Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Nage-no-Kata, Katame-no-Kata, Gonosen-no-Kata und verwandte Kata
Sven Keidel
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Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von Sven Keidel »

In dem Buch: "Modern Judo - Volume II - Advanced Technique" von Charles Yerkow (The Military Service Publishing Company - USA 1954)
auf Seite 186 ist ein Punkt auf Ukes Kopf markiert (Nummer 50), der als "very dangerous" ausgewiesen ist, wenn man ihn mit einem Schlag trifft. Dies ist genau die Stelle, auf die Ukes Schlag in der Nage no Kata zielt.
Ist das ein brauchbarer Hinweis auf einen empfindlichen Punkt?

Hier habe ich die Seite eingescannt: http://www.djk-ingolstadt-judo.de/NNK
HBt.

Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von HBt. »

Lieber Sven,
ich verstehe Deine Frage nicht.
Ist das ein brauchbarer Hinweis auf einen empfindlichen Punkt?
Schlag doch einmal richtig drauf :alright. Mach einen Reihentest, reihe Dir deine Ukes auf ...quasi "Hau den Lukas!".

Entschuldigung,
aber ich bin gerade etwas auf Krawall gebügelt.

Gruß,
HBt.


PS
Mach einen Selbstversuch und drücke mit einem beliebigen Finger, mehrmals (Du musst den Punkt ja erst noch suchen), auf den benannten Punkt. Spürst Du etwas? Wie viel Zeit vergeht, bist Du da oben (und mehr noch) nichts mehr spürst???
katana
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von katana »

Es befindet sich an dieser Stelle in jedem Fall ein Akupressur- bzw. Akupunkturpunkt.
Viele dieser "Punkt-Tafeln" werden 1.1 in die Kampfkünste als Angriffspunkte übernommen.
Meiner Meinung nach trifft diese Verwundbarkeit sicherlich auf einige empfindliche Punkte zu, jedoch nicht auf alle.
Hier ein weiterer Auszug aus einer solchen Kampfkunst-Werbung, ...
"... Diese Schwachstellen bezeichnet man auch als Akupunkturpunkte (chinseisch) oder Kupso-Punkte (koreanisch) oder Atemi-Punkte (Japanisch)..."
Ich glaube, dieser Satz sagt sehr viel, über den Fachverstand diesbezgl. aus.

In dieser Werbung eines " asiatischen Großmeisters" lernt man u.a. ....
"... Mit einem gezielten und kräftigen Schlag auf lebenswichtige vitale Punkte kann man einen Gegner sofort kampfunfähig machen....."
Das Seminar ist für....
"....Kinder (ab 8 jahre), Jugendliche, Erwachsene, Verwandte und Freunde ...."
???? Na das ist doch mal was ... :dontknow
KK
HBt.

Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von HBt. »

Ach Du Sch...

Aber ist das eine mögliche Antwort auf Svens Frage(?), eindeutig NEIN. Behaupte ich ;-).

@katana,
diese Spinner sind einfach herrlich und manchmal kotzen sie mich an (vor allen Dingen ihre Schüler) - heute ist so ein Tag.


@Fritz,
entschuldige bitte meine Ausdrucksweise.
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Fritz
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von Fritz »

Nun ja, allerdings bezweifle ich, daß man mit dem Faustboden in der Lage ist, auf dem Punkt was auszurichten...
Es gibt hier auch schon einen Faden zum Thema irgendwo... Und wohl auch Leute, die es ausprobiert haben...

Was ich allerdings für gut möglich halte, ist, wenn man mit nem Gegenstand drauf haut... "Kubotan", Schlüsselbund,
Bierseidel, Messerknauf u.ä., daß es dann schon übel werden kann... ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
katana
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von katana »

Fritz hat geschrieben:Was ich allerdings für gut möglich halte, ist, wenn man mit nem Gegenstand drauf haut... "Kubotan", Schlüsselbund,
Bierseidel, Messerknauf u.ä., daß es dann schon übel werden kann..
Wer weiß, ob solche Dinge nicht sogar üblich waren (Kubotan o.ä. z.B.)
Warum war sonst in den ersten Wettkampfregeln das Verbot von versteckten Waffen verankert ?

