Tipps: Den Gegner ausschalten

Hier geht es um die Wettkampforganisation und um Fragen zu den Wettkampfregeln
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Peter el Gaucho
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Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Peter el Gaucho »

Zur Zeit probiere ich einiges aus und würde gerne von euch ein paar eigene Erfahrungen dazu bekommen.

1. Gedanke: Wenn der Gegner seinen starken Arm (beim Rechtskämpfer der rechte Arm, beim Linkskämpfer der linke Arm) nicht frei bewegen kann, dann hat er es ziemlich schwer, mich mit einer Wurftechnik anzugreifen.

2. Gedanke: Die freie Beweglichkeit des Arms wird technisch eingeschränkt, indem ich die Beweglichkeit seines Ellenbogengelenks oder seines Schultergelenks einschränke.

3. Gedanke: Ich muss eine Kumi-kata wählen, mit der ich mich normal bewegen kann und mit der "ganz nebenbei" die Bewegung des gegenerischen Ellenbogen- oder Schultergelenks eingeschränkt wird, z.B. durch Beugen des Gelenks, durch Anheben des Gelenks oder durch nach außen verdrehen des Gelenks. ACHTUNG: Nicht gemeint ist ein Hebeln des Arms im Stand!!!!

Dazu habe ich einige Grifftechniken ausprobiert, mit denen das oben genannte klappt. Was meint ihr grundsätzlich zu diesem Gedanken und gibt es noch andere Ideen, Techniken oder Formen? War das schon alles oder gibt es dazu noch wesentlich mehr zu sagen?
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Peter el Gaucho
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Peter el Gaucho »

Bisher gab es noch keine Diskussionsbeiträge zu meiner Frage. Darum eine kleine Ergänzung:

Es geht hier um nichts Spezielles, sondern um eine Standardsituation. Jeder, der einen Judokampf beginnt, steht sofort in dieser Situation und muss nun reagieren. Wie reagiert ihr ganz konkret?

Macht man gar nichts, dann kann der Gegner mit seinen Armen ganz frei agieren und die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass man gleich geworfen wird. Ganz ähnlich wie im Boxkampf: Nehme ich meine Armdeckung nicht hoch, dann folgt in den nächsten 3 Sekunden der Knock-out.

Das andere Extrem ist, dass einige Judoka versuchen, mit maximaler Kraftanstrengung die Arme des Gegners am freien Bewegen zu hindern. Ergebnis: Bumerang-Effekt! Nicht nur der Gegner wird gehindert, sondern man blockiert sich selbst daran, sich frei bewegen zu können. Es kommt zu keinem Wurf, eher zum Fallen auf Versehen und am Schluss sind beide total müde. Einsatz = 100% und Ergebnis = 0%

Also irgend etwas macht ihr doch im Judokampf, um mit dieser Standardsituation umzugehen? Eine Möglichkeit ist so zu handeln, wie ich es beschrieben haben.
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Shinbashi
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Shinbashi »

Warum willst du den Gegner einschränken / blockieren? Lasse ihn doch was machen und reagiere darauf - bzw. bewege dich so, daß er sich bewegen muss, um dich angreifen zu können.
Die Situation hast du einkalkuliert und haust ihn mit deiner Technik weg. Leute, die mit Armkraft die Leute "niederknechten" wollen, schränken sich nur selbst ein.
Gruß
Shinbashi

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Peter el Gaucho
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Peter el Gaucho »

Das ist schon richtig, Shinbashi, was du geschrieben hast. Es gibt verschiedene Strategien, wie man mit einem Gegner umgehen kann. Deine Strategie ist ganz klar eine Möglichkeit. Du hast Recht und es gibt auch dafür die passenden Situationen im Kampf, wann man genau deine Strategie sinnvoll anwenden kann.

Die von mir genannte Technik ist etwas für eine andere Situation und damit für eine andere Strategie: die "Strategie des Beherrschens". Diese würde man anwenden, wenn man einen Gegner vor sich hat, der einem überlegen ist, weil er zwei oder drei Wurftechniken super schnell ausführen kann. Das geht oft schneller als man denkt. In diesem Fall wäre es sehr riskant, ihn machen zu lassen was er will, denn genau das will er und das braucht er. Ob ich mit meinem eigenen Wurf noch schneller sein kann als er, der schon schnell ist, das ist die große Frage. Darum die Überlegung, in diesem Fall zuerst seine Arme ohne große Kraftmeiereien (!!) anzugreifen, damit er genau diese überlegenen Wurftechniken nicht ausführen kann. Damit übernehme ich die geistige Führung im Kampf und kann dann aus einer deutlich sichereren Situation heraus meinen eigenen Wurf machen.

