Traditionslinie

Hier geht es um die Geschichte und um Traditionen des Judo
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judoka50
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Re: Traditionslinie

Beitrag von judoka50 »

und man munkelt, daß unser alter "Reaktivator" auch darin einbezogen wurde. So leben die "tiefen Geheimnisse" dann auch im fernen Deutschland weiter....
Dann wollen wir mal hoffen, dass er noch lange lebt und sie hier weitergeben, niederschreiben, oder an jemand weitergeben kann, der sie niederschreibt. Dann wären sie zumindest schon mal ohne Umwege in deutscher Sprache für die Nachwelt erhalten.......... ;)
Viele Grüße
U d o
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kastow
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Re: Traditionslinie

Beitrag von kastow »

Gibt es eigentlich Textstellen, in denen Kanô sich zu Traditionslininen äußert? Er selbst erhielt bekannterweise Menkyo-Kaiden im Tenshin-Shin'yô-Ryu und dem Kitô-Ryu. Meines Wissens hat er selbst aber nie irgendwelchen Menyko-kaiden ausgestellt. Nun drängt sich mir die Frage auf, warum er an dieser Stelle mit dieser alten Tradition brach und was er an diese Stelle setzte. Das Graduierungssystem mittels der Gürtelfarben? Und ersetzt dieses Systen dann ebenfalls die Traditionslinien?
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
yag

Re: Traditionslinie

Beitrag von yag »

Lieber Kastow (jetzt ohne r),
darf ich Dich fragen was Traditionslinien im Judosport sind? Darf ich weiter fragen was ein Menkyo-Kaiden ist?

Für die Gürtelfarben war Meister Kawaishi verantwortlich.
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kastow
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Re: Traditionslinie

Beitrag von kastow »

Hallo Dieter,

Traditionslinie bedeutet, dass immer vom Lehrer zum Schüler Wissen weitergegeben wurde und so im Laufe der Generationen eine Reihe von Lehrern - eine Traditionslinie - entsteht. Konkrete Beispiele mit Namen findest du auf der ersten Seite dieses Themas.

Menkyo-kaiden war die schriftliche Lehrerlaubnis, die in den Koryu vergeben wurde.

Zu den Gürtelfarben empfehle ich dir folgenden Beitrag: http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... fe524ecb6c. Kurze Zusammenfassung: der Kôdôkan nutzte ursprünglich ein Dreifarbsystem (Weiß, Braun und Schwarz). In Europa erweiterte Koizumi (nicht Kawaishi) es dann auf die fünf dir bekannten Farben. Falls mir zu dieser vorgerückten Stunde ein Fehler unterlaufen sein sollte, bitte ich um Korrektur. Gute Nacht. :zzz
Herzliche Grüße,

kastow

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BadenIkkyu

Re: Traditionslinie- Gürtelfarben -

Beitrag von BadenIkkyu »

Bis dann der DJB das 9stufige System mit den halben Gürteln in Deutschland einführte, die bis zum 3. Kyu (Grün) gehen, ab da wieder "normal "
tutor!
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Re: Traditionslinie

Beitrag von tutor! »

kastow hat geschrieben:Gibt es eigentlich Textstellen, in denen Kanô sich zu Traditionslininen äußert? Er selbst erhielt bekannterweise Menkyo-Kaiden im Tenshin-Shin'yô-Ryu und dem Kitô-Ryu. Meines Wissens hat er selbst aber nie irgendwelchen Menyko-kaiden ausgestellt. Nun drängt sich mir die Frage auf, warum er an dieser Stelle mit dieser alten Tradition brach und was er an diese Stelle setzte. Das Graduierungssystem mittels der Gürtelfarben? Und ersetzt dieses Systen dann ebenfalls die Traditionslinien?
Schwierige Fragen. Zunächst einmal entpricht es auch meinem Kenntnisstand, dass Kano das Menkyo-System nicht weiterführte. Ein Text von ihm über Traditionslinien sind mir zumindest nicht bekannt, aber er hat hunderte von Aufsätzen geschrieben....

Kano wollte "sein" Judo als Massenbewegung erst in Japan, später international verbreiten. Dies tat er durch Ausbildung von Lehrern, die er "ausschickte", um Judo zu verbreiten. An der Akademie der Butokukei ("Busen") wurden spezielle Judo-Lehrer ausgebildet und "normale" Lehrer zu Judo-Lehrern fortgebildet. Wie deren Examen oder Lizenzierung aussah, weiß ich nicht. Aber es war ein institutionalisiertes Ausbildungssystem und keine traditionelle Weitergabe vom Meister zum "uchi-deshi", der dann irgendwann zum Nachfolger ernannt wurde.

