ONO gegen ORUJOV

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Hagakure
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ONO gegen ORUJOV

Beitrag von Hagakure »

Ich hätte mal eine Frage zu diesem Kampf, welcher in Düsseldorf ausgetragen wurde (Ich war übrigens live dabei :bouncy )
https://www.youtube.com/watch?v=0ChV8bW6_bA
Und zwar wofür wurde das erste Shido gegen Orujov gegeben? Ist es, weil er blockiert und keinen gescheiten Angriff versucht?
caesar
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von caesar »

Den, ziemlich unnötigen, Shido gab es für Inaktiviät.
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Uwe 23
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von Uwe 23 »

Ja, der Shido war für Inaktivität.
Meiner Meinung nach kam der genau zum richtigen Zeitpunkt. Nach dem 2. guten Ansatz von Weiß, wobei von Blau noch nichts wirksames zu sehen war.

Ich denke sogar, dass die Kommission den Shido gerne noch früher gesehen hätte.
caesar
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von caesar »

Wieso ist der zum richtigen Zeitpunkt gegeben?

Beide machen Judo, kämpfen um den Zugarm und suchen Lücken. Wirksame Angriffe waren von keiner Seite dabei. Der Kampf geht anderthalb Minuten und hat zwei abgeschlossene Aktionen gesehen.
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Lippe
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von Lippe »

Tja, ich bin kein Kampfrichter. Auf mich wirkt das Kampfgeschehen bis zu diesem Zeitpunkt von beiden Seiten doch zu aktiv, als dass man da strafen müsste.

Aber wenn wir schon dabei sind: Müsste Ono dann nicht gleich im Anschluss ein Shido für einen einseitigen Griff bekommen (2:50-2:55, bis der Griff gelöst wird, einseitiger Griff ohne jede Wurfabsicht)?
Ab 3:05 ist das doch auch schon ein recht deutliches Blocken, um dem dominanten Griff von Orujov zu entgehen, aber wahrscheinlich nicht lange genug für ein Shido.
Und hat Ono Glück, dass es bei 3:10 keinen Yuko für Orujov gibt, oder ist das zu viel Schulter und zu wenig Seite?

Das Shido bei 3:54 hätte ich auch so gesehen.

Den Block wie bei 3:05 gibt es ab 4:23 bis 4:33 ja wieder, aber das ist wahrscheinlich erneut nicht lang genug für eine Verwarnung?

Bei dem Waza-ari für Ono gehe ich wieder mit, genauso bei dem Shido für ihn bei 6:34, wenngleich ich das (s.o.) schon vorher erwartet hätte.

Auch das Shido bei 6:56 für Orujov verstehe ich nicht. Er hat einen dominanten Griff, unter dem sich Ono abbeugt und zurückweicht. Wieso Shido für Orujov? Direkt im Anschluss lässt sich Ono ja erneut dominieren und wird erneut nicht dafür bestraft. Wäre es nicht an der Zeit?

Edit: Habe in den Kommentaren unter dem Video gelesen, dass es das Shido bei 6:56 wohl für den Griff in den Gürtel gab. Den Griff sehe ich jetzt auch...

Ich habe das Gefühl, dass bei den Verwarnungen nicht unbedingt eine konsequente Linie gefahren wurde. Oder täusche ich mich?
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Uwe 23
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ONO gegen ORUJOV

Beitrag von Uwe 23 »

Lippe hat geschrieben:Tja, ich bin kein Kampfrichter. Auf mich wirkt das Kampfgeschehen bis zu diesem Zeitpunkt von beiden Seiten doch zu aktiv, als dass man da strafen müsste.
Ich versuche mal es aus Kampfrichtersicht zu schildern, auch wenn ich nicht auf diesem Niveau schiedse. :)

