Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Hier geht es um die Wettkampforganisation und um Fragen zu den Wettkampfregeln
SJC
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Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von SJC »

Hallo,

ich bin zur Zeit etwas verwirrt.

Wenn man sich beispielsweise den Kampf von Malzahn bei der EM um Platz 3 ansieht. (Link: ) Ab 0:35 setzt sie ihren Wurf an und bringt ihre Partnerin zu Fall. Der Kampfrichter gibt Ippon.

Jetzt frage ich mich als nicht Kampfrichter, wo war hier die Schnelligkeit und das überwiegende auf den Rücken werfen?

Wie ist den zur Zeit die Auslegung der Regeln? Wird das auf die Schuler/Seite geworfene und auf den Rücken weitergerollte als überwiegend auf den Rücken gewertet?

Evtl. kann hier einer der aktiven Kampfrichter etwas Klarheit reinbringen.

Danke
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katana
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von katana »

Es mag zwar nur mein persönlicher Geschmack sein, aber was mich heutzutage am meisten stört,
ist die Auslegung des Begriffs Kontrolle.
Wenn jemand (Tori) nach einem Wurf selbst in der schlechteren Position liegt (Bsp. Haltegriff )
wird der Begriff des "vorzeitigen Sieges" durch Ippon eigentlich ad absurdum geführt.

Dann (den Ippon-Sieg) schon lieber ganz abschaffen, einen Punkt geben , ...und weiterkämpfen. :D
Viele Kämpfe würden dann anders ausgehen, und vielleicht viel spektakulärer
ablaufen. :dontknow
...und vor allem wären die Chancen in Bezug auf den aktuellen Turnier- und Qualifikationsmodus realistischer.

KK
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Linowitsch
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Linowitsch »

Hm, naja, man kann sich ja immer über viel streiten.
Ich hätte hier vielleicht auch keinen Ippon gegeben. Aber wie das halt so ist, ich hätte ihn als Außenrichter auch nicht weggewunken.

Auf die IJF-Veranstaltungen betrachtet: Da sind 3 TOP-Kampfrichter auf der Matte, dazu gibt es noch eine mindestens zweiköpfige KARi-Kommission auf jeder Matte, die mit einem Video-Care-System arbeiten. D.h. die sich die Szene zeitversetzt nochmal ansehen und verlangsamen können und nochmal ansehen.
Man kann also davon ausgehen, dass es schon gewollt ist, dass auf eine solche Wurftechnik mit entsprechender Landung Ippon gegeben wird.

Auf den hiesigen Lehrgängen wird es mit dem "größten Teil auf den Rücken" so gehandhabt, dass dies schon auf einmal erfolgen sollte und diese gerollten Landebewegungen (wie in dem Fall hier) von der Seite über den Rücken oder auch vom Gesäß über den Rücken mit Waza-ari zu bewerten sind, sofern alle anderen Voraussetzung für die Bewertung einer Wurfttechnik gegeben sind.
katana hat geschrieben:Es mag zwar nur mein persönlicher Geschmack sein, aber was mich heutzutage am meisten stört,
ist die Auslegung des Begriffs Kontrolle.
Wenn jemand (Tori) nach einem Wurf selbst in der schlechteren Position liegt (Bsp. Haltegriff )
wird der Begriff des "vorzeitigen Sieges" durch Ippon eigentlich ad absurdum geführt.

Dann (den Ippon-Sieg) schon lieber ganz abschaffen, einen Punkt geben , ...und weiterkämpfen.
Das halte ich für eine sehr gute Idee.
Dazu gab es ja auch schon Anregungen und Ideen hier im Forum: (in diesem Faden hier z.B. klick
Gruß
Lino

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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von SJC »

Hallo,

es geht mir ja nicht dadrum die Entscheidung der Kampfrichter anzuzweifeln. Wie sage ich meinen Schützlingen immer am Mattenrand, auch wenn wir es anders gesehen oder bewertet hätten, die Meinung des Kampfrichters ist die entscheidende.

Mir war nur aufgefallen, daß ich mich in letzter Zeit beim Betrachten von Videos öfter gefragt hatte, warum es Ippon und nicht Waza-ari ist. Da ich das letzte Mal vor drei Jahren auf einem Kari-Lehrgang war, wollte ich lieber noch mal den aktuellen Stand der Regelauslegung erfragen.
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Linowitsch
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Linowitsch »

OK, dann sagen wir mal so, dann schließen wir vom Speziellen aufs Allgemeine.
Damit will ich sagen, dass man aus den Entscheidungen (die du jetzt schon öfter beobachtet hast) ablesen kann, dass die Tendenz eventuell in Richtung Ippon geht, wo vor einigen Jahren vielleicht noch Waza-ari gegeben wurde.

