Kanos Konzept zur Schulung des Intellekts durch Judo (1889)

Hier geht es um die Geschichte und um Traditionen des Judo
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tutor!
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Kanos Konzept zur Schulung des Intellekts durch Judo (1889)

Beitrag von tutor! »

Niehaus' Dissertation über "Leben und Werk Kano Jigoros - ein Forschungsbeitrag zur Leibeserziehung und zum Sport in Japan" ist leider derzeit vergriffen. Also nehme ich mir einmal die Zeit und schreibe eine Kurzzusammenfassung über das, was Niehaus über die Ausbildung des Intellekts durch Kodokan Judo zusammengetragen - vielleicht als Auftakt einer kleinen Serie über weitere Aspekte, die Niehaus behandelt. Ein paar kleinere eigene Anmerkungen erlaube ich mir einzufügen.

Kano hat 1889 mit zahlreichen Schülern vor hochrangigen Vertretern des Erziehungsministeriums eine Demonstration von Judo gegeben und dabei einen Vortrag "Über Judo allgemein sowie sein(en) Wert für die Erziehung" gehalten, der im Anhang von Niehaus' Arbeit fast vollständig ins Deutsche übersetzt abgedruckt ist (S. 268-294). Die Passagen über die Ausbildung des Intellekts befinden sich auf den Seiten 288-290. Niehaus selbst fasst die wesentlichen Inhalte von Kanos Gedanken auch unter Hinzuziehung weiterer Quellen auf den Seiten 235-238 zusammen.

Soweit die Vorbemerkungen, nun zum eigentlichen Inhalt, nämlich dem Beitrag zu ener Schulung des Intellekts durch Judo.

Kano nennt 6 Stufen bzw. Aspekte einer Ausbildung des Intellekts:
  • Beobachtung
  • Erinnerung
  • Überprüfung
  • Phantasie
  • Sprache
  • "Große Kapazität"
Beim Lernen von Techniken muss man - egal ob Anfänger, fortgeschrittener Schüler oder Meister (auch die sollen ja noch weiter lernen) - stes beobachten. Die Beobachtung bezieht sich dabei nicht ausschließlich auf Demonstrationen eines Lehrers, sondern ausdrücklich auch auf beobachten anderer Übender und Trainierender.

Beobachtung alleine kann aber noch keinen eigenen Fortschritt erbringen - man muss sich auch an das Beobachtete erinnern. Auf diese Weise wird das Gedächtnis geschult. Aus eigener Erfahrung kann ich anfügen, dass mit der Zeit eine besondere Form des Gedächtnisses entsteht, nämlich die Fähigkeit, ein visuelles (Ab-)Bild von Bewegungsabläufen zu speichern. Diese gespeicherten Bewegungsabläufe wiederum beeinflussen die Fähigkeit zum genauen Beobachten, da Wahrnehmung grundsätzlich von Aufmerksamkeit und Erwartung geleitet wird, die als eine Art Filter die sensorischen Informationen, die aktiv bei der Konstruktion einer Wahrnehmung zu einem Ab-Bild der Wirklichkeit verwendet werden, abhängig ist. Aufmerksamkeit und Erwartung sind aber von Vorerfahrungen und "gespeichertem Wissen" - also vom Gedächtnis - gelenkt.

Beobachtetes und Gespeichertes haben aber immer noch keine praktische Relevanz, wenn es nicht praktisch überprüft wird. Das Üben von Techniken wird also zu einem Akt der ständigen (Selbst-)Überprüfung, ob das, was man tut, auch das ist, was man machen soll. Für Kano geht die Überprüfung aber noch einen Schritt weiter: Er fordert ein gründliches Durchdenken von Situationen, um ein tiefes Verständnis zu erreichen - was aber immer wieder der Überprüfung in der Praxis standhalten und sich an ihr orientieren muss.

Zur nächsten Stufe ist es dann nur noch ein kleiner Schritt, wenngleich die Hürde groß ist: Probleme müssen mit Hilfe von Phantasie gelöst werden. Ist "Überprüfung" auch im Sinne von "Nachvollziehen" zu verstehen, kommt hier der Aspekt der Problemlösung hinzu. Heute würde man statt Phantasie wohl eher "Kreativität" sagen (BTW: es gab einmal in einer alten Ausgabe der Judo-Revue einen hervorragenden Artikel zu Kreativität im Judo-Unterricht). Gerade der Ausbildung der Phantasie/Kreativität weist Kano eine große Bedeutung zu und grenzt hier den Meister vom Schüler ab ("Kano wörtlich: Man entwickelt neue Ideen und wird Meister genannt").

