Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

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MCNS
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Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von MCNS »

Hallo Leute,

es wurde am 17.11.2010 ein Bericht mit dem Titel "Es gibt kein 'falsch'", in dem von dem Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka berichtet wird, veröffentlicht:

http://www.derwesten.de/sport/lokalspor ... 54513.html

Ich finde den Bericht sehr gut. Besonders die Idee, einen Lehrgang bzw. ein Integrationswochenede zu veranstalten, hat mich sehr beeindruckt, denn bisher gab es ja solche Verstaltungen für körperlich gehandicapte Judoka nicht.

Ich denke, dass solche Menschen wie Julia Blatt von zentraler Bedeutung für unsere Gesellschaft sind, da sie die vom Verband zu dem Zeitpunkt noch zu wenig umgesetzten bzw. manchmal auch zu wenig beachteten Interessen aus "eigener Kraft" soweit versuchen umzusetzen, dass die Betroffenen trotz der Schwierigkeiten oder Hindernisse etwas "haben", was ihnen die Freude (in diesem Fall) am Judosport erhalten kann.

Daher ziehe ich meinen Hut vor Julia Blatt und ihrem sozialpolitischen Einsatz für den Judosport der körperlich Behinderten.

Wer dies ebenso empfindet oder vielleicht noch jemanden kennt, der sich für die körperlich bzw. auch die geistig oder lernbehinderten Judoka in Deutschland einsetzt, kann ja hier kurz auf diesen Beitrag antworten und dies schreiben.

Viele Grüße

MCNS
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Judohexe doris
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Re: Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von Judohexe doris »

Hallo Mcns,

ich kenne außer dir weiter zwar keine Leute (es gibt auch zu wenige!), aber ich denke, es sollte nicht nur ein Lehrgang für Kinder und Jugendliche geben, sondern Lehrgänge auf verschiedenen Ebenen: Trainer; Lehrer; Technik; etc.
Je mehr das Thema auch in das Bewustsein der Nichtbehinderten eindringt, um so unproblematischer wird ja das Ganze.
In dem Artikel wird z.B. davon geschrieben, daß es erst schwierig war für Julia Blatt und ihre Trainer und Gegner. Erst mit einer gewissen Gewöhnung lief es dann.
Gruß

Judohexe Doris


WENN JUDO EINFACH WÄRE; WÜRDE ES FUSSBALL HEISSEN!!!!
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Christian
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Re: Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von Christian »

Im Landesverband Niedersachsen ist Martin von den Benken sehr bekannt, wenn es um die Arbeit mit behinderten Menschen geht.
Vor kurzem fand wieder ein integrativer Herbstlehrgang statt:
http://www.njv.de/breitensport/news.php?id=1007
schöne Grüße
Christian
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Re: Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von mifune10dan »

Hallo,
mir fällt da spontan der Judoverband Pfalz und sein Lehrwart Thomas Föllinger vom Judokan Landau ein. Er ist, glaube ich auch ausgebildet als Judolehrer im Behindertenbereich.
Hilft Dir das weiter?
Gruß
Reinhard
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Reinhard
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Re: Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von judoka50 »

@MCNS
Das Thema und der Einsatz für Judoka mit einer Behinderung ist immer wieder lobenswert und einfach schön zu lesen........

Zu diesen Themen habe ich schon einiges geschrieben.
Nicht zuletzt, da in NRW durch Dr. Wolfgang Janko eine große Wegbereitung im DJB erfolgt ist.
Auch Berichte zu Judoka, denen von Geburt an der gesamte Unterarm fehlt,
http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... ehinderten
bis hin zu Judoka die nicht stehfähig sind. usw.

Insgesamt ein weites Feld:
Wer Interesse hat kann ja mal hier kurz überfliegen.
http://www.dasjudoforum.de/forum/viewforum.php?f=29

Weiter kann ich nur jedem empfehlen, neben der normalen ÜL Ausbildung auch mal eine Ausbildung in dieser Richtung zu machen um dann vielleicht auch Interesse am Judo mit behinderten Menschen zu finden - Es lohnt sich.....
Ich bin Anfang Dezember auch wieder als Prüfer bei der Judo Gruppe der "Lebenshilfe" in Hamm eingesetzt und freue mich schon jetzt riesig auf die dort gezeigten Leistungen. Auch wenn es manchmal schwierig ist, bei den Rolli-Fahrern das Prüfungsprogramm für nicht stehfähige exakt einzustudieren, ist das Ergebnis in der Prüfung oft überwältigend. Es fängt schon mit dem Angrüssen an, wo man es sich nicht nehmen lässt, auf dem Boden allein auf seinen Platz zum Angrüssen zu "rutschen". Alles in allem bewundernswert - wobei ich mir einen solchen Ehrgeiz manchmal ansatzweise von "normalen" Judoka wünschen würde.
Viele Grüße
U d o
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Re: Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von Shorn »