Mir ist das allerdings von den letzten Lehrgängen nicht bewusst, dass man da etwas geändert hätte... vielleicht eine "schleichende" Entwicklung.
Gruß
Lino

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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von tutor! »

Linowitsch hat geschrieben:Mir ist das allerdings von den letzten Lehrgängen nicht bewusst, dass man da etwas geändert hätte... vielleicht eine "schleichende" Entwicklung.
Über kurze Zeiträume vielleicht schleichend...

Der folgende Tomoe-nage im WM-Finale 1981 wurde später als Lehrbeispiel für KR-Lehrgänge verwendet und hätte mit Waza-ari bewertet werden müssen:

Dieser Tai-otoshi ebenfalls:
(bei 0.15)

Ein Ippon in früherer Zeit war etwas anderes als so mancher Ippon heute..... damit will ich aber nur deutlich machen, dass sich an den Beurteilungsmaßstäben etwas geändert hat und keine Bewertung vornehmen.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von caesar »

Dazu kommt noch, daß die Vorgabe für die internationalen Kampfrichter ist, eher höher zu bewerten. Wofür das gut sein soll, weiß ich nicht, eventuell will die IJF sich ihre Statistiken schön machen, um ihre Regeländerungen zu untermauern. Wir werden sehen, was noch kommt.
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Fritz
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Fritz »

Wofür das gut sein soll, weiß ich nicht,
Na, wofür ist denn heutzutage alles gut..?
Klar, um zurück zum klassischen Judo - ... moment ... , _das_ kann es ja dann doch nicht sein, also ist es
wohl eher diese Begründung -richtig:
Für eine höhere Zuschauer-Attraktivität!

Hat sich doch der Zuschauer-Laie früher oft gewundert, warum manchmal der Kampf zu Ende war und
manchmal nur "Koka" gegeben wurde, ist es heute so viel einfacher geworden. Einer fällt um und wenn
nicht klar zusehen ist, daß der Gegner völlig dran unschuldig war, gibt es W-A oder Ippon. ;-)
Gut heutzutage kann man dafür als Laie nicht mehr erkennen, wer denn eigentlich geworfen hat,
nachdem sich beide noch über- und untereinander gekugelt haben, aber sicherlich läßt sich da durch weitere
Regeln, Bestrafungen, Ausnahmen und Ausnahmen von den Ausnahmen eine transparente Lösung basteln...
;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
Ippon 1

Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Ippon 1 »

Ich schließe mich Linowitsch an. Es ist ein Waza-ari, bei dem Ippon nicht so verkehrt ist, dass ich ihn weg winken würde.
Schwung und größter Teil Rücken ist da. Nur die Rollbewegung über Knie und Seite spricht für Waza-ari.
tutor! hat geschrieben: Der folgende Tomoe-nage im WM-Finale 1981 wurde später als Lehrbeispiel für KR-Lehrgänge verwendet und hätte mit Waza-ari bewertet werden müssen:

Dieser Tai-otoshi ebenfalls:
(bei 0.15)

Ein Ippon in früherer Zeit war etwas anderes als so mancher Ippon heute..... damit will ich aber nur deutlich machen, dass sich an den Beurteilungsmaßstäben etwas geändert hat und keine Bewertung vornehmen.
Die erste Technik wäre heute klar ein Yuko, die zweite ein Ippon.

Etwas andres: Ein Auftreten des Kampfrichters, wie im ersten Video, sieht man heute nicht mehr, es ist also doch nicht alles schlechter geworden :) .
tutor!
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von tutor! »

Da ich den Tomoe-nage live gesehen habe, kann ich versichern, dass heute kein KR weniger als Ippon gegeben hätte (es war schlicht "die" Aktion der ganzen WM), auch wenn sich nach Studium der Zeitlupe bei der Landung ein anderes Bild ergeben hat.

Konkret vor Ort: der Hauptkampfrichter war der einzige deutsche KR bei der Meisterschaft. Er gab Koka, ein Außenrichter Yuko, ein anderer Ippon. Am Ende einigte man sich auf Waza-ari.... also Chaos ohne Ende und nach dem Kampf gab es den bejubelten Weltmeister Kashiwazaki und ein gellendes Pfeifkonzert für die KR, insbesondere für den, der Koka gegeben hatte.