KK

Was ist denn mit HBt heute los,... ist dir was auf die Fontanelle gefallen ? ;)
katana
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von katana »

Eine Sache hatte ich diesbezgl. noch vergessen.
Bei diesem Angriff (Hammerfaust von oben nach unten, so wie er derzeit in der Nage No Kata ausgeführt wird)
wird als Ziel "Ukes Tento" angegeben.

Nun mein Gedankengang dazu:
Könnte es sein, daß jap."Tento" mit dem lat. Begriff "Tentorium" identisch oder vergleichbar ist ?
Dieser Bereich liegt jedoch nicht an der Stirnbeinregion, sondern im hinteren Schädelbereich.
Würde man diesen Schlag (Hammerfaust von oben nach unten, so wie er derzeit in der Nage No Kata ausgeführt wird),
z.B. gegen einen stark abgebeugten Gegner (auf den Schädelbereich wo man "Tentorium" lokalisieren kann)
anwenden, würde er sicherlich starke Wirkung entfalten.
Der Schlag wäre dann äußerst sinnvoll. (Im Boxen z.B. streng verboten)

Will heissen ... hat man vielleicht bei der Änderung des Schlagangriffs (bei Otaki/Draeger erwähnt, auch wenn es laut gewisser "Experten" nie Änderungen gab), eine irreführende Ziel-Bezeichnung übernommen ?
Wäre doch möglich :dontknow
Kennt jemand einen japanischen Mediziner ?

KK
Deshi
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von Deshi »

Hier gab es mal einen aufschlußreichen Thread, der sich mit dem Sinn und Zweck des Schlages beschäftigte:
viewtopic.php?f=57&t=4445
Es ging darin tendenziell in die Richtung, dass die Schlagbewegung Ukes nur dazu dient, dass Tori den Wurf ordentlich üben kann.
Unter diesem Gesichtspunkt scheint es mir hinfällig, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, auf welchen Quadratzentimeter des
Schädeldaches der Schlag genau gerichtet ist.
(Sorry, falls ich als Uneingeweihter da etwas falsch verstanden haben sollte.)
katana
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von katana »

Das ist mir bekannt, ich habe ja selbst auf die Passage hingewiesen.

Allerdings bezieht sich diese Passage auf eine ältere Form dieser Situation.
Es wird ja erklärt, daß der Schlag gewählt wurde, um Ukes Gleichgewichtsverlagerung für Seoi Nage auszunutzen.
The reason for it is, different ways to strike mean a shift in the weight distribution, and in this case I decided to apply a vertical strike which fits best to explain the principle of Seoi Nag
Im Kodokan wird aber heute gelehrt, daß Uke nicht aus dem Gleichgewicht ist bei der Schlagausführung,
sondern daß Tori Ukes Gleichgewicht bricht.
Es wurde übrigens nicht nur die Schlagausführung verändert, sondern auch der Seoi Nage.
Wann und in welcher Reihenfolge diese Dinge geändert wurden, kann ich nicht sagen.
Aber die heutige Version unterliegt wohl dem "Stille-Post-Syndrom".

Es war lediglich ein Gedanke meinerseits, daß man vielleicht eine Schlagtechnik auswählte, die tatsächlich in einem anderen Zusammenhang existiert (hat) in dem sie äußerst effektiv und sinnvoll angewendet werden kann (Tentorium).
Im Zusammenhang mit der Nage No Kata jedoch situativ deplaziert ist.

Ich sage nicht, es ist die Lösung, ... aber es wäre eine mögliche Erklärung.