Es passiert doch recht wenig und für mich ist ein deutlicher Unterschied zu sehen, Orujov greift fast nur einseitig und macht nur halbherzige Angriffe ohne echte Wirkung, Ono will den Griff und ihm gelingen zwei gute Gleichgewichtsbrüche.
Was viele Athleten und Trainer nicht in wissen, oder es wissen, und trotzdem nicht in ihre Taktik einbeziehen: Die Kampfrichter sind gehalten bei einem taktischen Kampf, ohne große Aktionen, nach ca. 1 min mittels Shido für den weniger Aktiven, einen Unterschied her zu stellen, um den Athleten zu zwingen, den Kampf offener zu gestalten.
Lippe hat geschrieben: Aber wenn wir schon dabei sind: Müsste Ono dann nicht gleich im Anschluss ein Shido für einen einseitigen Griff bekommen (2:50-2:55, bis der Griff gelöst wird, einseitiger Griff ohne jede Wurfabsicht)?
Es ist kein einseitiger Griff, er greift mit einer Hand diagonal, das wird längst nicht so schnell bestraft, wie ein einseitiger Griff mit beiden Händen.
Lippe hat geschrieben: Ab 3:05 ist das doch auch schon ein recht deutliches Blocken, um dem dominanten Griff von Orujov zu entgehen, aber wahrscheinlich nicht lange genug für ein Shido.
Stimmt, nicht lange genug.
Lippe hat geschrieben:Und hat Ono Glück, dass es bei 3:10 keinen Yuko für Orujov gibt, oder ist das zu viel Schulter und zu wenig Seite?
Die Trefferfläche ist aus der Kameraperspektive schlecht zu sehen, vom Schulterbereich her sieht es nach Yuko aus, die Hüfte ist nicht zu sehen, also kann man aus der Perspektive nicht sagen, ob die gesamte Seite des Oberkörpers auf der Matte war.
Edit: Nach ein paar mal angucken sehe ich doch, dass Ono sich mit dem so abdrückt, dass nur die Schulter auf die Matte kommt. Also keine Wertung ist richtig.
Lippe hat geschrieben:Das Shido bei 3:54 hätte ich auch so gesehen.
Ja, er vermeidet klar den Griff mit der zweiten Hand, noch deutlicher als er es bisher her schon getan hat.
Lippe hat geschrieben:Den Block wie bei 3:05 gibt es ab 4:23 bis 4:33 ja wieder, aber das ist wahrscheinlich erneut nicht lang genug für eine Verwarnung?
Ich denke der Block, aber vor allem danach der Scheinangriff, hätte bestraft werden sollen.
Lippe hat geschrieben:Bei dem Waza-ari für Ono gehe ich wieder mit, genauso bei dem Shido für ihn bei 6:34, wenngleich ich das (s.o.) schon vorher erwartet hätte.
Der Shido war wohl für das Blocken am Gürtel, der ist richtig.
Ob man vorher einen hätte geben sollen.. ich denke eher nicht, Ono verteidigt aktiv und, noch wichtiger, er bringt seinen Gegner immer wieder durch kurze gute Aktionen in Gefahr.
Lippe hat geschrieben:Auch das Shido bei 6:56 für Orujov verstehe ich nicht. Er hat einen dominanten Griff, unter dem sich Ono abbeugt und zurückweicht. Wieso Shido für Orujov? Direkt im Anschluss lässt sich Ono ja erneut dominieren und wird erneut nicht dafür bestraft. Wäre es nicht an der Zeit?

Edit: Habe in den Kommentaren unter dem Video gelesen, dass es das Shido bei 6:56 wohl für den Griff in den Gürtel gab. Den Griff sehe ich jetzt auch...
Der Shido ist korrekt. Der Kampfrichter konnte den Griff in den Gürtel wohl auch nicht sehen, sondern hat die Strafe vermutlich von seinen Kollegen über Funk angesagt bekommen, es gab vielleicht Verständigungsprobleme, so dass er das falsche Handzeichen macht.

Man hätte in der Schlussphase Ono vielleicht nochmal bestrafen können, aber normalerweise macht man das in den letzten Sekunden nur bei sehr klaren Sachen.
Lippe hat geschrieben:Ich habe das Gefühl, dass bei den Verwarnungen nicht unbedingt eine konsequente Linie gefahren wurde. Oder täusche ich mich?
Ich denke im großen und ganzen war bei dem Kampf alles OK. Es entspricht der derzeitigen Linie. Dass nicht jede Aktion immer hundertprozentig richtig entschieden wird ist, gerade bei Shido Situationen, normal. Die Kampfrichter können sich ja nicht, jede Szene in Ruhe in Zeitlupe zig mal ansehen.
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von caesar »

