Kata-Training wie gestalten?

Hier geht es um die Trainingsgestaltung,-methodik,-formen.
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Fritz
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Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von Fritz »

In einem anderen, nicht öffentlichen Forum schreibt HBt:
hauptsächlich als Motivator und Lernträger, mit der Hoffnung eines Tages weitere Schritte gehen zu können, integriere ich Kata seit Jahren ins wöchentliche Training. Die Bilanz, frag nicht.
Auch hier ist die Resonanz eher schlecht. Ein Beispiel: "...das ist mir alles zu hoch, das verstehe ich nicht und kann ich mir auch nicht merken ..."

sorry, habe gerade einen kleinen Depri
Dies möchte ich hier zum Anlaß nehmen, diesen Faden zu eröffnen,
in dem es um Trainingsmethodiken u. -gestaltung rund um das Üben von Kata (egal welche) geht soll.

Also wie übt ihr Kata / wie laßt ihr Kata üben, habt ihr ähnliche Frustrationen wie HBt?
Wie bringt ihr Kata euren Matten-Kameraden nahe usw. usf.

Technische Details zu einer konkreten Kata bitte ich, weiterhin im Kata- Unterforum
zu diskutieren.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von tutor! »

Fritz hat geschrieben:In einem anderen, nicht öffentlichen Forum schreibt HBt:
hauptsächlich als Motivator und Lernträger, mit der Hoffnung eines Tages weitere Schritte gehen zu können, integriere ich Kata seit Jahren ins wöchentliche Training. Die Bilanz, frag nicht.
Auch hier ist die Resonanz eher schlecht. Ein Beispiel: "...das ist mir alles zu hoch, das verstehe ich nicht und kann ich mir auch nicht merken ..."
Dies möchte ich hier zum Anlaß nehmen, diesen Faden zu eröffnen,
in dem es um Trainingsmethodiken u. -gestaltung rund um das Üben von Kata (egal welche) geht soll.
Das liest sich wie Überforderung - und damit sind wir am zentralen Punkt angekommen: der Dosierung der Anforderungen und der Prioritäten im Kata-Training.

Wenn man auf einen typischen Kata-Lehrgang geht, bekommt man recht häufig hervorragendes Anschauungsmaterial, wie man es nicht machen sollte. Typischerweise wird die äußere Form in den Vordergrund gerückt, also Platzaufteilung, An- und Abgrüßen, Eröffnungsschritt, die etwas andere Art, den Gürtel zu binden usw.

Bei den einzelnen Techniken wird dann stets betont, welches Prinzip man durch diese Techniken darstellen soll. Warum und wieso welches Bewegungsdetail wichtig ist, was es bedeutet usw, usw. Dem armen Übenden schwirren 1000 Details im Kopf herum und er weiß gar nicht mehr, wo ihm selbiger steht. Eben: zu hoch, zu kompliziert, kann (=will?) ich mir nicht merken.

Kennt Ihr das?

Es ist IMHO Ausdruck dafür, dass das Pferd einmal mehr von hinten aufgezäumt wird. DURCH die intensive Beschäftigung mit den Techniken soll der Lernende erst einmal die Technik selbst lernen und später das dahinter stehende Prinzip erkennen und auch eventuell auf andere Techniken übertragen können. Meist wird aber in der Praxis erwartet, dass er mittels der Technik, die er (noch) unzureichend beherrscht, ein Prinzip darstellt, das er noch gar nicht begriffen hat - und ist damit eindeutig überfordert, technisch und kognitiv.

Der Schlüssel zum Erfolg heißt also didaktische Reduktion und lernen in kleinen Schritten. Nicht jedes Mini-Detail jeder Technik ist am Anfang gleich wichtig!

Bevor ich nicht alle Techniken einer Kata (oder zumindest einer Stufe) beherrsche, brauche ich mich eigentlich um die äußere Form in keiner Weise zu kümmern. Ob eine Technik stellvertretend für andere ein Prinzip veranschaulicht oder nicht, braucht auch niemand zu wissen, bevor er die Technik kann (die Abstraktion kommt selbstverständlich später).

Das Wort "darstellen" sollte eigentlich ein Unwort sein. Es müsste heißen: "die Grundform üben". Kata üben heißt eigentlich so viel wie "die traditionelle Grundform einer Technik üben".

Methodische Reihen sollten eine Selbstverständlichkeit beim Lernen so genannter geschlossener Fertigkeiten sein (geschlossene Fertigkeiten: Techniken, die unter stets denselben äußeren Bedingungen ausgeführt werden - offene Fertigkeiten: Techniken, die unter stets unterschiedlichen, variablen Bedingungen ausgeführt werden).