KK
tutor!
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von tutor! »

katana hat geschrieben:Im Kodokan wird aber heute gelehrt, daß Uke nicht aus dem Gleichgewicht ist bei der Schlagausführung,
sondern daß Tori Ukes Gleichgewicht bricht.
Es wurde übrigens nicht nur die Schlagausführung verändert, sondern auch der Seoi Nage.
Wann und in welcher Reihenfolge diese Dinge geändert wurden, kann ich nicht sagen.
Es wurde und wird gelehrt, dass Tori Ukes Vorwärtsbewegung beim Schlag - Uke geht ja auf Tori zu - zu einem Gleichgewichtsbruch ausnützt. Es wird deutlich gesagt, dass es falsch sei, wenn sich Uke (zu weit) nach vorne lehnt, um dann fast von alleine über Tori zu fallen. Letzteres hatte sich zwischenzeitlich vielfach eingeschlichen, wurde aber in letzter Zeit von den Kodokan-Lehrern "zurückgepfiffen". Aus den Beschreibungen von 1915 - verfasst von Yamashita, Nagaoka und Murakami - geht nicht hervor, dass damals etwas anderes gegolten hätte, als heute vom Kodokan vermittelt wird.

Übrigens schreiben auch Otaki/Draeger, dass Tori das Gleichgewicht Ukes zum Wurf bricht.

Aktuell aus dem Kodokan:
(ab ca. 6:20)
(ab ca. 15:45)
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von katana »

tutor hat geschrieben:Übrigens schreiben auch Otaki/Draeger, dass Tori das Gleichgewicht Ukes zum Wurf bricht.
Die Erklärungen sind immer in 2 Spalten verfasst (Uke /Tori)
Übrigens schreiben Otaki/Draeger auch , dass Uke sein Gleichgewicht verliert, weil er unvorbereitet auf Tori aufläuft.
Es gibt übrigens auch Bilder dazu..., bitte poste doch das Bild, bei dem Uke bei Schlagausführung im Gleichgewicht steht, ich kann es nicht erkennen.

Otaki/Draeger führen weiter aus .....
" In the founders original form, the attacker took just one step forward with the blow, while the thrower was required to grip
the jacket of the attacker at the shoulder with the hand of the arm inserted under the opponent's armpit.
Both of these aspects have now been modified."

Das heißt:
Es handelte sich damals schon nicht mehr um die "originale Form des Gründers",
und...
Sowohl der Schlagangriff, als auch der Seoi Nage wurden verändert.

Ich weiß, daß es dich schmerzt, aber ich glaube Otaki/Draeger, die im Übrigen noch eine Vielzahl anderer Änderungen der
"Originalform des Gründers" ausführen.

Die verlinkten Kodokanvideos bestätigen genau das, was ich gesagt habe. Der Schlagangriff von Uke wurde verändert.
Uke steht, für jeden offensichtlich, beim zweiten Schritt (Schlag) noch fest im Gleichgewicht. Erst durch den Zug von Tori am Arm, wird das Gleichgewicht gebrochen.
Dazu bräuchte es den Schlagangriff nicht, Uke könnte genausogut am Revers fassen.
Noch beim dritten Schritt von Uke (dein 2. Video), erklärt der Übersetzer, daß Uke noch einmal mit Links vorkommt, um sein Gleichgewicht zu bewahren. (....to keep his Balance).
Wohlgemerkt, noch beim dritten Schritt ..... in der "founders form" gab es nur einen Angriffs-Schritt.

Was aber alles mit der "Verwundbarkeit des Stirnbeines" nichts zu tun hat.
Du bist der Meinung, die Kata wurde nie geändert, ... ich bin der Meinung, sie wurde geändert. Und zwar folgenschwer.

KK
tutor!
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von tutor! »

Die Änderung des Angriffs besteht nicht im Schlag selbst, sondern darin, dass Uke während des Ausholens keinen Schritt mit dem Gegenfuß nach vorne macht. Er macht lediglich einen Schritt mit dem Schlag nach vorne ("one step forward with the blow"). Irgendwo schrieb ich hier auch einmal, dass damals als Abstand zwischen Tori und Uke ca. 1,20m angegeben war - also genau der eine Schritt weniger.