Eine weitere Form der intellektuellen Schulung ist die Entwicklung sprachlicher Fähigkeiten, die Kano in erster Linie auf das Lehren bezieht. Wir dürfen hier nicht vergessen, dass Vorträge und "Frage und Antwort" Übungsformen des Judo waren/sind. Das Verbalisieren und der mündliche Austausch gehören zum Lehr- und Lernkonzept des Kodokan-Judo (im Gegensatz zu traditionellen Lernformen in den Kampfkünsten.) und zwar sowohl zwischen Lehrer - Schüler als auch der Schüler untereinander, wobei zu beachten gilt, dass es natürlich das Kohai/Sempai-System gab (ich verstehe hier beide als Schüler).

Schlussendlich sieht Kano auf der höchsten Ebene die "Große Kapazität". Sie beruht auf zwei Säulen: dem Neuen aufgeschlossen zu sein und die Fähigkeit zu besitzen, unterschiedliche Theorien verknüpfen, unterscheiden und schließlich zusammenfügen zu können. Dazu Kano mahnend:
  • "Aber wer seine Meinung zu stark beschützt, kann keine Fortschritte machen" (S. 289)
  • "Neues nicht abzulehnen, ist die erste Fähigkeit der großen Kapazität und für jeden Fortschritt wichtig" (S. 290)
[/i]
Letztlich kann man die "Große Kapazität" symptomatisch für Kanos eigenen Lebensweg sehen: stets war er neugierig auf Neues, stets hat er versucht, sich wissenschaftliche Erkenntnisse zunutze zu machen, niemals aber war er ein unkritischer "Aktualist", sondern stets ein Mann, der Neues mit Altem verknüpft hat und dabei beidem - dem Alten wie dem Neuen - kritisch gegenüberstand und es sorgfältig auf seine Prinzipien hin überprüfte. (BTW: für mich ist gerade diese Geisteshaltung der Grund dafür, dass Kano später auf der Suche nach Universalprinzipien war, die auf alle Lebensbereiche anwendbar waren - sie sollten schlicht die "ultimativen Kriterien" sein, an denen man sein Leben und seine Entscheidungen ausrichten konnte.)

Kanos Konzept der intellektuellen Schulung innerhalb der Leibeserziehung war revolutionär, vor allem für Japan seiner Zeit. Dass dies auch noch im Rahmen einer Kampfkunst stattfand, ist besonders bemerkenswert, da die Kampfkünste in dieser Zeit keine gute öffentliche Reputation hatten - und schon gar nicht in intellektueller Hinsicht.

Kanos Stufung findet durchaus Analogien in westlichen Lerntheorien, worauf ich jetzt aber nicht weiter eingehen möchte. Festhalten möchte ich aber, dass Kano mit der Einbeziehung intellektueller Schulung Judo und seine Praxis in eine neue Dimension gehoben hat:
  • Judo als Gegenstand "wissenschaftlicher" und problemorientierter Betrachtung (physiologisch, medizinisch, biomechanisch),
  • Judo lernen als "sich üben in intellektuellen Methoden" (Wolfgang Hofmann sprach folgerichtig immer von "studieren" einer Technik, einer Kata oder von Judo insgesamt)
  • Judo vermitteln als Unterstützung der Entwicklung des Intellekts
Der letzte Punkt hat natürlich Konsequenzen für die Anforderungen an Judo-Lehrer und damit an ihre Ausbildung. Dies ist zwar ebenfalls bei Niehaus thematisiert, sprengt aber erstens den Rahmen dieser kleinen Zusammenfassung und gehört zweitens eher in das Unterforum zur Trainingsgestaltung.
Zuletzt geändert von tutor! am 27.12.2008, 15:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kanos Konzept zur Schulung des Intellekts durch Judo (1889)

Beitrag von Mitesco »

Danke Tutor! daß du uns alle nochmals aufmerksam gemacht hast auf die Lehre Kanos im Rahmen der intellektuellen Bildung und das ausgezeichnete Buch von Niehaus. Leider ist es schon ein bisschen vergessen, und vielleicht auch weil manche Judoka gerade ein bisschen zu wenig intellektuelles Interesse haben, so ein schönes Buch zu lesen.

Unglaublich daß die Dissertation des Andreas Niehaus schon jetzt nicht mehr lieferbar sei! Ich hatte es nicht bemerkt, da ich es nicht mehr zu kaufen brauche.

Deine Zusammenfassung ist richtig. Das ganze Traktat Kanos ist aber so viel umfassender. Es wäre schön, wenn einer es einfach irgendwo ins Internet stellte...
Eine Art Zusammenfassung im Englischen ist im Internet überall zu finden, wie auch auf meiner Webseite http://mitesco.awardspace.com/index-de.htm , Menü 'Erziehung'. Es ist "The Contribution of Judo to Education" aus 1932, kürzer und später also.