Uwe 23 hat geschrieben:Nach dem 2. guten Ansatz von Weiß, wobei von Blau noch nichts wirksames zu sehen war.
[...]
Es passiert doch recht wenig und für mich ist ein deutlicher Unterschied zu sehen, Orujov greift fast nur einseitig und macht nur halbherzige Angriffe ohne echte Wirkung, Ono will den Griff und ihm gelingen zwei gute Gleichgewichtsbrüche.
Was viele Athleten und Trainer nicht in wissen, oder es wissen, und trotzdem nicht in ihre Taktik einbeziehen: Die Kampfrichter sind gehalten bei einem taktischen Kampf, ohne große Aktionen, nach ca. 1 min mittels Shido für den weniger Aktiven, einen Unterschied her zu stellen, um den Athleten zu zwingen, den Kampf offener zu gestalten.
Wo ist da ein deutlicher Unterschied zu sehen? Beide wollen zufassen, Ono ist häufiger dann schneller.
Warum die Angriffe von Ono höher zu bewerten, als die von Orujov? Weil Ono sich auf den Bauch fallen lässt? Orujov entgeht beiden Angriffen mit einem Schritt, bei Orujovs Angriffen (Uchi-mata, Fußfeger) muss Ono auch jeweils einen Schritt machen. Sind Onos Angriffe da jetzt besser, weil er sich auf den Bauch fallen lässt?
Schlimm auch, dass in ausgeglichenen Kämpfen ein Unterschied hergestellt werden soll. Wäre ja schlimm, wenn man das bessere Judo entscheiden lässt und nur offensichtliche Aktionen bestraft.
Uwe 23 hat geschrieben:Es ist kein einseitiger Griff, er greift mit einer Hand diagonal, das wird längst nicht so schnell bestraft, wie ein einseitiger Griff mit beiden Händen.
Mit welcher Begründung? In den Regeln steht "In der Standposition ohne anzugreifen anders als „normal“ zu fassen." und das ist hier der Fall. Eine Hand oder beide macht für den Kämpfer wie für den Regeltext keinen Unterschied.
Uwe 23 hat geschrieben:Ich denke der Block, aber vor allem danach der Scheinangriff, hätte bestraft werden sollen.
Der Scheinangriff hatte genau den selben Effekt wie die ersten beiden Angriffe von Ono, Orujov macht einen Schritt und Ono ist danach in Newaza.

Bei den anderen Sachen die du anführst, bin ich ungefähr gleicher Meinung.

Letztendlich gewinnt der Kämpfer, der eine Wertung geworfen hat. Die Frage bleibt aber, wie der Kampf verläuft, wenn Orujov nicht mit zwei Strafen hinten liegt, sondern beide eine Strafe (Orujov nicht greifen, Ono weghalten) haben.

Ein noch krasseres Beispiel gab es dieses Wochenende in Samsun, wo Riner bei anderem Verhalten der Kampfrichter das Finale auch verlieren kann. Aber wenn man Teddy Riner ist, kann man solche Kämpfe nicht verlieren.
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Uwe 23
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von Uwe 23 »

