôjô unterscheidet sich sehr von der im westlichen Dôjô oder im Kôdôkan. Einer der Hauptunterschiede ist, dass es fast keinen Unterricht gibt. Es ist also nicht so, dass der Lehrer einen Wurf oder eine Technik zeigt und jeder diese Technik übt. Das Lernen und Verbessern geschieht fast ausschließlich durch Osmose.

Die Übungsstunden sahen also ganz anders aus als der Unterricht von Matsumura-sensei im Kôdôkan, auf den sich der Lehrer bezog. Bitte bedenken Sie, dass das typische jûdô im japanischen dôjô überhaupt nicht so ist wie im Kôdôkan. Der Kôdôkan ist darauf ausgerichtet, internationale Jûdôka willkommen zu heißen und tatsächlich internationale Jûdôka zu unterrichten. Das ist anderswo in Japan nicht der Fall. Der Unterricht am Kôdôkan ähnelt viel mehr dem Unterricht im Westen. Der Unterricht an anderen japanischen Dôjô ist ganz anders, mit minimaler Einmischung des Lehrers.
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Beitrag von HBt. »

Ich habs:
OnlineClass ...

Kosen-Judo als Label, eine neue Marke am E-Commerce-Himmel. Das Curriculum würde mich interessieren.
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Gabs's schon mal

Beitrag von nur_wazaari »

viewtopic.php?f=44&t=6331&start=20

In diesem Faden findet man einige interessante Informationen bzw. Meinungen zum Thema des Fadens. Über 10 Jahre alt, wohlgemerkt.

Vorläufiges Ergebnis nach Sichtung (und anderen Fäden): Wer sich mit Ne-waza Methodik beschäftigen will, ein über Stoffsammlungen hinausgehendes Interesse hat, muss auch zu anderen Hybride, anschauen - Kosen-Judo eingeschlossen, aber nicht notwendig bedingt. Nach so einigen praktischen Erfahrungen mit BJJ-Kämpfern im Training kann ich sagen: Das internationale IJF-Judo hat BJJ das Feld "Ne-waza" aus methodischer Sicht ein wenig überlassen, wenn man das mal etwas zugespitzt ausdrücken darf. Das bedeutet, es wird aus methodischer und ergebnistechnischer Sicht keine Notwendigkeit für Kämpferinnen und Kämpfer in der Breite gesehen, sich näher mit effektiver Ne-waza zu beschäftigen. Vielleicht ist aber auch das schon eine traditionelle Entwicklung? Wo sind die Ne-waza-Spezialisten, die ganzen Teams ihre Fähigkeiten weitergeben? Aktuell kann man die im Wettkampf-Zirkus an einer Hand abzählen. Wir lernen aber auch aus dem zitierten Faden: Angeblich hat Kano keinen besonderen Wert auf Ne-waza gelegt, nun ja, vielleicht nicht ganz zu Unrecht: Möglichst hohe Effizienz, egal ob im Wettkampf oder anderen Situationen schließt ein, dass etwaige Kämpfe dort beendet werden, wo sie beginnen: mit Techniken auf zwei Beinen von Tori.

Im Übrigen laufen ja gerade die Europameisterschaften und die Deutschen Hochschulmeisterschaften. Als Beobachter kann ich konstatieren, dass eklatante, weitreichende Defizite in Ne-waza bestehen, das kann man ohne Umschweife festhalten. Es ist unter dem aktuellen Regelwerk der IJF offenbar unattraktiv, in Ne-waza zu arbeiten, Zeit zu investieren, Präzision und nicht zuletzt Expertise zu entwickeln.
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HBt.
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Beitrag von HBt. »

Hier noch ergänzend der Youtube-Kanal: https://www.youtube.com/@GATAMEJudo/videos


HBt.
(alles nicht wertend)

#
'CK' hat sehr prägnant ein traditionelles Training (in den 1990er Jahren) beschrieben und damit 'Caesars' Frage beantwortet. Namen sind ebenfalls genannt worden und 'tutor!' würde sogar einen Kontakt herstellen (bzw. vermitteln) - was will man mehr(?).

Ist dieser Faden damit bereits beendet oder können wir ihn unter der Rubrik Trainingsgestaltung weiterführen?
Zuletzt geändert von HBt. am 05.11.2023, 22:53, insgesamt 2-mal geändert.
HBt.
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Jeder kann zu Hause ...

Beitrag von HBt. »

das Synonym Kosen-Judo simulieren, auch bekannt unter dem Schlagwort Randori. Nun ist es einzig und alleine eine Frage der Führung - wie führe ich dieses Match?.

Erlaubt sind dabei auch gefährliche Techniken und Taktiken - eben all das Zeugs, das wir uns ja schon immer so sehr wünschten' aber die Kodokan-Regeln unterbinden. Ein Zeitlimit existiert nicht, eine Unterbrechung erfolgt nicht - Übergänge von Tachiwaza zu Newaza und umgekehrt führen zu keiner Unterbrechung des Geschehens. Nur ein Ippon kann das Match (nennen wir es Randori) beenden. Allerdings kann man auch aufgeben oder sich auf eine Vertagung einigen, ein zeitweiliges Unendschieden also. Falls ein Richter vor Ort sein sollte, könnte er dieses Unendschieden verkünden. Ganz böse wird die Simulation wenn man mit freiem, also nacktem Oberkörper ringt. Die Matte ist mittlerweile glitschig und man rutscht schnell auf den Schweißpfützen aus, es ist also klüger in ziemlicher Bodennähe zu ringen - jetzt zählt als Ippon auch nur noch ein erfolgreich verrengtes Gelenk oder eine herbeigeführte Ohnmacht durch entsprechende Würgetechniken ..!

Das ganze Szenario etwas moderater ausgeführt, mit sicheren Regeln und dem Wunsch im Fluss' mit permanentem Positionswechseln zu bleiben - zu lernen, nicht zu siegen ... ist vielleicht bereits eine optionale Form der Art Judo nach Kosen-Tradition zu praktizieren /zu simulieren. Außer es geht um den Sieg und der verkorksten Ansicht, dass es einen Überlebenden geben muss und eben nur EINEN geben kann - nämlich mich!

'Caesars' Eingangsfrage kann man ruhigem Gewissens mit einem Nein beantworten und trotzdem behaupten: es war sehr anstrengend, fordernd und hat mir trotzdem viel Freude bereitet. Ich bin glücklich und verletzungsfrei nach Hause gegangen.

Gruß,
HBt.
(Ich erkenne keinen Sinn in den kombinierten Eingangsfragen des Fadens!)

Anhängsel:
Aus Kanos Sicht wäre diese Simulation wahrscheinlich eine Begrenzung, eben doch nur noch ein Sport, der andere Entwicklungen, andere Aspekte und Ebenen nicht mehr zulässt - nicht fördert. Das alte Kosen-Regularium entwickelt zwangsläufig ein einseitiges Instrumentarium und führt damit vom Kodokan-Judo weg, auch wenn es natürlich nichts anderes als Judo ist - Teiljudo!? Alles ist nur eine Frage der Perspektive und der gewünschten Bandbreite. Justamente erinnere ich mich an eine meiner uralten Metaphern: was im Stand geht*, geht* auch im Boden! Warum sollte ich mich beschränken und Tachiwaza, explizit Nagewaza ausklammern? Es liegt auf der Hand, dass ich keine Wurftechnik applizieren kann, wenn ich beispielsweise in eine Guard gezogen werde oder aus einer Guard heraus ... Untermauert dieses Beispiel die Crux?

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