Lieber Udo (und all die anderen),

bei den Judo-Behinderten kennt man scheinbar nur Geistig-Behinderte, für die extra Gruppen, Prüfungordungen, Turniere usw. organisiert werden, unter anderen dank der Lebenshilfe.
Was ist eigentlich mit all den anderen Behinderten, die z.B. durch einen Unfall oder - wie bei mir - durch eine Krankheit behindert worden sind. Warum sollen wir denn ein Trainingsprogramm mitmachen, dass uns oder wenigstens mir binnen kurzer Zeit grottenlangweilig ist, wo kaum Randoris oder gar Katas gemacht werden?
Damit spreche ich wirklich nicht gegen Aktivitäten, die Wolfgang Janko, die Lebenshilfe und auch du, Udo, unternehmen; das eine Aufgabe, vor der ich vollsten Respekt habe.

Was wir brauchen, ist eine Struktur, die es auch nicht geistig, aber trotzdem behinderten Leuten ermöglicht, Judo in einer normalen Gruppe mitmachen zu lassen. Und eine Prüfungordnung, die etwas mehr Spielraum hinsichtlich der einzelnen Aufgaben ermöglicht (a la: wie mache ich einen Te-guruma, wenn die eine Körperhälfte nicht macht, was man ihr befiehlt).
Shorn aka Ludger
sweetheard
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Re: Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von sweetheard »

Hallo ihr Lieben,

das, was Shorn anspricht, ist genau das worauf der Zeitungsartikel aufmerksam machen soll. Es gibt für Judoka mit körperlichen Behinderungen keine Prüfungsordnung oder Wettkämpfe. Wenige Ausnahmen zeigen zwar, dass es durchaus möglich ist, am "normalen" Trainingsbetrieb teilzunehmen oder auch auf Wettkämpfen zu starten, doch an sich ist es eher traurig. Die Aufnahme von Wettkämpfen für Menschen mit körperlicher Behinderung wäre ein großer und wichtiger Schritt. Und ich denke auf dem Lehrgang im nächsten Jahr kann dafür der erste Meilenstein gesetzt werden.

Liebe Grüße
sweetheard
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Re: Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von judoka50 »

@ Ludger
- selbstverständlich soll immer im Vordergrund die "normale" Prüfung stehen. Ich habe keinerlei Probleme damit, die Prüfung in solchen Fällen so weit auszulegen, dass sie den körperlichen Möglichkeiten angepasst sind. Erst wenn dann das Entgegenkommen so weit ist, dass es mit der gesonderten Prüfungsordnung auf einem Niveau ist, sollte man sich darüber Gedanken machen.
Ich habe zu einem unserer damaligen Liga-Kämpfer in unserem Kreis ja auch schon etwas geschrieben.
http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... =29&t=4365 - 09.10.2009, 19:43
und auch bei Dir sehe ich keine Probleme, eine normale Prüfung abzunehmen.
Schwieriger wird es da schon, einen Verein zu finden, in welchem man sich wohl fühlt und auch tatsächlich integriert ist. Oft liegt es nicht an dem Trainer, sondern an den "Berührungsängsten" der Teilnehmer, die sich dann auch mal irgendwie negativ äußern. Ist allerdings sehr selten aber dennoch traurig.
Bei den Turnieren, die im G-Judo durchgeführt werden, ist in der "höchsten" Stufe zwischenzeitlich ein sehr hohes Niveau vorhanden, wobei viele der Kämpfer beim Training und Randori in keinem normalen Verein auffallen würden, da ihre Defizite halt nicht im Bewegungsablauf sichtbar sind. Sie machen sich halt nur in der Unterhaltung usw. bemerkbar. Insoweit ist es da auch schon schwierig, mit einer körperlichen Einschränkung mitzukämpfen, ohne gleich eine Stufe niedriger zu starten.
Problem beim Randori mit diesen Leuten sehe ich darin, dass sie oft ihre tatsächliche Fähigkeit und Kraft gar nicht richtig einschätzen können, so dass sie sich dementsprechend auch nicht auf einen Uke mit körperlichen Defiziten einstellen können......
Zudem sehe ich bei Turnieren die Schwierigkeit, wie man passende Gruppen mit welcher Behinderung gegeneinander starten lassen könnte.....
Insgesamt ein sehr weites Feld, so dass ich vermutlich zunächst einen Ausgleich im Randori in einem normalen Verein vorziehen würde.
Viele Grüße
U d o
Shorn
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Re: Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von Shorn »