Vieles hat sich bei den Bewertungen der KR zum Positiven gebessert. Die Bewertungen sind deutlich berechenbarer als früher - oder anders herum ausgedrückt: das Niveau der KR ist deutlich homogener als es damals war.

Nichtsdestotrotz gibt es eine Tendenz, Techniken etwas höher zu bewerten als z.B. in den 1980er Jahren. Die Technik von Luise Malzahn (herzlichen Glückwunsch zu ihrem Erfolg!) wäre "damals" maximal mit Waza-ari bewertet worden. Es war klares Kriterium, dass wenn jemand zuerst mit einem anderen Körperteil auf die Matte kommt und dann weitergerollt wird, dies kein Ippon sein kann.
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Fritz
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Fritz »

Etwas andres: Ein Auftreten des Kampfrichters, wie im ersten Video, sieht man heute nicht mehr, es ist also doch nicht alles schlechter geworden
Ich kann jetzt nichts am Kari-Verhalten entdecken,
was jetzt unbedingt verbesserungswürdig wäre?
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Linowitsch
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Linowitsch »

Fritz hat geschrieben:
Etwas andres: Ein Auftreten des Kampfrichters, wie im ersten Video, sieht man heute nicht mehr, es ist also doch nicht alles schlechter geworden
Ich kann jetzt nichts am Kari-Verhalten entdecken,
was jetzt unbedingt verbesserungswürdig wäre?
Fritz, da muss ich dir mal widersprechen.
Der KaRi tänzelt die ganze zeit etwas rum, "verfolgt" die Kämpfer eher hektisch und steht während des Bodenkampfes fast auf den Haaren der Sportler.
--> DAS siehst du heute (zumindest auf IJF-Ebene) nicht mehr. In den unteren klassen, kommt es eher mal noch bei jungen unerfahreneren KaRi vor, legt sich aber schnell, denn darauf wird auf Lehrgängen oft hingewiesen.

Wer Lust hat, das "Kampfrichterhandbuch der IJF" mal zu lesen, wird da sicherlich noch mehr Sachen finden.

Das Verhalten mag man jetzt schlimm, lustig oder einfach egal finden, aber Ippon hat schon Recht, wenn er sagt, dass du einen so hektischen KaRi heute nicht mehr findest. Das sind zwar alles keine Fehler, die _unbedingt_ verbessert werden müssten, aber dennoch, wenn man sie beseitigt zu einem sichereren Auftreten der KaRi auf der Matte führt.
Gruß
Lino

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Fritz
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Fritz »

Linowitsch hat geschrieben:Fritz, da muss ich dir mal widersprechen.
Der KaRi tänzelt die ganze zeit etwas rum, "verfolgt" die Kämpfer eher hektisch und steht während des Bodenkampfes fast auf den Haaren der Sportler.
--> DAS siehst du heute (zumindest auf IJF-Ebene) nicht mehr. In den unteren klassen, kommt es eher mal noch bei jungen unerfahreneren KaRi vor, legt sich aber schnell, denn darauf wird auf Lehrgängen oft hingewiesen.
Stimmt. _Das_ sieht man heutzutage nicht mehr.
Nämlich daß ein Kari aufmerksam den Bodenkampf beobachtet, dabei recht flink seine Position
wechselt, auch mal näher ran geht (vielleicht sich sogar mal hinkniet), damit ihm keine Details entgehen.

Heutzutage steht der Kari stramm und sobald er bemerkt, daß die Kämpfer unten sind, reißt
er seinen Arm hoch und bellt "Mate". Gab da wieder bei der EM in Instanbul "schöne Szenen" zu
bewundern.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Linowitsch
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Linowitsch »

Aber wenn ich dicht an Kämpfern stehe, schaue ich von oben drauf und sehe: die Rücken. Schön und gut, aber was nützt es mir?
Geh ich ein paar Schritte weg, so kann ich "in die Kämpfer" hineinschauen, und sehe, was im Bodenkampf passiert, was die Hände ggf. für erlaubte oder unerlaubte Handlungen machen und kann dann meine Kampfleitung besser koordinieren, begründen, verantworten.
Und es ist zumindest hier nicht mehr so, dass Bodenkampf prinzipiell abgebrochen wird. Nur, wenn eben kein Fortschritt mehr zu erkennen ist.

