IJF und ihr Umgang mit Athleten

Hier geht es um Fragen zur Vereinsarbeit, Verbänden und Organisationen
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Fritz
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IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Fritz »

Habe das im Netz gefunden:

http://www.bjjee.com/bjj-news/internati ... petitions/

Kann mir mal jemand in einfachen Worten erklären, wieso eine IJF Athleten verbieten kann, in deren Freizeit
sportlichen Aktivitäten nachzugehen, nur weil sie es geschafft haben,
bei IJF-organisierten Turnieren ausreichend viel Erfolg zu haben...?
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Sancho
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Sancho »

Ich vermute, die IJF kann es nicht verknusen, dass ihre Athleten in anderen Disziplinen evtl. Gefahr laufen, eins auf die Mütze zu kriegen (Stichwort: Imageschaden) oder vielleicht sogar dort erfolgreicher zu sein, als im "IJF-Judo".

Sind IJF-Athleten gut im BJJ könnte das vielleicht Judoka zur Abwanderung in BJJ-Verbände animieren. Der Bericht greift das alte Thema "IJF-Verbot von althergebrachten Judotechniken" ja bereits auf.

Schneiden IJF-Athleten im BJJ schlecht ab, könnte das als Bestätigung derer angesehen werden, die die IJF-Regeländerungen kritisieren.

Das sind halt meine Vermutungen. Ob's so ist... Keine Ahnung. :dontknow

Zumindest schließt die IJF ja das Starten ihrer Athleten ja nicht per se aus: "...unless specific authorization by the IJF."
頑張って
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Uwe 23
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Uwe 23 »

Ich verstehe die Position der IJF.
Ich denke es geht darum das Image von Judo zu schützen.
Judo soll als familientauglicher, "zivilisierter" Sport gezeigt werden. Die Athleten sollen fair und diszipliniert und nicht aggressiv erscheinen.
Die Regelung richtet sich daher wohl auch vor allem gegen die Teilnahme von bekannten Athleten an MMA und ähnlichen Veranstaltungen. Es passt dann nicht, wenn die Judoka als freundliche Vorbilder vermarktet werden und es dann Bilder gibt, wo sie einen Gegner blutig prügeln.
Deshi
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Deshi »

Anfangs dachte ich noch, es könnte sich um einen (sehr aufwändigen) Scherz handeln, aber mittlerweile haben
wohl auch andere Quellen bestätigt, dass die IJF tatsächlich diese "Order" verbreitet.

https://twitter.com/judosilencer/status ... 7914539009

Einen vernünftigen Grund, also einen der dem Sport oder der Kampfkunst als ganzes nützt, wird es mit
Sicherheit nicht geben. Ähnlich wie hinter dem Beingreifverbot (vermeintlich höhere Attraktivität für Zuschauer
in der Hoffnung auf höhere Sponsorengelder) verbirgt sich dahinter letztlich sicher irgendeine
finanzielle Überlegung (vielleicht geht es wieder um Sponsoren). Denkbar is auch, dass es in der IJF Angst vor
einem Macht- oder Kontrollverlust gibt.

Die Reaktionen auf diese Order der IJF im Internet lassen sich jedenfalls wie folgt zusammenfassen:
:irre :angry4 :BangHead :crybaby
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Hofi
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Hofi »

Hi!
Könnte mir durchaus vorstellen, dass die IJF da ernsthaft Probleme kriegt, wenn jemand versucht, dagegen gerichtlich anzugehen. Ohne jetzt vertieft ins Sportrecht eingestiegen zu sein, würde ich sagen, das Ding hält einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Und wenn man sich Entscheidungen/Hinweise bezüglich Vergleichsverhandlungen der staatlichen Gerichte, wie zuletzt das LG München in Sachen Pechstein anschaut, die den CAS als wahrscheinlich nicht wirksames Schiedsgericht ansehen und die Athletenvereinbarungen, weil nicht freiwillig, kritisch sehen, würde sich sicher ein Gericht finden, das der IJF das Ding um die Ohren haut.
Bis dann
Hofi
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von makoto »

Wo bitte gibt oder gab es jemals ein IJF-Newaza-Turnier???
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Fritz
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Fritz »

