Randori no kata

Nage-no-Kata, Katame-no-Kata, Gonosen-no-Kata und verwandte Kata
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Hofi
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Re: Randori no kata

Beitrag von Hofi »

Hi!
Ich bin nochmal zurück bei den Schlägen der Nage-no-kata.
Toms Theorie, dass es sich unbedingt um einen Angriff mit einer Blankwaffe (sei es nun Schwert oder was auch immer) in Richtung ungeschützte Stelle zwischen Helm und Rüstung handeln müsse, ist grundsätzlich interessant und einleuchtend. Wenn man sich aber überlegt, was es denn z.B. noch alles sein könnte, z.B.
- Schlag mit einer improvisierten Waffe, Stuhlbein, Maßkrug (ok letzteres jetzt nicht gerade im Japans Kanos, heutzutage im nachgemachten Hofbräuhaus aber schon) o.ä. auf den ungeschützten Kopf
- Schlag mit einer, einen Shuriken haltenden, Faust
- Schnitt mit den Messer durchs Gesicht wie bei Kime-no-kata
so fällt einem selbst bei der Verwendung von Waffen eine Mehrzahl von Möglichkeiten ein, wie dieser Angriff aus der Nage-no-kata noch verwendet werden könnte und erst recht wie man diesen als Angreifer modifizieren könnte.
Da es sich bei Kata aber um das Erlernen der grundlegenden Form handelt, sollten wir in meinen Augen davon ausgehen, dass es sich hier bei der Aktion von Uke in der Nage-no-kata letztlich tatsächlich nur um einen Schlag von oben mit der Faust handelt.
Selbstverständlich bleibt es jedem unbenommen, die unterschiedlichen Variationen in katamäßiger Form zu üben, nur muss man sich dann bewusst sein, dass man dann nicht mehr die klassiche Nage-no-kata selbst trainiert, sondern eine Anwendungsform derselben.
Bis dann
Hofi
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd.

Heimat ist dort, wo man von der Dorfbevölkerung, die einen duzt, gelyncht wird.
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Fritz
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Re: Randori no kata

Beitrag von Fritz »

Hofi hat geschrieben:so fällt einem selbst bei der Verwendung von Waffen eine Mehrzahl von Möglichkeiten ein, wie dieser Angriff aus der Nage-no-kata noch verwendet werden könnte und erst recht wie man diesen als Angreifer modifizieren könnte.
Da es sich bei Kata aber um das Erlernen der grundlegenden Form handelt, sollten wir in meinen Augen davon ausgehen, dass es sich hier bei der Aktion von Uke in der Nage-no-kata letztlich tatsächlich nur um einen Schlag von oben mit der Faust handelt.
Aber genau das ist doch der Zweck einer (dieser?) Kata, grundlegende Bewegungsmuster zu schulen,
die möglichst viele konkrete Situationen abdecken...
- kommt was von oben mit Drang nach vorn, zack - Seoi-Nage,
- dreht man "falsch rum" ein, zack - Uki-Goshi,
- schafft man es nicht einzudrehen, hoppla - "Verzweiflungswurf" Ura-Nage.
- paßt der nicht wegen Ukes Verteidigung, Yoko-Guruma...
Aber unter den Arm/Angriff muß man in jedem Fall...

Aber es ist schon wichtig, beim Üben zu wissen, daß es sich eigentlich, um einen Waffenangriff handelt.
Es ist wichtig, für die Ernsthaftigkeit des Übens, es ist wichtig zur Motivation der Üblinge...

Zeigt/erklärt man es nur als Faust-Schlag, dann stellt sich bei den meisten die Frage:
Wieso Schlag, Schläge gibt es doch im Judo gar nicht / sind verboten?
Hat man dann die Sache mit den Atemi u. dem Judo dann erklärt, dann gibt es zwei typische Reaktionen:
Die einen erkennen, daß die Bewegung als Leerhandschlag irgendwie nicht so recht "wirkt", von den anderen
kommt irgendwas in der Art "ist doch Blödsinn, weil sowieso nicht erlaubt" - Resultat ist in beiden Fällen
in der Regel ein lustloses "Winken" mit dem Arm -
zugegeben, ist etwas stark überzeichnet geschildert ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Randori no kata

Beitrag von tutor! »

Fritz hat geschrieben: Aber es ist schon wichtig, beim Üben zu wissen, daß es sich eigentlich, um einen Waffenangriff handelt.
Tut es aber nicht! Gibt es auch nur eine einzige zitierfähige Quelle dafür? Nein!