Wie diese Maßstäbe im Moment auf internationalem Niveau angesetzt werden, vermag ich nicht zu sagen. :dontknow

Aber ich finde, der Kampfrichter sollte auf der Matte nicht den Eindruck hinterlassen, selbst mitzukämpfen. :irre
Gruß
Lino

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Fritz
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Fritz »

Geh ich ein paar Schritte weg, so kann ich "in die Kämpfer" hineinschauen, und sehe, was im Bodenkampf passiert, was die Hände ggf. für erlaubte oder unerlaubte Handlungen machen und kann dann meine Kampfleitung besser koordinieren, begründen, verantworten.
Deshalb ist er um sie rumgegangen, um nicht nur
den Rücken zu sehen... Weiter wegzugehen bringt im Bodenkampf nichts, je weiter weg, um so schmaler
werden die Sehwinkel... Da kannst Du nicht "hineinschauen"...
Willst Du von durch ein Fenster schauen, gehst Du auch näher ran und nicht weiter weg,
um "mehr" vom Raum dahinter zu erfassen.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von katana »

Möchte hier noch auf das von Tutor gepostete Beispiel des Kashiwazaki-Tomeo-Nage eingehen,
da es sehr viele diskussionswürdige Dinge beinhaltet.
1. Meine Meinung: Die Technik enthält mit einer Ausnahme (Rücken) alle Kriterien eines perfekten Niederwurfs.
Vor allem, daß Tori in allen Phasen und danach (Tori steht, Uke kniet) die absolute Kontrolle hat.
Darüber hinaus erfüllt die Technik den einzig realistischen Sinn eines Niederwurfes, ...den Gegner runterzubringen,
und solange zu kontrollieren, bis man eine Abschlußtechnik im Boden durchsetzen kann.
(Tori bricht also nicht unmittelbar nach dem Niederwurf seine Aktion ab, um nach dem KaRi zu sehen, auf "Mate" zu
warten, oder gar jämmerlich liegen zu bleiben...etc)

2. Aus heutiger Sicht wäre es wohl korrekterweise ein Yuko.
Der KaRi hat aber damals durchaus eine vertretbare Wertung gegeben, da aus seinem Blickwinkel wohl die Landung auf
der linken Pobacke erfolgte. Im Übrigen gab man damals (da es ja Koka noch gab) durchaus häufiger diese Wertung.

3. Das KaRi-Verhalten zeigt meiner Meinung nach professionelles Interesse am Kampfgeschehen, so gibt er z.B. nach äußerst
intensiver Beobachtung des Bodengeschehens unmittelbar bei Gegebenheit "OsaeKomi".
In solchen Situationen werden oft schon mal wertvolle Sekunden verschenkt, wenn nicht gar die Außenrichter darauf
aufmerksam machen müssen, da der KaRi damit beschäftigt ist, professionell zu wirken.

Es wirkt nichts unsicherer, als ein KaRi, der mit versteinerter Miene steif wie eine Hartholzpuppe auf der Matte rumsteht, nur um nicht unsicher zu wirken. :oops:
Manche brauchen einen festen Standpunkt, um sich daran festzuklammern.

KK
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Linowitsch
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Linowitsch »

Fritz hat geschrieben:
Weiter wegzugehen bringt im Bodenkampf nichts, je weiter weg, um so schmaler
werden die Sehwinkel... Da kannst Du nicht "hineinschauen"...
Willst Du von durch ein Fenster schauen, gehst Du auch näher ran und nicht weiter weg,
um "mehr" vom Raum dahinter zu erfassen.
Naja, ich mag dein "Fensterbeispiel" nicht. Ich nehm mal als Beispiel ein Auto, unter das dein Ball gerollt ist. Um zu sehen, wo er ist und ob er evtl. klemmt, wirst du auch nicht dicht heran gehen und um das Auto laufen, nein du gehst weiter weg, weil du dann besser unter das Auto (die Kämpfer) schauen kannst. Ich gebe dir Recht, dass hinknien oder gar hinlegen noch effektiver wäre, aber auch mit Risiken verbunden ist.

Noch ein Beispiel:
Willst du etwas ganzheitlich sehen, gehst du auch weg, um es z.B. im Ganzen auf das Foto zu bekommen. Übertragen: Ich muss ja als Kampfrichter nicht nur gucken, was die Hände machen, ich muss in der Peripherie auch Füße und alle anderen Teile der Kämpfer im Blick haben und am besten noch einen Außenrichter, um nicht dauernd meinen Kopf von rechts nach links drehen zu müssen.