caesar hat geschrieben:
Uwe 23 hat geschrieben:Nach dem 2. guten Ansatz von Weiß, wobei von Blau noch nichts wirksames zu sehen war.
[...]
Es passiert doch recht wenig und für mich ist ein deutlicher Unterschied zu sehen, Orujov greift fast nur einseitig und macht nur halbherzige Angriffe ohne echte Wirkung, Ono will den Griff und ihm gelingen zwei gute Gleichgewichtsbrüche.
Was viele Athleten und Trainer nicht in wissen, oder es wissen, und trotzdem nicht in ihre Taktik einbeziehen: Die Kampfrichter sind gehalten bei einem taktischen Kampf, ohne große Aktionen, nach ca. 1 min mittels Shido für den weniger Aktiven, einen Unterschied her zu stellen, um den Athleten zu zwingen, den Kampf offener zu gestalten.
Wo ist da ein deutlicher Unterschied zu sehen? Beide wollen zufassen, Ono ist häufiger dann schneller.
Warum die Angriffe von Ono höher zu bewerten, als die von Orujov? Weil Ono sich auf den Bauch fallen lässt? Orujov entgeht beiden Angriffen mit einem Schritt, bei Orujovs Angriffen (Uchi-mata, Fußfeger) muss Ono auch jeweils einen Schritt machen. Sind Onos Angriffe da jetzt besser, weil er sich auf den Bauch fallen lässt?
Also ich finde die Angriffe von Ono deutlich effektiver und wirkungsvoller als sie von Orujov, Ono kombiniert zuvor mit Fußtechniken und geht mit der Hüfte rein, und geht die Gefahr ein, gekontert zu werden. Orujov hakt nur das Bein ein, bei dem Uchi-mata Versuch lässt er sofort die Zughand los, um ja nichts zu riskieren.
caesar hat geschrieben:
Uwe 23 hat geschrieben:Es ist kein einseitiger Griff, er greift mit einer Hand diagonal, das wird längst nicht so schnell bestraft, wie ein einseitiger Griff mit beiden Händen.
Mit welcher Begründung? In den Regeln steht "In der Standposition ohne anzugreifen anders als „normal“ zu fassen." und das ist hier der Fall. Eine Hand oder beide macht für den Kämpfer wie für den Regeltext keinen Unterschied.
Besser gesagt, es geht um den defensiven Zweck vom "nicht normalen" Griff. Aber diese weitere Interpretation muss man hier gar nicht bemühen, diese Aktion ist zu kurz für eine Bestrafung. Und Ono macht diesen Griff nicht mit System, um Aktionen zu verhindern.
caesar hat geschrieben:
Uwe 23 hat geschrieben:Ich denke der Block, aber vor allem danach der Scheinangriff, hätte bestraft werden sollen.
Der Scheinangriff hatte genau den selben Effekt wie die ersten beiden Angriffe von Ono, Orujov macht einen Schritt und Ono ist danach in Newaza.
Für mich gibt es da klare Unterschiede. Die Hüfte ist nicht drin und Ono lässt direkt beim Eindrehen eine Hand los und orientiert sich zum Boden.

Ich gebe Dir soweit recht, dass es natürlich möglich ist, dass sich die Kampfrichter und die Kommission von dem Weltmeistertitel etwas beeinflussen lassen, so etwas ist nur menschlich.
caesar
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von caesar »

Uwe 23 hat geschrieben:Also ich finde die Angriffe von Ono deutlich effektiver und wirkungsvoller als sie von Orujov, Ono kombiniert zuvor mit Fußtechniken und geht mit der Hüfte rein, und geht die Gefahr ein, gekontert zu werden. Orujov hakt nur das Bein ein, bei dem Uchi-mata Versuch lässt er sofort die Zughand los, um ja nichts zu riskieren.
Der Effekt an Uke ist der Gleiche.
Ich sehe auch das Risiko für einen Konter bei Onos Eingängen nicht. Er merkt, dass er nicht durchkommt und lässt dann los und sich fallen um eben nicht gekontert zu werden.
Die Zughand wird Ono wahrscheinlich eher losgerissen haben, als das Orujov da losgelassen hat.

Aber die Einzelaktionen auszuwerten bringt nicht unbedingt weiter. Generell verstehe ich nicht, warum in einem Kampf, in dem beide den selben Effekt an Uke haben und beide kämpfen wollen, einer bestraft werden muss(!).
Uwe 23 hat geschrieben:Für mich gibt es da klare Unterschiede. Die Hüfte ist nicht drin und Ono lässt direkt beim Eindrehen eine Hand los und orientiert sich zum Boden.
Man muss ja nun nicht für jeden Wurf die Hüfte drin haben, es soll ja ein paar Techniken geben, wo das nicht der Fall ist. Ansonsten ist es das Gleiche wie bisher, Ono dreht ein, merkt, es wird nichts und geht zu Boden. Nur dieses Mal war es kein Uchi-mata Ansatz.

Noch ein Beispiel für ungünstige Shidoverteilung:
https://www.youtube.com/watch?v=n1dIajXdxNw
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Uwe 23
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von Uwe 23 »

caesar hat geschrieben: Noch ein Beispiel für ungünstige Shidoverteilung:
https://www.youtube.com/watch?v=n1dIajXdxNw
OK, jetzt kommen wir wieder in Richtung Grundsatzdiskussion.
Wobei ich hoffe, dass ich die Sicht eines Kampfrichters beitragen kann.

Ich sage aus Sicht der aktuellen Richtlinien, die Kampfrichter im Moment haben, wurde bei den Bestrafungen weitgehend alles richtig gemacht.