Es kommt in jedem Turnier vor, dass deine Schüler auch mal einen überlegenen, erfahreren Gegner vor sich haben. Dann brauchen sie von ihrem Trainer eine "Marschrichtung", damit sie nicht so schnell untergehen.
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Jupp
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Jupp »

Hallo Peter el Gaucho,

ich möchte Dir allgemeiner antworten, als Du vielleicht erwartest.

Wenn man seinen eigenen Kämpfer auf einen möglichen Gegner einstellen will, dann gibt es zunächst die "groben" Anhaltspunkte, über die man den eigenen Kämpfer informiert:
a) In welcher Auslage kämpft Deine Gegner? (Rechtsauslage oder Linksauslage)
b) Welchen Griff bevorzugt er? (Wo greift er mit der rechten Hand? Wo greift er mit der linken Hand?
c) Was sind seine Spezialtechniken?
d) In welche Richtung bewegt er sich, wenn er seine Spezialtechniken ansetzt?

Wenn man das alles weiß, dann kann man
a) den eigenen Kämpfer kurzfristig darauf einstellen, d.h. vor dem nächsten Kampf gegen diesen Gegner, indem man ihm empfiehlt, einen bestimmten eigenen Griff (zuerst?) aufzunehmen, bestimmte Techniken anzusetzen und sich (und den Gegner) in bestimmte Richtungen zu bewegen bzw. sich nicht in bestimmte Richtungen zu bewegen.

b) Wenn man den Gegner kennt und weiß, dass man (vermutlich) beim nächsten Turnier gegen ihn kämpfen wird, dann kann man über (eventuell vorhandene) Videoaufnahmen genauer analysieren, was zu tun ist, um mit den eigenen Stärken zu gewinnen und nicht dem Gegner seine Stärken zu ermöglichen.

Dies funktioniert jedoch nur, wenn der eigene Athlet schon über umfangreiche Kampferfahrung verfügt und eine gutes und erprobtes technisch-taktisches Repertoire hat.

Die von Dir geschilderte Situation unerfahrener eigener Athlet gegen erfahrenen gegnerischen Athleten gibt es zwar, aber sich für eine solche (sehr seltene) Kampfsituation technisch-taktisch vorzubereiten, ist aus meiner Sicht nicht sehr produktiv. In einem solchen Fall ist es sicherlich besser, den eigenen Athleten auf seinem Weg zu einem zu ihm passenden technisch-taktischen Konzept weiter zu unterstützen und eventuell in Kauf zu nehmen, dass er gegen einen erfahrenen und im Griff und der Technik überlegenen Gegner verliert, als viel Energie auf ein Konzept zu verwenden, dass eigentlich nur sehr selten zum Einsatz kommt.

Eine "Strategie des Beherrschens" eines Gegners kenne ich eigentlich nicht. Sie kann sich nur entwickeln, wenn der Niveauunterschied zwischen den Übungspartnern oder Gegnern zu groß ist, was bei Meisterschaften vorkommt, aber dann eben auch zu einem zumeist klaren Ergebnis führt, wenn der überlegene Kämpfer nicht zu überheblich in eine "Falle" läuft.

Jupp
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Peter el Gaucho
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Peter el Gaucho »

Vielen Dank Jupp für deine Ausführung. Das freut mich sehr.

Gerne gebe ich dir folgende Infos dazu, was unter dem Begriff "Strategie des Beherrschens" gemeint ist:

Bei der Strategie der Beherrschung besteht der „möglichst wirksame Gebrauch von Geist und Körper“ (= seiryoku-zenyo) darin, über die gesamte Handlungskette von Kampfbeginn bis zum Sieg den Gegner in dessen Handlungs- und Bewegungsfreiheit ununterbrochen präventiv so einzuengen, dass dieser seinen Kampfstil gar nicht entfalten kann und Tori aus dieser Situation der totalen Kontrolle (Restriktion) seinen eigenen Wurfangriff starten kann.