Aber ich sehe schon, dass wir offensichtlich sehr unterschiedliche Vorstellungen vom Kampfrichterverhalten auf der Matte haben.
Gruß
Lino

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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von katana »

Hatte noch was vergessen zum KaRi-Verhalten:
Bemerkenswert ist zudem, daß der KaRi genau diese fortlaufende Kontrolle(bzw. Dominanz) von Kashiwasaki nach
dem Niederwurf erkennt, und bis zum tatsächlichen Ippon nicht unterbricht.

Mal ehrlich...wieviele KaRis von euch hätten noch zwischen Wurf und Haltegriff bereits mit "Mate" abgebrochen ?
...ich muss in der Peripherie auch Füße und alle anderen Teile der Kämpfer im Blick haben und am besten noch einen Außenrichter, um nicht dauernd meinen Kopf von rechts nach links drehen zu müssen.
Was endlich erklärt, wozu diese überhaupt da sind... :ironie3

KK
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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Linowitsch »

katana hat geschrieben:
...ich muss in der Peripherie auch Füße und alle anderen Teile der Kämpfer im Blick haben und am besten noch einen Außenrichter, um nicht dauernd meinen Kopf von rechts nach links drehen zu müssen.
Was endlich erklärt, wozu diese überhaupt da sind... :ironie3
Ich muss zugeben, ich versteh deinen letzten Satz nicht ganz, vielleicht erklärst du mir ihn ja. Du scheinst ja etwas lustig oder merkwürdig an meiner Aussage zu finden.

Wir halten mal fest: die drei Kampfrichter sind ein Team(!), d.h. man arbeitet zusammen. Das wird aber eher schwierig, wenn der Mattenleiter auf die Kämpfer guckt und sich nicht für sein Team interessiert. Es ist auch nichts verwerfliches daran, von einem Außenrichter einen Hinweis auf Toketa zu bekommen, man kann ja nicht auf allen Seiten gleichzeitig da sein.
Und ich halte es für sehr unpraktisch, sich sehr dicht bei den Kämpfern zu befinden und dann alle naselang die Kämpfer aus dem Blick zu lassen, um zum Außenrichter zu schauen, dann lieber doch alles auf einen Blick.

Ich hoffe, meine Intention ist jetzt angekommen.
Gruß
Lino

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Re: Ippon Kontrolle, Rücken, Kraft und Schnelligkeit

Beitrag von Fritz »

@Linowitsch: Richtig, es gibt auch Konstellationen, wo es sinnvoll ist, einen Schritt nach hinten zu gehen.
Bei der vorliegenden Bodenkampf-Situation bezweifle ich das, da offensichtlich am meisten
zu erkennen ist, wenn man von oben schaut;-) Und der Kari ist sicherlich auch nicht grundlos
um die Kämpfer rumgegangen, bei fortschreitender Bodenarbeit.
Das wird auch schwierig, wenn er zu entfernt stände, die Bodenkämpfer verändern relativ leicht ihre
Position und der Kari müßte mit dann sprinten? ;-)
Aber ich sehe schon, dass wir offensichtlich sehr unterschiedliche Vorstellungen vom Kampfrichterverhalten auf der Matte haben.
Das mag wohl stimmen... ;-)
Mich hatte nur diese schnodderige Bemerkung von Ippon 1 (die Du dann ja weiter in seinem Sinne
ausgeführt hast) geärgert, die durchscheinen ließ, daß er die Kari-Leistung anhand von belanglosen Äußerlichkeiten "abkanzelt".
Insbesonders weil ich zu oft erlebe, daß ein Kari den Bodenkampf unnötig beendet,
weil er (weit entfernt stehend) glaubt, keinen Fortschritt mehr erkennen zu können.
Heutzutage wäre wahrscheinlich das Mate schon ein paar Sekunden
nach dem Abwinken des ersten Halteversuches gekommen...

Nachtrag:
Und ich halte es für sehr unpraktisch, sich sehr dicht bei den Kämpfern zu befinden und dann alle naselang die Kämpfer aus dem Blick zu lassen, um zum Außenrichter zu schauen, dann lieber doch alles auf einen Blick.
Und wenn Du genau hinschaust, wirst Du feststellen, daß der Kari sich so hingestellt und bewegt hat, daß er einen der Außenkaris hat wahrnehmen können.

Aber ich hab tatsächlich einen "Fehler" beim Kari entdeckt:
Er hat den Koka nicht ordnungsgemäß "abgewunken", sondern gleich zu "Yuko" korrigiert. Hier mußte er
in der Tat zweimal kurz vom Boden wegschauen (obwohl noch recht weit entfernt war), um offensichtlich
die Meinung beider Außen-Karis abzufragen. ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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