So ein Kampf ist für jeden Kampfrichter ein absoluter Horror, bei dem er fast nur "verlieren" kann. Der Kampfrichter steht unter Druck, den Kampf entscheiden zu müssen, er soll Unterschiede herausfinden und einen Unterschied herstellen, damit der Kampf in Gang kommt / offener wird, er soll in der regulären Kampfzeit dafür sorgen, dass der "Bessere" gewinnt.

Spätestens nach einer Minute steht er unter großem Druck und muss suchen, um etwas zu finden, wodurch er diesen Unterschied herstellen kann. Da ist er sehr dankbar, wenn dann endlich mal von einem etwas wie in klarer Ansatz kommt, oder eine klare verbotene Handlung, damit er endlich den Shido geben kann.

Dem Kampfrichter wäre es viel lieber, wenn er einfach den Kampf laufen lassen könnte, bis es sich auf Grund einer Konditionsschwäche, von einem der Kämpfer, das ganze von alleine erledigt hätte. Man gibt viel lieber Wertungen als Strafen.

Man muss sich aber auch überlegen, was das heißen würde...
Will am wirklich 10 Minuten Griffkampf sehen, bis einer der Kämpfer die Arme nicht mehr hoch kriegt?
Wir sind schon mal in eine solche Richtung gegangen, genau darum sind wir zu den aktuellen Strafen gekommen, bei denen wir einen Griff und Angriffsaktionen erzwingen.
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von caesar »

Uwe 23 hat geschrieben:Der Kampfrichter steht unter Druck, den Kampf entscheiden zu müssen, er soll Unterschiede herausfinden und einen Unterschied herstellen, damit der Kampf in Gang kommt / offener wird, er soll in der regulären Kampfzeit dafür sorgen, dass der "Bessere" gewinnt.
So ganz grundsätzlich, warum hat er den Druck? Soll er den Kampf entscheiden? Soll er einen Unterschied finden?
Ich dachte immer, dass ist der Job der Kämpfer und der Kampfrichter bewertet einfach, was er sieht. Da etwas zu suchen, ist doch der völlig falsche Ansatz.
Den Kampf entscheiden die Kämpfer. Eine Wertung die man sieht, gibt man. Eine Aktion, die den Kampf verhindert und offensichtlich ist, bestraft man.

Wenn ein Kampfrichter davon spricht, einen Kampf verlieren zu können, sollte das Ego mal etwas heruntergefahren werden.
Uwe 23 hat geschrieben:Wir sind schon mal in eine solche Richtung gegangen, genau darum sind wir zu den aktuellen Strafen gekommen, bei denen wir einen Griff und Angriffsaktionen erzwingen.
Dafür reichen doch die aktuellen Regeln, wie sie geschrieben stehen. Dafür braucht man keinen Vorgaben wie "Shido nach einer Minute" oder so etwas.

Das ist ja auch ein Hauptkritikpunkt. Man kann sich das Regelwerk nicht mehr einfach durchlesen und weiß was los ist. Man braucht den IJF-Lehrgang plus einen DJB-Lehrgang, um dann zu wissen, wie genau geschiedst wird.
Uwe 23 hat geschrieben:Will am wirklich 10 Minuten Griffkampf sehen, bis einer der Kämpfer die Arme nicht mehr hoch kriegt?
Effektive Kampfzeit sind 5 Minuten. Warum argumentierst du mit 10 Minuten Griffkampf? Ono-Orujov war ausreichend Bewegung drin, bei den Schwergewichtlern kann man den Kampf auch noch entwickeln lassen. Man kann den Shido auch nach 2,5 Minuten geben, warum nach einer?

Um auf den Kampf Riner-Matiashvili zu kommen, verstehe ich nicht, wie Riner aus diesem Kampf ohne Shido rausgehen kann. Riner macht einen Angriff, Matiashvili bekommt Shido, dann macht Matiashvili zwei, drei Angriffe und Riner drückt runter, Shido Matiashvili.

Edit: du schreibst immer von "Kampfrichtersicht", entspricht dies auch deiner persönlichen Meinung?
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von Uwe 23 »

Ich hatte gehofft, dass man meine persönliche Meinung da auch schon raus lesen kann. :)

Ich persönlich würde gerne den Kämpfern öfter mehr Zeit geben, den Kampf selbst zu entscheiden.
Ich fand diese kurze Zeit, in der es mal hieß, "gebt möglichst keine "Rolle", lasst die Kämpfer machen", sehr entspannt. Ich finde es sehr stressig, da suchen zu müssen.