Die einzige derzeit bekannte Quelle für den Ursprung der Aktion ist Otaki/Draeger, die eindeutig schreiben, dass es sich um eine aus dem "jujustu" übernommene Atemi-waza handelt. Weitere Nachforschungen ergeben, dass sowohl der Trefferpunkt am Kopf "Tento" als auch die Stelle der Faust mit der getroffen wird, sowohl in der Tenjin-shinyo-Ryu als auch im Verzeichnis der Techniken des Kodokan-Judo vorkommen.

Wenn es Dir als methodisches Mittel gelingt, dass die Schüler ernsthafter üben, wenn sie sich vorstellen, Uke hätte eine Waffe in der Hand, dann ist das in Ordnung und legitim.

Wenn Du aus dieser Grundbewegung heraus, die Abwehr bewaffneter Angriffe simulierst oder sogar mit Waffen trainierst, ist das auch in Ordnung. Wenn Du dabei die Bewegung modifizierst, dass es besser passt, dann ist das auch gut.

Nicht in Ordnung ist jedoch ohne zitierfähige Quelle zu behaupten, in der von Jigoro Kano geschaffenen Nage-no-Kata gäbe es keinen Angriff mit Atemi, weil es in Wirklichkeit etwas anderes ist. Und genau um diese Frage geht es hier. Es geht nicht um einen Wust von Indizien - es geht um zitierfähige Quellen.

Wenn jemand nun feststellt, dieser Angriff sei nicht effektiv, dann stellt er damit gleichzeitig fest, dass diese Art zu schlagen, die unzweifelhaft von Kano aus der Tenjin-shinyo-Ryu ins Kodokan-Judo übernommen wurde, nicht effektiv sei. Für einige ist das ein Sakrileg, ich sehe das gelassener.

Ich bin dabei es weiter zu ergründen und stehe dazu in vielversprechenden Kontakten. Sobald ich mehr weiß, werde ich es hier berichten. Gleichzeitig bitte ich alle anderen hier, das zutun, was Tom immer gefordert hat: nur zitierfähige, eindeutige Quellen zu nennen. In diesem Punkt sollten wir alle Übereinstimmung finden.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
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Re: Randori no kata

Beitrag von Hofi »

@ Fritz: Ich denke (hab letztlich bisher immer rechtzeitig eingedreht), dass ein gut durchgezogener Schlag mit der "leeren" Faust direkt auf den (nicht durch einen Helm geschützten) Oberkopf zwar nicht so effektiv wirkt, wie es ein anderer Schlag oder eine Waffe täte, aber doch recht schmerzhaft sein dürfte. Wer es nicht glaubt, kann ja einfach mal stehen bleiben, wenn Uke richtig schlägt und dann hier berichten 8) .
Insofern, solange ich nicht irgendwo schwarz auf weiß lesen kann, dass es sich um eine Schwerttechnik handelt, bleibe ich bei der Schlagversion. Wobei ich das Beispiel mit dem Schwert durchaus aus didaktischen Gründen benutze.
Bis dann
Hofi
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Fritz
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Re: Randori no kata

Beitrag von Fritz »

tutor! hat geschrieben:Wenn es Dir als methodisches Mittel gelingt, dass die Schüler ernsthafter üben, wenn sie sich vorstellen, Uke hätte eine Waffe in der Hand, dann ist das in Ordnung und legitim.