Uwe 23 hat geschrieben:Ich verstehe die Position der IJF.
Ich denke es geht darum das Image von Judo zu schützen.
Judo soll als familientauglicher, "zivilisierter" Sport gezeigt werden. Die Athleten sollen fair und diszipliniert und nicht aggressiv erscheinen.
Die Regelung richtet sich daher wohl auch vor allem gegen die Teilnahme von bekannten Athleten an MMA und ähnlichen Veranstaltungen. Es passt dann nicht, wenn die Judoka als freundliche Vorbilder vermarktet werden und es dann Bilder gibt, wo sie einen Gegner blutig prügeln.
Diese Argumentation kann ich nicht nachvollziehen.
Erstens betrifft das prinzipielle Verbot _alle_ Kampfsport-Arten, also auch Ringen, BJJ, Sambo, Sumo usw. usf. In der Regel schlägt man da niemanden
blutig...
Zweitens hat die IJF kein Problem damit, merkwürdiges Verhalten ihrer Spitzen-Athleten auf der Wettkampf-Matte zu tolerieren, hier hatten wir
ja schon einige solcher negativer Beispiele (wie überhebliche Gesten dem Besiegten gegenüber; mit dem Fuß drauflatschen usw. usf.) diskutiert...
Drittens wäre es durchaus gute Werbung fürs Judo, wenn Judoka auch in anderen Kampfsport-Arten Erfolg haben würden und dabei
"fair und diszipliniert" erscheinen würden..
Viertens ist "aggressiv" doch kein Argument, die ganzen Regeländerungen der letzten Jahre zielen doch darauf ab, daß ein aggressiver Kampfstil
gefördert wird, damit es für die nichtvorhandenen Zuschauer der nichtvorhandenen Fernsehübertragungen deutlich attraktiver wird...

Nachtrag: Hier die Meinung einer Betroffenen:
http://dojodrifter.com/2014/11/rousey-r ... ijf-rules/
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Uwe 23
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IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Uwe 23 »

Das ist eigentlich genau ein Beispiel, was die IJF nicht möchte.
Ich glaube auch nicht, dass hier viele mit der Schärfe der Äußerungen von Ronda Rousey einverstanden sind.

Ich denke auch nicht, dass die IJF Sportarten wie Ringen oder gar Sumo meint.
Dafür müsste schnell eine "whitelist" her.

Und die IJF sollte eben auch unbedingt erklären, was sie mit der Reglung bezweckt.
Es ist leider mal wieder so, dass sie viel durch ihre schlechte Informationspolitik kaputt macht.
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makoto
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IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von makoto »

Uwe 23 hat geschrieben: Ich glaube auch nicht, dass hier viele mit der Schärfe der Äußerungen von Ronda Rousey einverstanden sind.
Über die "Schärfe" lässt sich wie immer diskutieren, aber was ist mit dem Inhalt - um den geht es ja eigentlich primär und da liegt sie mit ihren Ansichten und Äußerungen sicherlich nicht so falsch...
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Hofi
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Hofi »

Hi!
Ich denke nicht, dass hier die Informationspolitik das ist, was etwas kaputt macht, sondern die Regelung an sich.
Und was die "Schärfe" der Äußerungen angeht: Wenn das, was unten im Artikel steht, der Wahrheit entspricht, dass ein Verband die Athleten selber für die Teilnahme zahlen lässt und dann PR-Girls einfliegen lässt oder auf drei finanzierte Athleten elf Funktionäre einfliegen lässt, den Rest selber zahlen, dann habe ich auch für die Schärfe Verständnis.
Bis dann
Hofi
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CasimirC
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von CasimirC »

Hm...gibt es vielleicht Verträge der IJF mit den Sportlern (oder mit deren nationalen Verbänden), die etwas hinsichtlich Werbe- oder Marketingrechten regeln?

Es könnte ja sein, dass Judoka der IJF-Rangliste quasi Werbeträger für die IJF sind. Die IJF würde dann mit diesem Schreiben darauf hinweisen, dass die Sportler eben an keinen anderen Kampfsportveranstaltungen anderer Verbände teilnehmen dürfen, weil das quasi als eine "Werbemaßnahme" für eben jene nicht-IJF-Verbände gelten könnte, was dann möglicherweise verboten wäre?
Theorie: Wenn alle wissen, wie es geht, und es geht nicht.
Praxis: Wenn es geht, und keiner weiß, warum.
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Fritz
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Fritz »

@Casimir: Wenn es individuelle Verträge zwischen IJF und Athlet gäbe, dann würde solche Klauseln in die Verträge gehören und
dann wäre alles in bester Ordnung... Dann bräuchte es auch nicht so ein Schreiben seitens der IJF...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Hofi
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Hofi »