Schlag und Übernahme bleiben dabei aber dieselbe. Hierzu schreiben Otaki/Draeger: (Tori)....unbalances Uke to the right front corner (S. 154 in meiner Ausgabe)
Etwas weiter unten steht dann (und da zitiere ich dich):
Katana hat geschrieben:Die Erklärungen sind immer in 2 Spalten verfasst (Uke /Tori)
Übrigens schreiben Otaki/Draeger auch, dass Uke sein Gleichgewicht verliert, weil er unvorbereitet auf Tori aufläuft.
Also ganz einfach: Uke kommt nach vorne, um zu schlagen, Tori bricht das Gleichgewicht (unter Ausnutzung der Vorwärtsbewegung) und Uke verliert sein Gleichgewicht (vollends) nachdem er auf Tori aufläuft.... Es gibt da gar keinen Widerspruch, außer man möchte einen konstruieren.

Unmittelbar danach steht übrigens (Uke) executes the closed-gate effect, was nichts anderes heißt, als dass Uke noch einmal mit dem linken Fuß (bei Seoi-nage rechts) nach vorne geht und beide Füße auf gleich Höhe bringt. Die Bilder allerdings zeigen bei Otaki/Draeger dies nicht eindeutig so, wie es im Text steht.

Ich habe übrigens längst erkannt, dass das, was ich vor 30 Jahren gelernt habe, in einigen Punkten schlicht "daneben" oder überinterpretiert war. Auch habe ich längst akzeptiert, dass ich damals auch Fehler unterrichtet habe. Ich habe mittlerweile schlicht eine kritische Distanz zu diesen Fragen gewonnen und habe mich von vielen Dingen verabschiedet, die ich mal für richtig gehalten habe.

Ich habe allerdings noch nicht aufgegeben darauf hinzuweisen, dass viele Dinge hierzulande überinterpretiert oder mit eigenen Ergänzungen versehen wurden. Denn genau das führt(e) ja zu Verunsicherungen.

Die Nage-no-Kata ist nun einmal - wie jede andere Kata auch - nicht in jener Detailtiefe festgelegt, wie man gerne glauben (lassen) mag. Es gibt Spielräume, wie ja auch immer wieder gerne betont wird. Bei all dem, gibt es einen verbindlichen kleinsten gemeinsamen Nenner: das sind die Kodokan-Broschüren. Diese basieren auf den Texten, die zu Kanos Lebzeiten verfasst wurden und da vor allem auf der besagten Broschüre von Yamashita, Nagaoka und Murakami. Diese dient Leuten wie Daigo und Abe heute noch als Referenz. Allerdings hatten sich auch schon zu Kanos Lebzeiten und nach dem Krieg Varianten ergeben. Dies führte dazu, dass 1960 unter Leitung von Mifune überarbeitete Broschüren erarbeitet und veröffentlicht wurden. Wer diese Quellen studiert, wird feststellen, dass vieles damals doch etwas anders war, als es hierzulande angekommen war.
Kodokan Textbook, offizielle Übersetzung aus 2010 hat geschrieben:(2) Seoi·nage
Tori and Uke step forward each other to a distance of about 1.8m (about 1 ken)

Movement 1: Uke raises his right fist overheard while taking one step forward with his left foot, then takes again one step forward with his right foot and attempts to strike 'Toris Tentô with his right fist (Uzumaki from right front of Tori.

Movement 2: Tori seizes this opportunity and moves his right foot inside Uke's right foot while diverting Uke's right upper arm with his left forearm (turning it inward).
Tori grasps Uke's right middle·inner·sleeve with his left hand to break Uke's balance forward, turns his body to his left with the tip of his right foot as a pivot
and reaches out his right hand under Uke's right armpit to grasps Uke's top of shoulder. Then Tori moves his left foot to the inner side of Uke's left foot and
sticks his back of his body firmly to Uke's breast and abdomen area to carries Uke on his back.