Kano setzte auch sehr früh auf Medien, also Bücher und vor allem Zeitschriften, mit deren Hilfe er Judo verbreitete. Das System wandelte sich also fundamental, jedoch konnte damals wie heute natürlich nicht alles über Medien - und schon gar nicht mit der damaligen Technik - vermittelt werden, so dass wie heute ein guter Lehrer unersätzlich ist.

Die Traditionslinien dienten in alter Zeit dazu, sich als Nachfolger des Schulbegründers zu legitimieren. In einem Multiplikatorensystem macht dies so keinen Sinn mehr. Es gibt nicht mehr den "einen" Nachfolger, sondern jeder Lehrer hat viele Schüler, so dass sich statt einer Linie ein Baum entwickelt. Viele Leute haben darüber hinaus mehrere Lehrer, was ja durchaus Sinn macht.

Wir können uns nun als Zweige eines Baumes die Mühe machen, den Weg zur Wurzel zurück zu verfolgen. Der eine wird dabei feststellen, dass es dazu wenige Stationen gibt, andere haben viele Lehrer in der Kette, die bis Kano zurückreicht. Allerdings sagt dies nichts über die tatsächliche Authenzizität der Lehre aus. Oftmals machen die Schüler ja auch Dinge, die der Lehrer nie gutheißen würde.....
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
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kastow
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Re: Traditionslinie

Beitrag von kastow »

tutor! Verfasst: 15.06.2009, 23:16 hat geschrieben:Kano wollte "sein" Judo als Massenbewegung erst in Japan, später international verbreiten. Dies tat er durch Ausbildung von Lehrern, die er "ausschickte", um Judo zu verbreiten. An der Akademie der Butokukei ("Busen") wurden spezielle Judo-Lehrer ausgebildet und "normale" Lehrer zu Judo-Lehrern fortgebildet. Wie deren Examen oder Lizenzierung aussah, weiß ich nicht. Aber es war ein institutionalisiertes Ausbildungssystem und keine traditionelle Weitergabe vom Meister zum "uchi-deshi", der dann irgendwann zum Nachfolger ernannt wurde.
Die Lehrtätigkeit hing also offensichtlich nicht alleine von der Graduierung ab. Eigentlich kommt ein System mit verschiedenen ÜL-Ausbildungen und Lizenzen Kanôs Umsetzung formal doch sehr nahe. Es wäre sicherlich interessant zu erfahren, wie die Lehrer-Ausbildung des Butokukei im Detail aussah.
Spekulation meinerseits: Was diesem System sicherlich einen Vorteil zu den Koryu brachte, war die Möglichkeit, Teilbereiche (Ne-waza, Nage-waza, Kata, Goshin-jutsu, usw.) bei Spezialisten zu lernen. Die Schwächen einzelner Lehrer hingegen fielen nicht weiter ins Gewicht, da sie in diesen Bereichen gewiss nicht unterrichteten. Somit wurde für alle Bereiche der bestmögliche Lernerfolg möglich - solange das 'große Ganze' nicht aus den Augen verloren wurde. Eine Wirkung, die das Uchi-deshi-System nur Wenigen bei extremen Aufwand und Einsatz des einen Lehrers bot. Seiryoko-zenyo in der Lehrer-Ausbildung :D - vergleichbar den 36 Kammern der Shaolin ;)

tutor! Verfasst: 15.06.2009, 23:16 hat geschrieben:Kano setzte auch sehr früh auf Medien, also Bücher und vor allem Zeitschriften, mit deren Hilfe er Judo verbreitete. Das System wandelte sich also fundamental, jedoch konnte damals wie heute natürlich nicht alles über Medien - und schon gar nicht mit der damaligen Technik - vermittelt werden, so dass wie heute ein guter Lehrer unersätzlich ist.
Eine moderne Fortsetzung sollte also durchaus das Internet und Bild-Lehrmaterialien (z.B. DVD) unterstützend mit einbeziehen. Gerade letztere verhindern technische Fehlinterpretationen, die z.B. bei sparsam bebilderten Büchern gerne entstehen.
Herzliche Grüße,

kastow

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Re: Traditionslinie

Beitrag von tutor! »

Du sprichst einige interessante Punkte an.

Medien - Kano war übrigens kurze Zeit beim Erziehungsministerium in Japan angestellt und für die Prüfung - m.W. auch Zulassung - von Lernmitteln für den Schulunterricht zuständig/verantwortlich. Dies nur am Rande und ohne dass ich jetzt genaueres über die damaligen Verfahren in Japan wüsste.