Hi!
Bei Verträgen zwischen IJF und Athleten wäre sowas vielleicht machbar, käme darauf an, welchem Recht der unterworfen ist. Ein Vertrag zwischen IJF und einem Nationalverband wäre allerdings ein Vertrag zulasten Dritter und das geht nicht. Und eine Athletenvereinbarung zwischen Nationalverband und einem Athleten, die sowas enthält, würde in meinen Augen wohl spätestens vom EuGH kassiert werden (wenn es in seinem Zuständigkeitsbereich passiert). Da es hier letztlich an der Freiwilligkeit der Unterzeichnung fehlt (unterschreibt man nicht, darf man nicht antreten), stellt der Ausschluss einer anderen wirtschaftlichen Betätigung sicher eine unangemessene Benachteiligung dar. Also hier schießt sich in meinen Augen die IJF tatsächlich selber ins Knie. Und nochmal nicht mit der Informationspolitik, die Regelung ist der Fehler.

Bis dann

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Fettzi
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Fettzi »

Der Präsident der IJF hat sich nun zu diesem Thema geäußert:

http://www.intjudo.eu/News/cikk3286
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Fritz
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Fritz »

Fettzi hat geschrieben:Der Präsident der IJF hat sich nun zu diesem Thema geäußert:

http://www.intjudo.eu/News/cikk3286
Sehr aufschlußreich...
Schon merkwürdig, wie er als Begründung, den ganzen Aufwand für die "Judo-Entwicklung" heranzieht
und im gleichen Atemzug was von Erbe und Geschichte beruft... :-(

Aber immerhin wissen wir jetzt endlich, daß ein Grund für den versuchten Herauswurf vom Ringen aus dem Olympia-Zirkus der war,
daß die Ringer auch MMA und anderen Ringsportarten assimiliert haben...

:BangHead
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Tirant lo Blanc
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Tirant lo Blanc »

Kann mir mal jemand in einfachen Worten erklären, wieso eine IJF Athleten verbieten kann, in deren Freizeit
sportlichen Aktivitäten nachzugehen, nur weil sie es geschafft haben,
bei IJF-organisierten Turnieren ausreichend viel Erfolg zu haben...? (Fritz).
In Deutschland braucht sich das niemand gefallen zu lassen. Das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit bindet mittelbar auch die Sportverbände, die im DOSB organisiert sind. Wer keine einzelvertragliche Vereinbarung mit der IJF geschlossen hat, die es ihm verbietet, kann sich jederzeit auch als Spitzenjudoka in anderen Sportarten betätigen, ohne daß die IJF es ihm wirksam verbieten kann. Und warum sollte er dies nicht tun? Die Unzufriedenheit darüber, daß im Judo immer mehr althergebrachte Judo-Techniken verboten werden, wächst eben und führt zu Konsequenzen.

Tirant lo Blanc
mifune10dan
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von mifune10dan »

Hallo zusammen,
schaut doch mal in youtube, wieviel japanische Spitzenjudoka Ausflüge in andere Kampfsportarten unternommen haben und auch Blut im Gesicht hatten.
Schaut mal selbst, wer wie oft gewonnen hat.
Ich habe den subjektiven Eindruck dass Judoka fast immer überlegen waren!!!
Die IJF will alles kaputtreglementieren.
Wieviel schöne Aktionen auf der (Judo)Matte werden durch die Regelungswut der IJF unterbunden?
Ich habe noch nach den alten Regeln kämpfen dürfen, oh wie war das schön!
Gruß
Reinhard
Gruß
Reinhard
Jupp
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Jupp »

Tirant de Blanc schreibt: "Die Unzufriedenheit darüber, daß im Judo immer mehr althergebrachte Judo-Techniken verboten werden, wächst eben und führt zu Konsequenzen."
Ich bin auch kein großer Anhänger der neuen Regelungen, für den Wettkampf Beingreiftechniken zu verbieten. Aber ich bin auch gegen allgemeine Plattitüden, die so nicht stimmen.