Bei dieser Strategie ist Tori risikoscheu. Auf der einen Seite darf der Gegner zu keinem Zeitpunkt seinen Kampfstil entfalten dürfen, was bereits damit beginnt, dass all dessen Griffe unwirksam gemacht werden (viel Griffkampf). Auf der anderen Seite will Tori aber selbst zu jedem Zeitpunkt handlungsfähig sein, um im geeigneten Moment angreifen zu können. Je nachdem was sein Lieblingswurf (Tokui-waza) ist, muss Tori eine bestimmte Distanz erreichen und einen bestimmten Griff einnehmen. Dazu geht er Schritt für Schritt sehr planvoll vor und handelt in jedem Moment sehr konsequent. Dies ist in Toris Sinn eine Optimierung des Zweikampfes.

Im Judokampf sind typische Aktivitäten dieser Strategie:
- Da in der Regel Tori und Uke gleichzeitig den Grifferöffnungskampf beginnen, muss Tori seinen starken Arm offensiv und gleichzeitig seinen schwachen Arm defensiv einsetzen, damit Uke Angriffsinitiative entweder ins Leere läuft oder dessen starker Arm sofort unterdrückt wird. Den gegnerischen starken Arm zu unterdrücken, ist wichtiger als den finalen Spezialgriff zu erreichen.
- Häufig bewegt Tori sich wenig, hat eine eher starre Körperhaltung und macht alle Aktionen von einer Stelle aus. Er ist damit hoch konzentriert, die Mitte des Kampfgeschehens zu beherrschen und mit seinen Armen und Griffen dem Gegner keine Möglichkeit zu geben, seine Arme und Griffe offensiv und für einen Wurfangriff einsetzen zu können. Dieser Kampfstil ist physisch sehr belastend. Kraft, Timing und Aufmerksamkeit sind sehr wichtig.
- Der Gegner kann durch das Dominieren beherrscht werden, muss aber nicht zwingend sein für diese Strategie. Der gegnerische starke Arm kann auch einfach sehr beschäftigt werden, um ihn in seiner Handlungsfreiheit einzuschränken.
- Aus der Langdistanz heraus geht Tori unauffällig mit einem halben Schritt vorwärts und dem Beugen beider Arme in die Halbdistanz über. Erst in der Halbdistanz wird Tori seine finalen Griffe einnehmen, die er für seinen Wurf benötigt. Ist das erfolgt, startet er sofort seinen Wurfangriff, weil er in der Halbdistanz keinen weiteren Anpassungsschritt mehr benötigt. Besonders geeignet sind Würfe der Gruppe Ashi-waza.

Typisch ist, dass der Anwender dieser Strategie der Beherrschung klare Handlungen und Ziele für jede der vier Distanzen im Judokampf hat:
Weite Distanz: Zone des Suchens der Griffe (offensiver und defensiver Arm)
Langdistanz: Zone der Führung und Kontrolle (Restriktion), Situationsvorbereitung
Halbdistanz: Zone der Entscheidung: Lücke suchen und finale Griffe einnehmen
Nahbereich: Zone der Wurfausführung

Unterschiede zu anderen Strategien:
Im Gegensatz zu einem Überraschungsangriff wird der Gegner nicht überfallartig angegriffen, sondern ganz im Gegenteil, es wird mit sehr viel Ruhe und wenig Bewegung gekämpft.
Gemeinsam mit der „Strategie des Pressings“ ist die Absicht, den Gegner von Anfang an daran zu hindern, sich frei bewegen und entfalten zu können. Das wird aber im Gegensatz nicht mit möglichst viel Druck, sondern mit möglichst viel Kontrolle (Restriktionen) gemacht.
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Fritz
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Fritz »

@Peter el Gaucho: Klingt nach vielen Shidos ...

Solche Strategien kannst Du sicherlich mit 'nem sehr erfahrenen Judoka machen.

Bei Leuten "in Judo-Ausbildung" machst Du damit komplett das kaputt, was Judo ausmacht, befürchte ich ...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Peter el Gaucho
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Peter el Gaucho »

Fritz du hast Recht, es ist eine Strategie für Erfahrene. Das bringe ich den weniger erfahrenen Judoka sicherlich nicht bei. Sie sollen mit anderen, weniger komplizierten Strategien kämpfen ... oder einfach ohne irgendeine Strategie, was viele Leute auch tun. Geht ja auch.

