Stellungnahme von Stephan Bode zu den Beinfasstechniken

Hier geht es um die Wettkampforganisation und um Fragen zu den Wettkampfregeln
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Christian
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Stellungnahme von Stephan Bode zu den Beinfasstechniken

Beitrag von Christian »

Beinfasstechniken
Stellungnahme von Stephan Bode

Da es immer noch einige Missverständnisse gibt was die Beinfasstechniken in der U 11 und U 14 angeht, hat Bundes-KR-Referent Stephan Bode nochmals eine Erklärung dazu abgegeben:

Liebe Sportkolleginnen und Kollegen,

aus gegebenem Anlass möchte ich nochmals zum Punkt 3.12.5.2 der WKO (Verbot von Beinfasstechniken als Angriffstechniken) Stellung nehmen.
Alle Techniken wie Ryo-ashi-dori, Koshiki-daoshi, Te-gurumu und ähnliche sind verboten, wenn dabei zuerst ans Bein gefasst wird.
Als Konterung eines Angriffs von Uke sind sie hingegen erlaubt.

Im Fall von Te-guruma z.B. bedeutet dies:
a) wenn Tori zum Bein greift um direkt Te-guruma zu werfen, so ist dies verboten.
b) wird Tori mit einer großen Technik (Seoi-nage, O-goshi) angegriffen und kontert mit Te-guruma, so ist dies erlaubt.

Im Fall von Ko-uchi-makikomi:
a) greift Tori ein Bein mit der Hand und setzt dann Ko-uchi-makikomi an, ist dies verboten.
b) ist Ukes Bein schon von Toris Bein eingehakt und Tori greift dann zur Kontrolle zum Bein, so ist dies erlaubt.

Im Fall von Kata-guruma:
a) greift Tori direkt das Bein um Kata-guruma zu werfen, so ist dies verboten.
b) greift Tori zunächst mit einer anderen Technik an, holt sich damit das Bein, so ist der anschließende Kata-guruma erlaubt.

Zusammenfassung: Immer wenn zuerst das Bein gefasst wird und dann eine Technik erfolgt, so ist dies verboten.
Ich hoffe hiermit einige Unsicherheiten geklärt zu haben. Ihr könnt dieses Schreiben in Eurem Landesverband weiterreichen.


Stephan Bode
Bundeskampfrichterreferent
Quelle: http://www.bayernjudo.de
schöne Grüße
Christian
tom herold
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beinfaßtechniken

Beitrag von tom herold »

Kann mir bitte mal jemand den Sinn dieser Regelung erklären?
Grüße
Tom
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Fritz
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Beitrag von Fritz »

Es haben eine Zeit lang wohl
die "falschen" Kinder mit Beingreiftechniken zu viel gewonnen...
:evil:
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tom herold
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beingreifer

Beitrag von tom herold »

Merkwürdige Sache, das.
Ich kann jetzt nicht so recht verstehen, wieso die Dinger als Konter erlaubt, als Angriffe aber verboten sind ...
@Fritz: da scheinst du leider Recht zu haben ...
Freundliche Grüße
Tom
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Ronin
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Beitrag von Ronin »

Die offizielle Begründung, soweit mir bekannt, war ungefähr so:

Da sich immer mehr Kämpfer auf sehr wenige und effektive Beingreiftechniken spezialisiert haben und so die Gefahr bestand, dass die Vielseitigkeit leidet, hat man die Beingreifer im Angriff verboten.
Wenn man sie als Konter weiterhin zulässt läuft man nicht Gefahr, dass die Techniken ganz vergessen werden....

Man kann ja davon halten was man will, aber grundsätzlich ist es schon zu begrüssen, dass die versucht wird die Vielseitigkeit erhalten.
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Clonk
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Beitrag von Clonk »

Wäre auch eine Theorie...
Der macht aber einen ziemlichen Aufstand - Sooo schlimm ist das ja nicht.

Clonk
tom herold
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beingreifer

Beitrag von tom herold »

Vielseitigkeit erhalten ... hm, wieso wird eben diese Vielfalt dann immer weiter eingeschränkt?
Beispiele: ständig wechselnde Verbote in Bezug auf die Faßarten, keine konsequente Linie in Bezug auf den Bodenkampf und das Verbot diverser Wurftechniken in diversen Altersklassen (wenn man bspw. Tani-Otoshi nicht bewertet, wird dieser Wurf auch kaum noch geübt werden - und das ist unverständlich, denn Tani-Otoshi ist eine der simpelsten und effektivsten Techniken der Yoko-Sutemi-Waza).
Wie ich schon sagte - es fehlt eine gewisse Stringenz, was am Beispiel der "Beingreifer" deutlich wird.
Außerdem sind gerade Beingreifer relativ leicht zu kontern, wenn man nicht gerade pennt beim kämpfen ...

@Clonk: wen bitte meinst du, wenn du schreibst: " ...der macht ja einen Aufstand!" ??