1. Im Judo sind schon seit Ende des 19. Jahrhunderts Techniken aus dem Kanon der Kodokan-Würfe herausgenommen und andere dafür hereingenommen worden. Das ist also keine neue und erst recht keine ständig anwachsende Angelegenheit. Man kann dazu die Änderungen in der Gokyo von 1920 heranziehen, als 8 Würfe herausgenommen wurden und sechs neu hinzugefügt wurden, mit der Begründung, dass die alten in Randori und Wettkampf nicht mehr verwendet würden (vgl. Daigo, Bd. 1)
2. Von den derzeit vom Kodokan mit Namen gekennzeichneten 67 Wurftechniken sind derzeit sechs Würfe neu verboten worden (aus der Gokyo nur zwei, nämlich Kata-guruma und Sukui-nage; daneben aber noch die Beingreifer Morote-gari, Kuchiki-taoshi und Kibisu-gaeshi sowie Obi-otoshi, der kaum noch unterrichtet wird)
3. Daneben sind außerdem folgenden Wurftechniken schon länger verboten: Kawazu-gake und Kani-basami, letzterer allerdings erst seit den 80-er Jahren.

Spektakuläre Würfe, die derzeit nicht mehr erlaubt sind, wie die "Abtaucher", die zahlreichen "Beingreifvarianten" und Ausheber wie Khabarelli und Te-guruma waren in erster Linie Würfe, die aus anderen Kampfsportsystemen ins Judo hineingetragen wurden. Im Technikkanon des Kodokan waren sie teilweise noch gar nicht mit eigenen Namen erfasst.

Mit den neuen Regelungen sind eigentlich also nur Kata-guruma sowie Morote-gari und Kuchiki-taoshi als "althergebrachte Judotechniken" für den Wettkampf verboten worden.

Das "immer mehr" stimmt also so nicht!

Und deswegen kann die Unzufriedenheit mit den neuen Regelungen auch nicht wirklich damit zusammenhängen.
mifune10dan schreibt: "Hallo zusammen,
schaut doch mal in youtube, wieviel japanische Spitzenjudoka Ausflüge in andere Kampfsportarten unternommen haben und auch Blut im Gesicht hatten.
Schaut mal selbst, wer wie oft gewonnen hat. Ich habe den subjektiven Eindruck dass Judoka fast immer überlegen waren!!!
Die IJF will alles kaputtreglementieren. Wieviel schöne Aktionen auf der (Judo)Matte werden durch die Regelungswut der IJF unterbunden?
Ich habe noch nach den alten Regeln kämpfen dürfen, oh wie war das schön!"
Ich weiß jetzt natürlich nicht, welche "alten Regeln" hier gemeint sind - waren es die von 1964 (bei den Olympischen Spielen) oder die von 1970, 1980, 1990 oder Anfang der 2000-er Jahre?
Daher ist es schwer, etwas seriöses dazu zu sagen.

Was ich aber weiß, ist, dass schon viele japanische Spitzenkämpfer der Jahre 1900-1950 aus dem Kodokan ausgeschlossen wurden, weil sie an professionellen "Ringer-Veranstaltungen" teilgenommen hatten. Ich denke dabei an Größen wie Maeda oder Kimura. Auch spätere Olympiasieger wie Geesink oder Yoshida standen erst nach Abschluss ihrer Judo-Karriere im "Catcher-" oder "MMA-Ring", als sie einen Ausschluss aus den Judo-Verbänden nicht mehr fürchten mussten.

Wie es sich mit Kashiwazaki oder Keiji Komuro verhielt, die an Sambo- und Kosen-Judo Wettkämpfen teilnahmen, weiß ich nicht genau zu sagen.

Jedenfalls: schon seit Kanos Zeiten wurde Judoka verboten, an Veranstaltungen teilzunehmen, die dem Kodokan nicht genehm waren - aus welchen politischen oder philosophischen Gründen auch immer.

Da hat also die IJF nicht Neues "erfunden" sondern steht eher - so sehe ich das - in der Tradition von Jigoro Kano und dessen Kodokan-Judo. Das mag jetzt einigen nicht gefallen, die sich selbst als Traditionalisten sehen und denken, dass früher alles besser war.
Aber es ist halt so, wie es ist!

Übrigens:
Kano hat 1891 nach seiner Rückkehr von der ersten Europareise Shiro Saigo, einer der "vier Säulen des Kodokan" (Kodokan Shi-tenno) und ersten Schüler Kanos und ersten Danträger, aus dem Kodokan herausgeworfen. Unter anderem deswegen, weil er mit seinem Verhalten - er hatte an Jujutsu-Auseinandersetzungen teilgenommen - dem Kodokan "Schaden" zugefügt habe. (lies dazu: Syd Hoare: "A History of Judo", London 2009, S. 80)

Jupp

P.S. Das Schreiben von IJF-Präsident Marius Vizer gefällt mir auch nicht!
Joerch
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Joerch »