Movement 3: While stretching his knees and bending his upper body forward, Tori throws Uke by pulling both of his hands down
Das ist der Standard und der wurde - mit Ausnahme der Tatsache, dass Uke beim Ausholen einen Auftaktschritt mit dem linke Fuß nach vorne macht - nie geändert, wenngleich von vielen Leuten mit allerlei ergänzenden Dingen ausgeschmückt.

Wenn jeder Lehrer - so wie ich es positiv vor einigen Wochen erlebt habe - darauf hinweisen würde, dass er als Referenz die Kodokan-Broschüren verwendet und dort, wo sich Unklarheiten ergeben, er es mit eigenen und als solche gekennzeichneten Gedanken auffüllt, wäre das wunderbar und es gäbe kein Problem. Die Vielfalt der Gedanken wäre sogar fruchtbar für die weitere Entwicklung eines jeden Einzelnen.

Leider passiert jedoch meist das Gegenteil...
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von katana »

Tut mir leid, aber Schlag und Übernahme sind nicht die selben.
Während in der älteren Form Uke mit dem Schlag bereits aufläuft, hat er bei der (verlinkten)Kodokan- Variante
beim Schlag (2.Schritt) überhaupt keinen Körperkontakt.
Beide stehen sich nämlich noch immer frontal gegenüber.
Bei Otaki/Draeger ist Uke bereits aus dem Gleichgewicht (und Tori eingedreht) bevor die Schlagaktion fertig ist.

Man sieht es ganz einfach, weiß nicht, was es da zu konstruieren gibt.

KK
tutor!
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von tutor! »

katana hat geschrieben:(...)Man sieht es ganz einfach, (...)
Und ich schrieb:
tutor! hat geschrieben:Die Bilder allerdings zeigen bei Otaki/Draeger dies nicht eindeutig so, wie es im Text steht.
Die Beschreibungen sind doch eindeutig übereinstimmend in dem, was 1906 festgelegt (ca. 1915 niedergeschrieben) und 1960 bestätigt (Arbeitsgruppe unter Leitung von Mifune) wurde, Otaki/Draeger im Text schreiben und was heute im Kodokan gelehrt wird.

Und anhand dieser übereinstimmenden Beschreibungen könnte man nun beurteilen, ob alle Bilder bei Otaki/Draeger wirklich glücklich sind. Dasselbe gilt auch für die Videobeispiele. Das sind aber jeweils nur individuelle Beispiele, maßgeblich ist die festgelegte Idee, die in die Praxis umgesetzt werden soll. Das macht der eine so, der andere etwas anders. So viel Raum für Individualität muss sein. Weder der eine, noch der andere soll doch kopiert werden.
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von Reaktivator »

katana hat geschrieben:Tut mir leid, aber Schlag und Übernahme sind nicht die selben.
Kann es sein, dass Ihr aneinander vorbeiredet?

Da es keine Videos aus beiden (!) Zeiträumen gibt, die man miteinander vergleichen könnte, bleiben einem logischerweise nur die schriftlichen Veröffentlichungen zum direkten Vergleich (Denn ein "Vergleich" zwischen einem alten Text und einem neuen Video ist ja wohl wenig sinnvoll!):

a) Als "alten Text" hat "tutor!" ja die Veröffentlichung von Yamashita / Nagaoka / Murakami aus der Zeitschrift "Judo" benannt. (Konkret: "Judo" April 1915; "Seoi-nage" dort auf den Seiten 29-35.)
Dies ist die erste ausführliche (und maßgebliche!) Veröffentlichung des Kodokan zur Nage-no-kata - geschrieben (zu Kanos Lebzeiten!) von Leuten, die z.T. selbst an der Ausarbeitung (bereits in den 1880er Jahren) und Standardisierung der Kata (1906 in Kyoto unter der Ägide der Dai Nippon Butokukai) beteiligt waren.