Wenn Du aus dieser Grundbewegung heraus, die Abwehr bewaffneter Angriffe simulierst oder sogar mit Waffen trainierst, ist das auch in Ordnung. Wenn Du dabei die Bewegung modifizierst, dass es besser passt, dann ist das auch gut.
So möchte ich es auch verstanden haben... ;-)
tutor! hat geschrieben:Ich bin dabei es weiter zu ergründen und stehe dazu in vielversprechenden Kontakten. Sobald ich mehr weiß, werde ich es hier berichten.
Dann werde ich geduldig (mit den Füßen scharrend) auf Deinen Bericht warten... ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Der Schlag und die Indizien

Beitrag von HBt »

Hofi hat geschrieben:Oberkopf zwar nicht so effektiv wirkt, wie es ein anderer Schlag oder eine Waffe täte, aber doch recht schmerzhaft sein dürfte. Wer es nicht glaubt, kann ja einfach mal stehen bleiben, wenn Uke richtig schlägt und dann hier berichten
Tom hat hier schon häufig berichtet wie wirkungslos ein waffenlos geführter Schlag in dieser Ausführung ist (aus eigener Erfahrung kann ich dieses bestätigen), mit etwas Kenntnis der Physik leuchtet das auch jedem ein.
Das es sich bei den im Jigotai befindlichen Aktionen um Yoroikumiuchi handelt, dürfte wohl keiner mehr in Frage stellen. Wenn das so ist, ist 'der Schlag' mit Sicherheit ein Atemi mit Waffe. Eine Waffe könnte auch der Kochlöffel der wütenden Mamsell sein, nur der bricht in zwei Teile, saust er auf Opas Schädel nieder. Rammt sie ihm den Stiel in den Schädel, ist Opa allerdings fällig für den Einzug nach Walhall.

Ja Belege, die dieses alles bestätigen und von J. Kano unterzeichnet worden sind, habe ich noch nicht gesehen.
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Re: Der Schlag und die Indizien

Beitrag von tutor! »

HBt hat geschrieben:Tom hat hier schon häufig berichtet wie wirkungslos ein waffenlos geführter Schlag in dieser Ausführung ist (aus eigener Erfahrung kann ich dieses bestätigen), mit etwas Kenntnis der Physik leuchtet das auch jedem ein.
Dann stimmt wohl etwas mit der Ausführung nicht.
HBt hat geschrieben: Das es sich bei den im Jigotai befindlichen Aktionen um Yoroikumiuchi handelt, dürfte wohl keiner mehr in Frage stellen.
Definiere doch bitte "Yoroi-kumi-uchi", damit wir hier nicht aneinander vorbei reden. In der Ju-no-Kata kommt auch Jigotai vor - und zwar mehrfach. Aber das wird wohl niemand als Yoroi-kumi-uchi bezeichnen.
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Lin Chung
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Re: Randori no kata

Beitrag von Lin Chung »

Rammt sie ihm den Stiel in den Schädel, ist Opa allerdings fällig für den Einzug nach Walhall.
...ich erwähnte bereits den Griff einer Kurzwaffe. :D
Grüße
Norbert Bosse
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HBt

Die Ju no kata

Beitrag von HBt »

In der Ju-no-Kata kommt auch Jigotai vor - und zwar mehrfach.
Ja, könnte man so sehen - in meinem Kontext ist dieser Jigotai bedeutungslos. Du hast Recht, es ist eine Definitionsfrage.

Jetzt drängt sich mir aber eine weitere Frage auf, was ist die Ju no kata eigentlich und was beinhaltet sie alles, welche Bedeutung hat sie und sollte sie eigentlich haben?