Nur es ist nicht meine Absicht, das Judo irgendwie kaputt zu machen, die Kreativität zu nehmen oder die Freude an Bewegung & Kampf. Das was ich dargestellt habe, ist nicht mein "Bild von Judo", sondern ist nicht mehr als eine rein deskriptive Darstellung was man auf Turnieren sehen kann. Es ist die Formulierung mit Worten, was andere machen und sie nicht so genau formulieren. Beispielweise kann man diese Art der Kampfführung bei Teddy Riner sehen. Klar ist, dass seine Kämpfe nicht von Schönheit geprägt sind, aber manchmal kommt es nicht auf Schönheit an, sondern nur auf das Ergebnis. So ist es auch in anderen Sportarten. Wenn der FCB mit 1:0 die Champeons-Liga gewinnt, dann ist es ein Erfolg, egal ob man vorher 90 Minuten mit dem Ball ästhetisch gezaubert hat oder nicht.

Es gibt selbstverständlich auch weitere Strategien und völlig andere Strategien, die man anwenden kann. Die einfach hübscher anzusehen sind. Welche man eine Strategie auswählt, dann hängt das von ganz vielen Faktoren ab. Es gibt keine Strategie, die die Beste ist. Da muss man einfach kreativ sein: Es gibt Strategien, Gegenstrategien, Strategiewechsel und Hybridstrategien. Ein weites Feld also ..........

Ich wollte nicht mehr machen, als eine rein deskriptive Darstellung einer Strategie von vielen Strategien im Judo und diese konkretisieren mit konkreten Techniken. Also ganz unabhängig davon, ob mir diese Strategie gefällt oder nicht. Denn ich bin der Meinung, wenn man von Strategien im Judokampf spricht, dann sollte man das auch konkretisieren, egal ob man diese Strategien anwenden möchte oder nicht. Es ist einfach nur ein technisches Basiswissen einer Sportart, wie man es auch in anderen Sportarten kennt.

Aber deine Befürchtungen Fritz teile ich absolut. Den Spaß am Judokampf und die Kreativität sollte man sich nicht kaputt machen. Die Strategie darf natürlich nicht so konkretisiert werden, dass man damit vier Shidos in sehr kurzer Zeit sammeln kann. Dann wäre das ziemlich kontraproduktiv.
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Jupp
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Jupp »

Hallo Peter el Gaucho,

ganz allgemein kann man über Strategien sagen, dass man Kämpfe gewinnt, indem man seine Stärken einsetzt und seine Schwächen (falls vorhanden) möglichst verbirgt.

Wenn man es schafft (durch z.B. Videoanalysen oder am konkreten Kampftag durch Beobachtung) die Stärken und Schwächen eines Gegners genau zu analysieren, dann kann man versuchen, dessen Stärken möglichst zu neutralisieren und dessen Schwächen (falls vorhanden) zu nutzen.

Das, was man als Stärke/Schwäche bezeichnet bzw. erkennt, ist jedoch immer ganz individuell, d.h. nur beim jeweiligen Gegner festzustellen.

Allgemeine Strategien haben den Nachteil, dass man sie in konkreten Situationen nur insoweit nutzen kann, als sie zu den jeweils Handelnden auch passen.

Mit anderen Worten: Den vielfachen Schwergewichts-Weltmeister Teddy Riner als Beispiel für eine bestimmte Strategie zu nehmen ist aus meiner Sicht ziemlich gewagt, denn der ist nicht Weltmeister und Olympiasieger geworden, weil er eine besonders geschickte Strategie hätte (das wohl auch!), sondern weil er den anderen körperlich, technisch und (zugegeben) auch taktisch überlegen ist. Er bringt eben die körperlichen, koordinativen, mentalen und emotionalen Voraussetzungen mit, um sich auch gegen stärkste Gegner durchzusetzen.
Diejenigen, die gegen ihn verlieren, tun dies nicht wegen der schlechteren Strategie, sondern weil sie ihm in einem oder mehreren Aspekten unterlegen sind, also nicht genügend Stärken haben, während Riner ziemlich wenig Schwächen hat.

Wenn es also für den jeweiligen Athleten hilfreich sein soll, ihn taktisch/strategisch auf einen Gegner einzustellen, so ist es in erster Linie wichtig, die Stärken und Schwächen des eigenen Kämpfers zu kennen und mit denen des Gegners abzugleichen. Daraus kann man dann einen konkreten Handlungsplan für einen konkreten Kampf entwickeln.

Allgemeine Handlungspläne (Kampfstrategien) entwickelt man bei der individuellen Zusammenstellung der Techniken, die zum jeweiligen Athleten passen.

Jupp
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Peter el Gaucho
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Peter el Gaucho »

Ursprünglich ging es nur um eine technische Frage. Daraus ist eine muntere Diskussion um das Thema Strategien geworden. Das ist auch o.k., weil in diesem Forum nach meinem persönlichen Eindruck sehr wenig über dieses zentrale Thema im Kampf diskutiert wird.