Tom
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Ronin
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Beitrag von Ronin »

Na dann will ich mal versuchen dir da eine Antwort zu geben, auch wenn ich dann ganz schnell in der Ecke stehe und Positionen verteidigen muss, die ich nicht unbedingt mittrage.
Versuchen wir zunächst beim Thema zu bleiben: Beingrabscher.
Ich konnte bei mir im Bezirk diese Entwicklung sehr deutlich beobachten, deswegen bin ich sogar nicht mal ganz dagegen, dass die Dinger eingeschränkt werden. Es hat sich sehr plötzlich ein Trend entwickelt, bei uns in der U12 (ja das gibt es nur in BW), dass du auf Wettkämpfen nix anders mehr gesehen hast. Die Beingrabscher waren sehr erfolgreich, dummerweise hat das dann in der nächsten Altersklasse (U14) dazu geführt, dass genau die Leute dort massiv Haue bekommen haben, weil wie du richtig sagst Beingreiftechniken ja sehr leicht zu kontern sind - das hat spürbar Teilnehmer auf Turnieren gekostet und wohl auch Mitglieder, weil der gemeine Sportjudoka ohne Wettkampf nicht mehr weiss, was er tun soll. Dem Übereifer der Trainer in dieser Richtung musste also Einhalt geboten werden. Ist vielleicht keine gute Lösung, aber sie funktioniert und Beingreifer sind so einfach, dass man sie auch später noch ohne Probleme lernen kann. Man muss ja nicht alles auf einmal lernen.

Bodenkampf: die starke Einschränkung des Bodenkampfes ist eine Folge der Versuche das Judo medientauglich zu machen - wir haben das an anderer Stelle schon ausführlich diskutiert - dadurch hat sich eine starke Verbesserung der Übergänge Stand/Boden entwicklet (begrüssenswert), die daran anschliessenden Bodenkämpfe sind nun durchaus wieder sehenswert und sie geben vom Judo her wieder mehr her. Der Trend geht jetzt also dahin, in zwar immer noch beschränktem Rahmen, den Bodenkampf länger zuzulassen. Was ja auch grundsätzlich mal wieder in die richtige Richtung zeigt.

Fassarten und Kontertechniken nach Hinten (den das war es, was man mit Tani-Otoshi verhindern wollte, soweit ich mich erinnere hat man sich nicht anders zu helfen gewusst und das ist halt dabei rausgekommen, naja): Es wurde hier eine Förderung des Angriffsjudo (also Verhinderung von Passivität im Wettkampf) und langweiligem Judo bezweckt. Es hat auch hier die Entwicklung gegeben, das genug Leute nur schnell darauf gewartet haben das der Gegner eindreht und dann Kontern - diese Kämpfer konnten sonst nix mehr. Das sollte verhindert werden. Ist sicher eine Fragwürdige Regel, denn das Problem ist ja eigentlich der falsch Wurfansatz von Tori...
Bei den Fassarten soll nur noch vorne gegriffen werden um den Kämpfern von Grund auf eine aufrechte und flexible Kampfposition anzutrainieren (ich glaube das abgebeugte Kämpfen hast mal bemängelt, oder?). Ab U14 sollten es dannn alle gelernt haben und dann ist es auch wieder zugelassen.

So ganz unstringent finde ich die Linie nicht. Das Ziel ist ja eigentlich klar: einen offensiven und flexiblen Kampfstil fördern. Und dazu ist es leider notwendig gewisse "Fürze" die irgendwelche Trainer gerade im Kopf haben zeitweise einzuschränken. Man muss auch mal sehen, dass hinter allem die (leider) sehr neue Sichtweise steht, dass Jugendwettkämpfe nur die Vorbereitung auf ein Kämpfen im Erwachsenendasein darstellen. Hätte sich die Sichtweise früher durchgesetzt (so etwa 10 Jahre), hätte der DJB sicher nicht solche Mitgliederverluste in den letzten Jahren zu verzeichnen gehabt.

Wie gesagt, über die Details kann man immer streiten, die Grundlinie ist aber gar nicht so schlecht.
Tom

beingreifer

Beitrag von Tom »

@Ronin: siehste, ich hab ja nur eine Frage gestellt und gehofft, eine sachliche Antwort zu erhalten. Da ich dem DJB noch nie angehört habe, bin ich da natürlich in Fragen diverser Wettkampfregeln nicht immer auf dem Laufenden.
So, nun hab ich von dir 'ne vernünftige, nachvollziehbare Antwort bekommen und weiß, warum bei euch bestimmte Dinge so gehandhabt werden.
Grüße
Tom
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Ronin
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Beitrag von Ronin »

:D dann hat es sich ja gelohnt, dass ich mir hier auch mal den Wolf geschrieben hab
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Clonk
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Beitrag von Clonk »

Hi,
@Tom: Ich habe damit gemeint, dass es doch eigentlich die Sache derjenigen ist, die meinen, dass sie es machen müssen, auch wenn es langweiliger ist.
Andererseits: Ronin hat schon recht, dass es auch Turniere langweiliger macht...

Also: Das mit dem "Ziemlichen Aufstand" muss nicht mehr beachtet werden!

Gruß,
Clonk
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Beitrag von remy-otoshi »

Hallo zusammen,

Ronin, Deine Zusammenfassung ist wirklich gut!

In diesem Zusammenhang bitte ich auch einmal daran zu denken, dass die Kampfregeln und die Modifikationen im Jugendbereich nicht von der Kampfrichterkommission oder den Kampfrichtern gemacht werden, sondern von den Jugendvertretern selbst vorgeschlagen und von der Jugendvollversammlung abgesegnet werden.

Wir Kampfrichter haben die Regeln dann zu interpretieren und umzusetzen, ob wir sie nun gut finden oder nicht.

Stefan Bodes Stellungsnahme sollte lediglich noch einmal zur Verdeutlichung der einzelnen Fälle dienen: Und die Bewertung dieser Situationen ist nicht gerade einfach, zumal im Jugendbereich auch gerne Kampfrichter mit nicht so viel Erfahrung eingesetzt werden - das ist schon echt eine Aufgabe!
Gruß, remy-otoshi
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Ronin
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Beitrag von Ronin »

zum Thema, wie die Regeln gemacht werden, habe ich sicher auch mal Gelegenheit Tom hier ein ausführliches Statement abzugeben, aber das ist hier sicher Off-Topic.
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