Hinsichtlich der Waffenfrage: denke ich da speziell an:Tsukidashi, Kirioroshi, Ryokataoshi, Nanameuchi ... ach was, an alle Techniken/Prinzipien etc.pp. - reine Spekulation, abhängig von der Perspektive des Betrachters natürlich.
Zuletzt geändert von HBt am 04.12.2008, 12:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Randori no kata

Beitrag von Fritz »

Yoroi-kumi-uchi
Handelt es sich dabei nicht um "Ringen in Rüstungen"?
Gehört zu einer Rüstung nicht auch ein Helm?
Und so ne Art Handschutz?
Mit freundlichem Gruß

Fritz
HBt

Spekulation

Beitrag von HBt »

Und Waffen selbstverständlich. Das Nicht_mehr_ziehen_können eines Tanto oder Kodachi könnte das sorgfältige Beiseitelegen des rechten Armes von Uke in der Katame no kata erklären.
tutor!
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Re: Die Ju no kata

Beitrag von tutor! »

HBt hat geschrieben:Und Waffen selbstverständlich. Das Nicht_mehr_ziehen_können eines Tanto oder Kodachi könnte das sorgfältige Beiseitelegen des rechten Armes von Uke in der Katame no kata erklären.
Oder dass Uke nicht mehr während des Haltegriffs bzw. der Hebel und Würger in die Geschlechtsteile fassen kann (nicht wirklich unüblich bei Japanern im Bodenrandori!).

Bitte hört doch endlich auf zu spekulieren. Am Ende glaubt´s noch einer und verbreitet es weiter.
HBt hat geschrieben:Jetzt drängt sich mir aber eine Frage auf, was ist die Ju no kata eigentlich und was beinhaltet sie alles, welche Bedeutung hat sie und sollte sie eigentlich haben?

Hinsichtlich der Waffenfrage: denke ich da speziell an:Tsukidashi, Kirioroshi, Ryokataoshi, Nanameuchi ... ach was, an alle Techniken/Prinzipien etc.pp. - reine Spekulation, abhängig von der Perspektive des Betrachters natürlich.
Nun erst einmal ist sie keine Randori-no-Kata - würde also in einen separaten Faden gehören. Aber in aller Knappheit.

Für Kano war der Aspekt der Leibeserziehung besonders wichtig, an einer Stelle schreibt er sinngemäß "was durch Randori nicht erreicht werden kann, muss durch Kata ausgegleichen werden". Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube es steht bei Otaki/Draeger.

Dies ist ein Aspekt der Ju-no-Kata, daher auch die langsame Bewegungsausführung und die dehnenden Passagen. Hinzu kommen natürlich noch die spirituellen Aspekte.

Zwei andere Passagen sind wichtig: Es wird das Prinzip "Ju" verdeutlicht. Tori weicht immer aus und/oder führt die Bewegung von Uke weiter. Lediglich Uke arbeitet zweimal in der Kata gegen die Kraft von Tori (in der Endposition von Ago-oshi durch heranziehen der Arme und bei Kata-te-age im Wechseln der "links-rechts-Dehnungen". Beides wird aber jeweils von Tori durch nachgeben gekontert.

Ein wesentlicher Aspekt von "Ju" ist Tai-sabaki, also die feinen Körperbewegungen und Positionswechsel, mit denen Tori a) sein eigenen Gleichgewicht immer behält und b) Uke im Verlauf der Techniken aus dem Gleichgewicht bringt.

Gleichgewicht erhalten bzw. brechen durch geschicktes Tai-sabaki sind also die entscheidenden technischen Lektionen - immer in Verbindung mit der richtigen Distanz.

Desweiteren enthält die Kata Atemi-waza und einige Befreiungen des Handgelenks.

Es gibt eine Reihe von Anlehnungen an die Koshiki-no-Kata (z.B. Obi-tori), die mir klar und eindeutig zeigen, dass Kano auf diese ältere Kata Bezug genommen hat.

Da die Bewegungen grundsätzlich stilisiert sind, spielt es keine so große Rolle, ob sie aus Waffenabwehren entnommen wurden oder nicht. Zumindest für Kiri-oroshi würde ich das stark annehmen. Tsuki-dashi schon wieder eher nicht (obwohl es nahe zu liegen scheint) denn Uke müsste die Waffe loslassen um bei der Drehung umgreifen zu können.

Wir können ja analog zur Katame-no-Kata einen Ju-no-Kata -Faden aufmachen, wenn es nicht zu speziell ist.
Zuletzt geändert von tutor! am 04.12.2008, 13:29, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Spekulation

Beitrag von tutor! »

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