Gibt es hier auch Judoka, die auf der Matte Kämpfe austragen und aus ihrer eigenen Erfahrungen etwas berichten können. Bisher sprachen nur Trainer. Das ist ein Punkt der Sicht, aber wir brauchen auch die Sicht der Leute, die diese Strategien konkret auf der Matte umsetzen.
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von guk »

Peter el Gaucho hat geschrieben:Gibt es hier auch Judoka, die auf der Matte Kämpfe austragen und aus ihrer eigenen Erfahrungen etwas berichten können. Bisher sprachen nur Trainer.
Die meisten Trainer haben durchaus auch mal selber mit rotem Gürtel auf der Matte gestanden. Viele tun das auch noch, wenn sie älter sind. ;)
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Kumamoto »

@ Peter El Gaucho:

Als ehemaliger Kämpfer (A- Jugend) kann ich Dir folgendes sagen:

Mein Ziel war es immer, MEINEN Kampf zu kämpfen, d.h. den Gegner erst garnicht dazu kommen zu lassen, mir SEINEN Kampf(stil) aufzudrängen.
Geeignetes Mittel für mich war es stets, MEINEN Griff zu finden, bevor der Gegner SEINEN anbringen kann.
Daher war oberstes Ziel, selbst in eine günstige Wurfsituation zu kommen, nicht die günstige Wurfsituation des Gegners zu verhindern...
Du gewinnst ja auch kein Fußballspiel, wenn Du den Gegner am nur Toreschießen hinderst ;-)
Du kannst Dich zwar mit 11 Mann auf die Torlinie stellen und auf Konter hoffen, aber das geht immer schief! Wichtig ist es, eigene Freiräume zu nutzen und sich selbst Chancen zu erarbeiten - von der puren Vereitelung von Chancen des Gegners hat noch kein Verein die Klasse gehalten.
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von Peter el Gaucho »

Danke Kumamoto ! Das sind klare Worte !! Super !!!

Ich denke Kumamoto, du triffst drei ganz wichtige Punkte im Standkampf (tachi-waza):
1.) den eigenen Kampfstil durchsetzen,
2.) die eigenen Griffe durchsetzen,
3.) in die günstige Wurfposition kommen oder sie herstellen.
Gerne möchte ich noch einen vierten Punkt ergänzen:
4.) der richtige Zeitpunkt der Angriffsinitiative (mitsu-no-sen).
"Timing" ist immer ein wesentlicher Erfolgsfaktor, egal ob im Judo, in den anderen Kampfsportarten oder im Straßenkampf .... auch im Fußball.

Ich denke auch deine zweite Klarstellung ist eindeutig und bedarf keiner Erläuterung. Ein Ippon wird man vom Kampfrichter nur für einen eigenen Wurf bekommen. Nirgends steht im Regelwerk, dass es ein Ippon auch für die erfolgreiche, präventive Verhinderung des gegnerischen Wurfs gibt. Folglich kann es auch niemals ein Ziel irgendeiner Strategie sein - egal welche - einen Ippon nur durch Wurfverhinderung zu erzielen. So kann man nie einen Kampf gewinnen und auch kein Fußballspiel mit 11 Mann auf der Torlinie. Eine solche Strategie wäre ein absolutes Absurdum. Das ist eine Selbstverständlichkeit.

Gibt es von anderen Judoka noch weitere hilfreiche praktische Erfahrungen im strategischen Gestalten eines Judokampfes?
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Re: Tipps: Den Gegner ausschalten

Beitrag von IKKZ »

Ich setze mal voraus, dass klar ist, dass sich dazu am besten ein dominanter Griff (2:1 oder 2:0) eignet.

1. Wenn du die Wurfrichtung des Gegners kennst, bewege dich entgegengesetzt. Vor allem Seoi-nage-Werfer kommen damit oft nicht klar.
2. Bei klassischen Kämpfern mit Revers-Griff, hol dir den inneren Griff.
3. Doppel-Revers-Griff.... sehr nützlich, daraus kannst du aber selbst nicht viel machen... benutze es weise.
4. Aktivität "vortäuschen".... Vor allem Hobbysportler sind meist überfordert, wenn der Gegner scheinbar am Angreifen ist, warten ab, konzentrieren sich darauf, gleich was blocken zu müssen --> also kleine Fußtechniken ansetzen, ordentlich bewegen und viele Finten bringen

LG
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