In Mind over Muscle, S. 113-121 findet man dieselbe Elemente, welche du erwähnst, und meiner Meinung nach sogar knapper. Was ich in Mind over Muscle besser finde (reifer), ist die Verbindung mit Saki o Tore (anticipating) und Jukuryo Danko (decisive action after careful consideration) und Tomaru tokoro o shire (know when to stop). Kano macht dabei sozusagen die Verbindung zwischen Intellekt und Handeln. Ich habe das alles selber zusammengefasst auf meiner Webseite, Menü 'Strategie'. Das Meiste auf Englisch...
Ich denke, daß es für Kano wesentlich logisch ist, das Prinzip des Jukuryo Danko (denken+handeln) und die komplette Beherrschung des Menschseins intellektuell zu unterstützen, also auch genau wissen, wenn man aufhören sollte: Balance zwischen handeln und nicht handeln. Seine Philosophie war ja geprägt vom Utilitarismus, also in erster Linie praktisch gemeint. Intellektuelle Kapazitäten sind nur nützlich, wenn sie auch angewendet werden, auf der Tatami und im Leben des Alltags. Gerade in diesem Zusammenhang sieht man wie die Interesse Kanos für Judo und die ganze Welt auch ein wissenschaftliches/psychologisches Fundament hat, und Balance nicht nur mit Kuzushi im technischen Sinne zu tun hat.

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Re: Kanos Konzept zur Schulung des Intellekts durch Judo (1889)

Beitrag von tutor! »

Hallo Mitesco,
ich finde so faszinierend, dass Kano bereits 1889 ein umfassendes Konzept zur Ausbildung kognitiver Fähigkeiten im Rahmen einer Leibeserziehung vorlegen konnte! Dieses Konzept hat unmittelbar Implikationen für die Unterrichtsgestaltung, die systematisch:
  • Beobachtung als Fähigkeit schulen muss,
  • das Gedächtnis fordern muss
  • Raum zu Erproben geben muss
  • Probleme stellen und zu deren selbstständiger Lösung animieren muss
  • sprachliche Kommunikation herstellen und entwickeln muss
  • umfassendere theoretische Überlegungen und Diskurse einbeziehen muss
Die von Dir angesprochenen Prinzipien stellen wie Du schreibst eine Verbindung zwischen Intellekt und Handeln dar und werden bei Kano in seinem Vortrag aus 1889 als Anwendung im System der Moral und folglich bei Niehaus unter "Das Judo-System der Moral" behandelt wird. Letztlich handelt es sich wie Niehaus schreibt um die "Übertragbarkeit theoretischer Grundlagen und Handlungsmuster aus der spezifischen Kampfkunst (Anm.: dem Judo) auf den allgemeinen Gesellschaft und politischen Kontext (S. 233)". Es sind die Prinzipien:
  • Man muss die Beziehung zwischen dem Selbst und der Umwelt beachten
  • Komme dem Gegner zuvor
  • Reifliches Überlegen und entschlossenes Handeln
  • Kenne die Grenzen
Diese Prinzipien verweisen mehr in eine inhaltliche Dimension des Judo - nämlich wie wir kämpfen - und in der Übertragung auch auf unser Handeln im gesellschaftliche Leben. Der Kampf wird dabei als eine Art Mikrokosmos gesehen, der nach ähnlichen Mechanismen funktioniert, wie die Gesellschaft als Ganzes. Somit bereitet das Studium des Kampfes auf die Bewältigung der Anforderungen der Gesellschaft vor. Deutlich scheint hier der Einfluss Spencers in Kanos Denken durch.

Was mir noch wichtig ist: Wir befinden uns immer noch im Jahr 1889! Später gab es natürlich Verfeinerungen...
Zuletzt geändert von tutor! am 29.12.2008, 10:23, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kanos Konzept zur Schulung des Intellekts durch Judo (1889)

Beitrag von Mitesco »

Hallo Tutor!

Du hast vollkommen recht. Historisch ist es sogar super-interessant, weil manchmal behauptet wird, Kano hätte eine Art persönliche Entwicklung seines Denkens, und obwohl das selbstverständlich wahr ist, wenn wir beachten, daß er ein Genie war, ist es nicht so, daß er etwa erst um 1920 eine Art 'Reifheit' entwickelt hatte, wenn er z.B. zum ersten Mal die Idee von Jita Kyoei verbreitet. Alles war schon da, seine Ideale, und damit auch diese frühe intellektuelle Anwendung von Seiryoku Zenyo. 1889.