b) Als "neuen Text" hat "tutor!" die englische Übersetzung aus dem Jahr 2010 zitiert.
Es ist die offizielle Übersetzung der entsprechenden Kodokan-Broschüre, die aus dem Jahr 1960 ("Ära Mifune") stammt und zuletzt im November 2005 neu aufgelegt wurde (meines Wissens nur angereichert um die Standbilder aus den offiziellen Videos, jedoch ohne nennenswerte textliche Änderungen).
Dieser Text ist bis heute maßgeblich am Kodokan.
Ein Forenmitglied ohne Signatur ist wie ein Forenmitglied ohne Namen.
(Alte Internet-Weisheit, frei nach "Reaktivator")
katana
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von katana »

Reaktivator hat geschrieben:a) Als "alten Text" hat "tutor!" ja die Veröffentlichung von Yamashita / Nagaoka / Murakami aus der Zeitschrift "Judo" benannt. (Konkret: "Judo" April 1915; "Seoi-nage" dort auf den Seiten 29-35.)
Dies ist die erste ausführliche (und maßgebliche!) Veröffentlichung des Kodokan zur Nage-no-kata - geschrieben (zu Kanos Lebzeiten!) von Leuten, die z.T. selbst an der Ausarbeitung (bereits in den 1880er Jahren) und Standardisierung der Kata (1906 in Kyoto unter der Ägide der Dai Nippon Butokukai) beteiligt waren.

b) Als "neuen Text" hat "tutor!" die englische Übersetzung aus dem Jahr 2010 zitiert.
Es ist die offizielle Übersetzung der entsprechenden Kodokan-Broschüre, die aus dem Jahr 1960 ("Ära Mifune") stammt und zuletzt im November 2005 neu aufgelegt wurde (meines Wissens nur angereichert um die Standbilder aus den offiziellen Videos, jedoch ohne nennenswerte textliche Änderungen).
Dieser Text ist bis heute maßgeblich am Kodokan.
Vielleicht reden wir auch alle aneinander vorbei ?
Zu Punkt b) habe ich keine Einwände, es ist genau das, was ich schon mehrmals beschrieben habe.
Zu Punkt a) ... ??? Ich kann mich an keinen von Tutor zitierten Text erinnern , maximal an eine zusammenfassende Interpretation.

Allerdings kann ich mich noch gut daran erinnern, daß in einem anderen Faden schon vor längerer Zeit gefordert wurde, diese "geheimnisvollen" Texte, auf die sich bei solchen Gelegenheiten immer wieder berufen wird, endlich einmal im Wortlaut zu veröffentlichen.
Das geht doch die Ganze Judogemeinschaft was an, vor allem im Zeitalter der Wiederblüte der Kata.
Seltsam, daß die Fäden dann immer ausklingen ...................

Falls du auch in Fall a) Recht hast, was ich gern anerkenne, sobald ich den originalen Text gelesen habe, ... woher stammen dann die Interpretationen und Ausführungen bei Otaki u. Draeger ?

KK
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von tutor! »

katana hat geschrieben:Falls du auch in Fall a) Recht hast, was ich gern anerkenne, sobald ich den originalen Text gelesen habe, ... woher stammen dann die Interpretationen und Ausführungen bei Otaki u. Draeger ?
Es sind schlicht Verfeinerungen im Detail, woher auch immer sie stammen - aber bei genauer Betrachtung sind sie nicht im Widerspruch zur heutigen Lehre des Kodokan (damit meine ich jetzt Daigo oder Abe).

Als ich Otaki/Draeger in den 1980ern in der Hand hielt und verschlungen habe, sind mir viele Dinge im Text ein wenig - sagen wir mal - umständlich ausgedrückt vorgekommen. In ganz typischer aber eher oberflächlicher Manier habe ich mir die Bilder angeschaut, den Text nur noch daraufhin gelesen, was mir schnell klar wurde - und ansonsten die Kata gemacht, wie ich es für richtig hielt. So wie ich haben es wohl viele andere auch gemacht - Englisch ist außerdem ja nicht unsere Muttersprache - und schnell war "man" sich einig (ich pauschalisiere jetzt bewusst) - was denn so im Buch drin steht.