Schwieriger wird es da schon, einen Verein zu finden, in welchem man sich wohl fühlt und auch tatsächlich integriert ist. Oft liegt es nicht an dem Trainer, sondern an den "Berührungsängsten" der Teilnehmer, die sich dann auch mal irgendwie negativ äußern. Ist allerdings sehr selten aber dennoch traurig.
Da hab ich an sich sehr gute Erfahrungen gemacht; ich trainiere in vier verschiedenen Vereinen und überall bin/war ich herzlich willkommen. Und langsam haben sich die Mit-Judokas dran gewöhnt, dass sie von einem behinderten Kämpfer zum Randori aufgefordert werden, der inzwischen auch keine Angst hat, geworfen und zu fallen hat :-)!
Shorn aka Ludger
MCNS
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Re: Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von MCNS »

Hallo Leute,

vielen Dank für Eure Antworten! :danke

Wie ich es so mitbekommen habe, setzen sich leider nur sehr wenige für die körperlich gehandicapten Judoka ein, die meisten doch eher nur für die geistig gehandicapten, was sehr schade, wenn nicht sogar äußerst traurig ist.
judoka50 hat geschrieben:Zudem sehe ich bei Turnieren die Schwierigkeit, wie man passende Gruppen mit welcher Behinderung gegeneinander starten lassen könnte.....
Dieses Problem stellt sich immer, doch dieses ist bereits seit langem gelöst. Hierfür schaue Dir bitte das Wettkampfsystem bei den internationalen Wettkämpfen an. Selbstverständlich ist es nicht immer zu 100% perfekt, da irgendeiner immer übrig bleibt und in eine für ihn ungünstige Gruppe kommt. Doch insgesamt ist es ein sehr gut funktionierendes Wettkampfsystem, bei dem prinzipiell jeder eine faire Chance auf den Sieg hat.

Wenn man sich in Deutschland nun so schwer tut, ein neues Wettkampfsystem auszuarbeiten, warum übernimmt man dann das bei den internationalen Wettkämpfen angewandte nicht einfach? Ist doch auch wesentlich sinnvoller, denn man hat dann schon ein "erprobtes Wettkampfsystem" und ist nicht auf eine längere "Testphase" angewiesen. Dabei bleibt auch die Möglichkeit offen, Änderungen einzuführen, wenn es nun durch eine deutlich größer werdende Teilnahme von Sportlern mit einem bestimmten Handicap erforderlich wird.

Viele Grüße

MCNS
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Re: Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von Judohexe doris »

Hallo Nicholas,

geht es denn wirklich um
Wenn man sich in Deutschland nun so schwer tut, ein neues Wettkampfsystem auszuarbeiten, warum übernimmt man dann das bei den internationalen Wettkämpfen angewandte nicht einfach?
?
Ich denke nicht! Wettkampfsysteme sind Probleme der Organisation.
Die Schwierigkeiten liegen doch eher im sozialen Bereich, d.h. Trainer zu finden, die sich auf die Problematiken der jeweiligen Behinderung einlassen können. Dazu gehört es, sich Gedanken über Variationen von Techniken zu machen, die über das judotypische hinaus gehen. das macht zuweilen Arbeit. Die meisten Trainer sind ehrenamtler und nicht immer so motiviert.
Dazu kommt noch, dass es erforderlich ist, sich in die Situation des Behinderten hineinzuversetzen. Wie will man ihn sonst beraten? Das ist denke ich ungefär so, als wolle man einen erprobten jungen Wettkämpfer eine Trainigsgruppe mit Eltern und Kindern im Alter von 3-5jährigen anvertrauen. Vielleicht geht es gut. Aber ich glaube, daß es eher schwierig wäre für den Wettkämpfer, sich in die Situation von Eltern und von 3-5jährigen zu versetzen.
Gruß

Judohexe Doris


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Re: Engagement einer körperlich gehandicapten Judoka

Beitrag von sweetheard »

Hallo liebe Judofreunde,

der in dem oben stehenden Zeitungsarktikel angesprochene Lehrgang, wird vom 24.-26.06.11 in Wanne-Eickel stattfinden.
Mit integrativem Training, Austauschmöglichkeiten, Grillen .... und natürlich Sport.

Weitere Informationen folgen

Liebe Grüße
sweetheard
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