Wobei Niehaus selbstverständlich die Leibeserziehung geforscht hat, und ich mehr die Philosophie bevorzuge. Darin war Kano übrigens nicht originell, nur die Anwendung auf eine Kampfkunst.

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Re: Kanos Konzept zur Schulung des Intellekts durch Judo (1889)

Beitrag von tutor! »

An anderer Stelle habe ich darüber geschrieben, dass mich brennend interessieren würde, ob Kano die Schriften von GutsMuths (1759-1839, mehr unter http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Chr ... _GutsMuths) kannte, da dessen Konzept der Leibeserziehung auffällige Parallelen zu Kanos Konzept aufweist. In Bezug auf die intellektuelle Schulung habe ich bei GutsMuths folgendes Zitat aus seinem Spielebuch von 1796 gefunden:

Die Tätigkeit des Geistes, die ohne Ausnahme bei allen Spielen stattfindet, wirkt durch die verschiedenen Erkenntniskräfte, bald durch die Phantasie, bald durch das Gedächtnis, bald durch den Witz usw. Wenn auch diese Kräfte in ihren Äußerungen nie völlig getrennt erscheinen, sondern, wie die Teile einer Maschine, immer in einer gewissen Verbindung wirken, so zeigt sich doch bald diese, bald jene allein, oder mit einer anderen gemeinschaftlich vorzüglich wirksam.

Hierdurch entstehen die verschiedenen Ordnungen der Spiele, nämlich:
1. Spiele des Beobachtungsgeistes und des sinnlichen Beurteilungsvermögens,
2.. Spiele der Aufmerksamkeit,
3. Spiele des Gedächtnisses,
4. Spiele der Phantasie und des Witzes,
5. Spiele des Verstandes und der höheren Beurteilungskraft,
6. Spiele des Geschmacks.

http://www.sportpaedagogik-online.de/gu ... z.html#ein (vorletztes Zitat)

Zum Vergleich noch einmal Kanos Stufung:
1. Beobachtung
2. Gedächtnis
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4. Phantasie
5. Sprache
6. "Große Kapazität"

Ist das nicht frappierend? Wir schreiben immerhin erst das Jahr 1889!
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Re: Kanos Konzept zur Schulung des Intellekts durch Judo (1889)

Beitrag von Mitesco »

Interessant wäre, in wiefern z.B. Herbert Spencer (wovon man weiß Kano sei von ihm beeinflusst) auch diese Texte von GutsMuth gekannt hat. Vielleicht weiß Andreas Niehaus mehr darüber. Beobachting und Aufmerksamkeit sind jedenfalls Elemente die, soviel ich weiß (nicht viel) auch bei Spencer wichtig sind. Das Buch 'Education: Intellectual, Moral, and Physical' ist übrigens immer noch zu bekommen über z.B. Amazon.com... Ich denke, daß du - wenn du weiter forschen willst - gerade in jenem Buch die wichtgste Einflüsse auf Kano finden wirst. Und das Buch Spencers war 1880 in Japan bekannt, so behauptet Niehaus.

Trotzdem, sehr interessante Ergebnisse, Tutor!

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Re: Kanos Konzept zur Schulung des Intellekts durch Judo (1889)

Beitrag von tutor! »

Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten.

Es könnten voneinander unabhängige Parallelentwicklungen sein, aber dafür sind die Übereinstimmungen verblüffend groß. Auch wenn es Parallelentwicklungen wären, bliebe der offenbar ähnliche Denkansatz GutsMuths und Kanos äußerst bemerkenswert - noch dazu, wo GutsMuths über Pädagogik der Spiele und Kano über Judo reflektiert hat.

Die japanische Leibeserziehung dieser Zeit ist nach Niehaus sehr aus Richtung Amerika beeinflusst, die allgemeine Erziehungslehre jedoch an Herbart (Deutschland) orientiert. Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, welche Anregungen Kano von wem und wodurch erhalten haben könnte (oder auch nicht). Wenn ich mir aber die Schilderungen von Niehaus zu den Inhalten der Leibeserziehung in Japan vor 1890 anschaue, dann bezweifle ich, dass GutsMuths Gedanken dort Fuß gefasst hatten. Allerdings nennt Niehaus ein japanisches Buch zur Methodik der Freiluftspiele - ein Gebiet, dass GutsMuths ja besonders wichtig war. Aber da kann auch etwas völlig anderes drin stehen....

Und Spencer wäre wieder eine andere "Ecke".

Vielleicht liest ja einer unserer Nachwuchsjudoka hier mit und überlegt sich, daraus ein Thema für eine Facharbeit zu machen.
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