Ich erlebte dann mehrere Überraschungen, Seoi-nage war eine davon (stellvertretend für alle "Schlagangriffe"). Eine andere war Uki-otoshi (stellvertretend für alle Techniken aus rückwärts "Tsugi-ashi"-Schritten). Meine Verwunderung ging so weit, dass ich der Ansicht und der Überzeugung war, im Daigo stünden Fehler.... Die nächste Frage war daher: Sind bei Otaki/Draeger Fehler oder hatte ich es vielleicht nur falsch verstanden? Also hab ich Schritt für Schritt nachgelesen. Und siehe da, da stand ganz oft etwas im Detail anderes, als das, was ich Jahrzehnte glaubte. Als ich dann noch für einen hochrangigen Kodokan-Lehrer auf einem Lehrgang den Uke machte, war mir vollends klar, dass ich mich von meinem alten Verständnis verabschieden muss. Und von dem Gedanken, dass Otaki/Draeger in Japan irgendwie maßgeblich seien.

Bilder und Texte sind bei Otaki/Draeger auch nicht wirklich aufeinander abgestellt. Das ist es merkwürdiger Weise auch bei den Kodokan-Videos so. Für mich hat das zwei mögliche Erklärungen: erstens sind die Beschreibungen theoretische Ideale, an die in der Praxis unterschiedlich angenähert wird, aber niemals exakt so aufgeführt wird. Ein ehemaliger Kodokan-Lehrer sagte mir unlängst, dass es viel besser wäre, wenn man nicht den Anschein erwecken würde, die Kata müsse so gemacht werden, wie in den Videos (oder Fotos) gezeigt, sondern man deutlich machen würde, dass es sich (nur) um Beispiele handelt. Die zweite Erklärung ist etwas weniger schmeichelhaft: die Darsteller haben einfach möglicherweise einfach nicht genug unter visueller Kontrolle trainiert, um ihre Demonstration dem theoretischen Ideal anzunähern. Aber auch wenn man diesem Gedanken folgt, bleibt das grundsätzliche Problem, dass ein theoretisches Ideal immer nur ein Gedankenkonstrukt ist.

Was mir bei aber bei Otaki/Draeger ausgesprochen gut gefällt, ist die leicht unterschiedliche Körperhaltung von Uke beim Schlagen, nach dem Prinzip, dass er von Mal zu Mal "lernt". Dies ist eine Ergänzung oder ein Detail, das ich in keiner Kodokan-Veröffentlichung gefunden habe und auch von den Kodokan-Lehrern nicht unterrichtet wird. In der alten Broschüre befindet sich auch kein Hinweis darauf. Dort heißt es, Uke greift an, wie bei den anderen Techniken auch. Dennoch ist es bei Otaki/Draeger logisch - und nicht im Widerspruch. Das Einzige, was anzumerken ist, ist dass der Gleichgewichtsbruch bei Seoi-nage von Tori gemacht wird, unter Ausnutzung der Vorwärtsbewegung von Uke. Es ist also bei Otaki/Draeger eine Ergänzung im "Feinen", also innerhalb der Parameter der festgelegten Bewegungen.
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von katana »

Obwohl ich deinen letzten Ausführungen im Großen und Ganzen (wenn auch nicht ausnahmslos) zustimmen kann,
vermisse ich immer noch die erwähnten "alten Texte".
Daß Otaki/Draeger in Japan (im Allgemeinen) "irgendwie maßgeblich seien" habe ich nie behauptet.
Dies trifft aber auch auf das Kodokan-Institut zu.
Es gibt einige hochrangige Judoka, international, wie auch im DJB, die es für eine reine "Touristen-Attraktion" halten.
..."das wahre Judo würde anderswo unterrichtet"... , heißt es.