Vielleicht bin ich ja blind, aber den zitierten Beitrag finde ich leider nicht. :oops:
Ich lande nur auf einer Seite, wo über das aktuelle Wettkampfgehampel berichtet wird.
Kann bitte einer den Wortlaut mal einstellen :danke
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Fritz
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Re: IJF und ihr Umgang mit Athleten

Beitrag von Fritz »

Jupp hat geschrieben: 1. Im Judo sind schon seit Ende des 19. Jahrhunderts Techniken aus dem Kanon der Kodokan-Würfe herausgenommen und andere dafür hereingenommen worden. Das ist also keine neue und erst recht keine ständig anwachsende Angelegenheit. Man kann dazu die Änderungen in der Gokyo von 1920 heranziehen, als 8 Würfe herausgenommen wurden und sechs neu hinzugefügt wurden, mit der Begründung, dass die alten in Randori und Wettkampf nicht mehr verwendet würden (vgl. Daigo, Bd. 1)
Da hat Kano aber noch gelebt...
Und die Würfe wurden im Wettkampf auch nicht verboten...
Jupp hat geschrieben:Was ich aber weiß, ist, dass schon viele japanische Spitzenkämpfer der Jahre 1900-1950 aus dem Kodokan ausgeschlossen wurden, weil sie an professionellen "Ringer-Veranstaltungen" teilgenommen hatten. Ich denke dabei an Größen wie Maeda oder Kimura. Auch spätere Olympiasieger wie Geesink oder Yoshida standen erst nach Abschluss ihrer Judo-Karriere im "Catcher-" oder "MMA-Ring", als sie einen Ausschluss aus den Judo-Verbänden nicht mehr fürchten mussten.
Habe ich im Vizer-Schreiben nicht sogar etwas von Preis-Geldern gelesen?
Ansonsten lies bitte mal im englischsprachigem JF die Beiträge von Cichorei Kano, bzgl. dem Umgang des Kodokan mit namhaften Leuten,
Frauen usw.usf. - "Sport"-Politik der übelsten Sorte - da wird Dir sicherlich auch etwas flau im Magen"...
Offensichtlich scheint Kano dann auch so langsam der Einfluß auf das Kodokan etwas entglitten zu sein...
Jupp hat geschrieben:Und deswegen kann die Unzufriedenheit mit den neuen Regelungen auch nicht wirklich damit zusammenhängen.
Hmm, die Unzufriedenheit mit den Regeln hängt nicht nur damit zusammen, ein weiterer großer Punkt dabei ist, wie und in welcher Häufigkeit
diese Regeländerungen zustande kommen, nämlich daß von nichtgewählten Leuten über die Köpfe der Judogemeinschaft hinweg, mit Begründungen u. Resultaten, die diametral dem entgegenstehen, was Judo sein sollte, durchgedrückt werden...
und fast alle zähneknirschend mitmachen "müssen" - und genau da setzt so langsam ein Umdenken ein,
welches die Erkenntnis reifen läßt, daß die WK-Regeln nicht Judo definieren u. man beginnt sich
regeltechnisch umzuschauen, wo man vielleicht noch Judo ohne die ganzen sinnlosen "Strafen hier, Strafen da"
betreiben kann. Und da scheint die IJF nun wohl so langsam zu befürchten,
daß eine "Abstimmung mit den Füßen" stattfindet und in ihrer Abgehobenheit kommen sie dann mit dem "Verbot", obwohl es in der zivilisierten Welt
so sicherlich rechtlich gar nicht haltbar ist, wenn ich Hofi u. Tirant lo Blanc richtig verstanden habe...
Jupp hat geschrieben:Da hat also die IJF nicht Neues "erfunden" sondern steht eher - so sehe ich das - in der Tradition von Jigoro Kano und dessen Kodokan-Judo. Das mag jetzt einigen nicht gefallen, die sich selbst als Traditionalisten sehen und denken, dass früher alles besser war.
Aber es ist halt so, wie es ist!
Dass im Kodokan auch nicht alles Gold war u. ist was glänzt, ist doch mittlerweile auch offensichtlich...
Man denke nur daran, was sie so aus den Judo-Kata gemacht haben... :-(
Joerch hat geschrieben:Vielleicht bin ich ja blind, aber den zitierten Beitrag finde ich leider nicht. :oops:
Ich lande nur auf einer Seite, wo über das aktuelle Wettkampfgehampel berichtet wird.
Tja, da wird wohl einigen aufgefallen sein, daß der Herr Vizer da etwas "Mist" verbockt hat mit seinem Schreiben...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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