Als Kampfrichter ist man aber an die Vorgaben von oben gebunden, wenn man sich da nicht dran hält, hat man sofort eine schlechte Bewertung und bekommt dann keine hochklassigen Einsätze mehr.
Und es muss auch so sein, dass eine Linie vorgegeben ist und sich alle Kampfrichter daran halten, sonst wüssten die Trainer und Athleten nicht, worauf sie sich einstellen müssen.

Trotz allem macht mir das Schiedsen aber noch Spaß, es gibt ja zum Glück nicht nur so schwierige Kämpfe, wo man dann hinterher auch noch vom Beobachter auseinander genommen wird. :D
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von Fritz »

Uwe 23 hat geschrieben:Als Kampfrichter ist man aber an die Vorgaben von oben gebunden, wenn man sich da nicht dran hält, hat man sofort eine schlechte Bewertung und bekommt dann keine hochklassigen Einsätze mehr.
Ja und? Dafür hätten wir dann auf den unteren Ebenen mehr Karis mit vernünftigen Einstellungen, die Leute an der Basis könnten
ordentliches Judo machen und evt. hätten wieder mehr Spaß am Kämpfen und insgesamt wäre dem Judo mehr gedient ...

Es kann doch ehrlich nicht sein, daß wir hier einen Faden haben, wo wir ausgiebig über "Shidos" diskutieren können/müssen/wollen?
Das ist doch eigentlich Irrsinn. :irre
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Uwe 23
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von Uwe 23 »

:)

Na gut, wenn man sich von Anfang an nicht an die Vorgaben hält, kommt man gar nicht erst auf die höheren Ebenen und wird nicht entsprechend ausgebildet. Man lernt als Kampfrichter ja noch mehr als Shidos verteilen, auch wenn manche das bezweifeln ;) .

Als höher lizenzierter Kampfrichter schiedst man auch noch auf niedrigeren Ebenen. Es ist auch so, dass man gerade die Bestrafungen der Ebene anpasst. Auf Bezirksebene in der U18 ist man sicherlich nicht so schnell mit der "Rolle" wie in der Bundesliga.

Aber nochmal, die Vorgaben für die Bestrafungen kommen nicht daher, dass man gerne bestrafen möchte, sondern weil sich die Athleten entsprechend verhalten. Man will, dass der gewinnt der gute Würfe macht und nicht der der mit mehr Kraft und Kondition Aktionen des Gegners verhindern kann.
Das sind dann auch die Shidos die ich am liebsten gebe, wenn wirklich klar ist, dass einer keine Techniken machen will, er nur Griff verhindert, raus schiebt, runter drückt usw. .
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Re: ONO gegen ORUJOV

Beitrag von Fritz »

Uwe 23 hat geschrieben: Aber nochmal, die Vorgaben für die Bestrafungen kommen nicht daher, dass man gerne bestrafen möchte, sondern weil sich die Athleten entsprechend verhalten. Man will, dass der gewinnt der gute Würfe macht und nicht der der mit mehr Kraft und Kondition Aktionen des Gegners verhindern kann.
Das sind dann auch die Shidos die ich am liebsten gebe, wenn wirklich klar ist, dass einer keine Techniken machen will, er nur Griff verhindert, raus schiebt, runter drückt usw. .
Das ist aber was anderes als:
Uwe 23 hat geschrieben:Spätestens nach einer Minute steht er unter großem Druck und muss suchen, um etwas zu finden, wodurch er diesen Unterschied herstellen kann. Da ist er sehr dankbar, wenn dann endlich mal von einem etwas wie in klarer Ansatz kommt, oder eine klare verbotene Handlung, damit er endlich den Shido geben kann.
Ersteres ist nachvollziehbar, wobei ich aber lieber hätte, daß die Regeln so angewendet werden, daß die Leute
mit Judomitteln sich gegen Kraft und Kondition wehren - was mit dem künstlichen Angriffszwang aber unterbunden wird, keiner
hat mehr, die Zeit einen "Kraftbolzen" müde zu kämpfen durch Tai-Sabaki usw. geschweige denn, dessen
Schwächen und "wunden Punkte" herauszufinden...

Zweiteres ist m.E. ein unfairer u. unnötiger Eingriff in den Kampfverlauf ...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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