Wie dem auch sei, wir rangieren weit O.T. und es ging eigentlich um etwas ganz Anderes.

Was Änderungen, Sinn und Unsinn in den Randori No Kata betrifft wäre ein separater Faden angebracht.
Dazu müssen aber erstmal... um mich zu wiederholen ... die angeblich vorhandenen alten Orginalscripte auf den Tisch.
Interpretationen unbekannter Texte möchte ich mich nicht anschließen.

KK
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von tutor! »

katana hat geschrieben:Obwohl ich deinen letzten Ausführungen im Großen und Ganzen (wenn auch nicht ausnahmslos) zustimmen kann,
vermisse ich immer noch die erwähnten "alten Texte".
Übersetzungen in westliche Sprachen existieren m.W. nicht. Nach meiner Schätzung würden die Übersetzungskosten einen fünfstelligen Betrag ausmachen - wer soll das finanzieren und leisten? Wer aber die japanischen Texte haben möchte, kann sie sich ja besorgen. Die Quellen sind doch bekannt. Die Kodokan-Bibliothek macht übrigens auch Kopien.

Einige Dinge sind aber wohl (hoffentlich) vollkommen unstrittig:
  • Festlegung der Nage-no-Kata 1906 in Kyoto
  • erste ausführliche Beschreibung 1915 durch Yamashita, Nagaoka und Murakami,
  • in der Folge divergierende Vermittlung in Japan (sonst wäre der nächste Punkt hinfällig gewesen)
  • 1960 Konsolidierung der Nage-no-Kata durch eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Mifune
  • Seither keine offizielle Änderung (der Text blieb ja, wie er ist),
  • jedoch von Zeit zu Zeit abweichende Lehre und entsprechende Gegenbewegungen/Korrekturen.
Ich denke, dass niemand auf die Idee kommen wird, zu behaupten, dass Mifune die Nage-no-Kata nicht ausreichend verstanden gehabt hätte, um die Konsolidierung zu koordinieren. Das Problem sind doch nicht fehlende Quellen - die ja gar nicht fehlen - sondern unbelegte Behauptungen darüber, wie die "ursprüngliche" Form der Nage-no-Kata war. Leider kommt es mir so vor, als müsse man immer nachschauen, um Spekulationen wieder zurecht zu rücken. Viel sinnvoller wäre es doch, dass gar nicht erst spekuliert würde. Das hätte auch mir eine Menge Umwege erspart.
katana hat geschrieben:Daß Otaki/Draeger in Japan (im Allgemeinen) "irgendwie maßgeblich seien" habe ich nie behauptet.
Dies trifft aber auch auf das Kodokan-Institut zu.
Es gibt einige hochrangige Judoka, international, wie auch im DJB, die es für eine reine "Touristen-Attraktion" halten.
..."das wahre Judo würde anderswo unterrichtet"... , heißt es.
Auch wieder sehr undifferenziert. Touristen, die sich darüber beklagen, dass es zu viele Touristen am Kodokan gibt. Aber man muss das differenziert sehen. Wer zum Randori nach Japan fährt, wird im Kodokan kaum das finden was er sucht, sondern in erster Linie Touristen (außer Mittwoch abends). Randori macht man besser woanders. Wer an Kata-Kursen für Touristen teilnimmt, braucht sich auch nicht zu beschweren. Allerdings gibt es ganz ohne Zweifel auch absolut hochklassiges Training am Kodokan. Aber das bekommt man nicht als einfacher Tourist in den regulären Gruppen.
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Re: Schlag in der Nage no Kata - Buchhinweis

Beitrag von Jobi »

Ich dachte immer, daß die Texte, die im Buch "Kôdôkan- Jûdô" vom Dieter Born- Verlag unter den Kata- Fotos sind, diese originalen Texte aus den japanischen Broschüren seien. Also, da war ich mir sicher, das irgendwo aufgeschnappt und/ oder gelesen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Jobi


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