Je mehr unterschiedliche Lehrer Du hast, desto mehr kannst Du von deren individuellen Stärken profitieren. Bist Du nur auf einen einzigen fixiert, hast Du diese Möglichkeit nicht. Auf der anderen Seite verderben auch hier viele Köche den Brei. Grundsätzlich gebe ich Dir recht: eine Gesamtplanung, die die Stärken der Lehrer bündelt, ist effektiver als der Versuch eines Einzelnen, Spezialist für alles zu sein.

Dennoch gibt es in Japan eine größere unmittelbare Bindung zwischen "Senior" und "Junior" z.B. durch das Kohei-Sempei-System, bei dem ein weiter Fortgeschrittener sozusagen der Betreuer des Jüngeren ist und auch für dessen Fortschritte eine Verantwortung trägt.

Auch dürfen wir Kano und Butokukai nicht vermischen oder gar gleichsetzen. Die Butokukai war der japanische Verband der Kampfkünste und der Kodokan "nur" ein Mitglied. Die Ausbildung dort bestand aus Judo und Kendo und war eine vierjährige Vollzeitangelegenheit. Der Kodokan entsandte Lehrer an die Akademie des Butokukai (Kurzname "Busen"). Der Hauptverantwortliche dort war H. Isogei, neben Nagaoka und Yamashita einer von nur drei Judoka, die Kano selbst zum 10. Dan graduiert hat.

Ich möchte hier an das schon öfter erwähnte Kanozitat vom "idealen Judolehrer" erinnern, das sinngemäß lautete, dass der ideale Judolehrer nicht nur technische Fertigkeiten der verschiedensten Arten haben muss, sondern auf mit modernen Unterrichtsmethoden vertraut sein muss und die Anwendung der Judo-Prinzipien im alltäglichen Leben vermitteln können muss.

Die Qualität der Judolehrer war Kano über das eigene kämpferische Können hinaus - nachzulesen z.B. bei Niehaus - immer ein Anliegen.
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Re: Traditionslinie

Beitrag von fergis »

Hallo wir sind ein Judoverein aus Griechenland, der Verein heißt Klitomaxos, ueber die Traditionslinie
koennen wir nachweisen, daß diese Traditionslinie bei unserem Verein existiert.
Mein Shihan heißt Papailiopoulos Christos, er ist 81 Jahre alt und er ist noch aktiv im Judo.
Also die Traditionslinie ist diese:
KANO > MIFUME > SAMURA > NAGAOKA > KUDO & KUAZUMI > KAWAISHI> KAWAMURA > NAGAOKA & DR. SUZUKI > PAPAILIOPOULOS CHRISTOS.
Mein Shihan Papailiopoulos war der Schueler von Kawamura, Nagaoka derjenige, der gestorben ist bei
einem Kampf, weil er einen Uchi-mata ansetzte und seine Wirbelsaeule sehr schwer verletzte und
deswegen sein Leben verlor. Der letzte Nagaoka ist nicht der selbe wie der erste.
Das ist diese Traditionslinie, die es bei unserem Verein gibt.

Doumas Alexandros.
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Re: Traditionslinie

Beitrag von tutor! »

fergis hat geschrieben:Hallo wir sind ein Judoverein aus Griechenland, der Verein heißt Klitomaxos, ueber die Traditionslinie
koennen wir nachweisen, daß diese Traditionslinie bei unserem Verein existiert.
Mein Shihan heißt Papailiopoulos Christos, er ist 81 Jahre alt und er ist noch aktiv im Judo.
Also die Traditionslinie ist diese:
KANO > MIFUME > SAMURA > NAGAOKA > KUDO & KUAZUMI > KAWAISHI> KAWAMURA > NAGAOKA & DR. SUZUKI > PAPAILIOPOULOS CHRISTOS.
Mein Shihan Papailiopoulos war der Schueler von Kawamura, Nagaoka derjenige, der gestorben ist bei
einem Kampf, weil er einen Uchi-mata ansetzte und seine Wirbelsaeule sehr schwer verletzte und
deswegen sein Leben verlor. Der letzte Nagaoka ist nicht der selbe wie der erste.
Das ist diese Traditionslinie, die es bei unserem Verein gibt.
.
Interessant! Dann war Dein Lehrer in den 1950er Jahren in Deutschland? Dr. Suzuki und Nagaoka waren Bundestrainer und das deutsche Judo hat den beiden sehr viel zu verdanken. Der Tod von Nagaoka war ein schwerer Verlust.

Vielen Dank für Deinen Beitrag!
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