Die Reihenfolge der Techniken in der Kata ist nicht immer die geeignetste Reihenfolge für die Vermittlung!

Shizentai, Jigotai, Tsugi-ashi und Tai-sabaki sollten regelmäßig im Training geschult werden - dann klappt´s auch in der Kata.

Und vielleicht sollte man über ein andere Sache nachdenken: Wäre es nicht toll, wenn man sich bei jeder Judo-Veranstaltung 10 Minuten Zeit für eine Kata-Vorführung nähme? So dass alle Kinder, Jugendliche und Eltern regelmäßig sehen, was Judo noch alles Tolles zu bieten hat!
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HBt

Überforderung?

Beitrag von HBt »

Tutor! hat geschrieben:Das liest sich wie Überforderung - und damit sind wir am zentralen Punkt angekommen: der Dosierung der Anforderungen und der Prioritäten im Kata-Training.
Nur das die Überforderung in diesem speziellen Fall nicht in der U-Methodik etc. zu finden und zu suchen ist. Ich bitte darum dieses sehr genau zu differenzieren.

Mein Fallbeispiel bezieht sich auf 'allgemeine Überforderung', begründet im Managen einer Familie und anderer Kleinigkeiten (Erwerbstätigkeit, ...), evt. auch verbunden mit einer Portion Berührungsangst.
Allerdings spricht viel für Schwellenängste und Überforderung. Fakt ist nun einmal: Kata (Judo) ist sehr anspruchsvoll, auf beiden Seiten. Lernen und Lehren! Konsumieren geht nicht, man sollte schon exakt abstecken was man will.

Eine grundsätzliche Diskussion, bzw. das Erstellen eines Lehrrahmens halte ich für sinnvoll. Vieles hierzu hat Tutor schon geschrieben (man findet die Ansätze auch überall in der Literatur: allgemein u. spezifisch), ...

Ein Treffen oder besser ein Workshop zum Thema, mit Veröffentlichungen der Ergebnisse (z.B.im JM) sowie Schulungen innerhalb der LV, als weitere Topics ... oder?
Tutor! hat geschrieben:Und vielleicht sollte man über eine andere Sache nachdenken: Wäre es nicht toll, wenn man sich bei jeder Judo-Veranstaltung 10 Minuten Zeit für eine Kata-Vorführung nähme? So dass alle Kinder, Jugendliche und Eltern regelmäßig sehen, was Judo noch alles Tolles zu bieten hat!
Durchaus.

@Tutor!
Kann nicht == will nicht
Ursache? Wie lösen? Wer löst?
Lin Chung
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Re: Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von Lin Chung »

Richtig ist, immer einen Schritt nach dem Anderen und erklären lassen, warum gerade so und nicht anders. Man beginnt mit einzelnen zusammenhängenden Techniken und hängt dann nach und nach weitere Ausführungen dran, sobald man im vorigen Teil sicher ist.
Nach einer gewissen Zeit kann man dann den Ablauf in der richtigen Reihenfolge, sprich Grobform.
Dann fängt man an einzelne Bewegungen zu korrigieren, richtig auszuführen -> Feinform.
Wenn das alles klappt, kann man mit dem Timing beginnen, falls gewünscht.
Grüße
Norbert Bosse
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Wissen stirbt, wenn es bewahrt wird, und lebt, wenn es geteilt wird.
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tutor!
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Re: Überforderung?

Beitrag von tutor! »

HBt hat geschrieben:Nur das die Überforderung in diesem speziellen Fall nicht in der U-Methodik etc. zu finden und zu suchen ist. Ich bitte darum dieses sehr genau zu differenzieren.
Was mich betrifft, versuche ich, einzelne Zitate, deren Kontext ich obendrein nicht kenne, nicht überzubewerten. Insofern habe ich ein sehr allgemeines Statement geschrieben.
HBt hat geschrieben:Eine grundsätzliche Diskussion, bzw. das Erstellen eines Lehrrahmens halte ich für sinnvoll. Vieles hierzu hat Tutor schon geschrieben (man findet die Ansätze auch überall in der Literatur: allgemein u. spezifisch), ...

Ein Treffen oder besser ein Workshop zum Thema, mit Veröffentlichungen der Ergebnisse (z.B.im JM) sowie Schulungen innerhalb der LV, als weitere Topics ... oder?
Ist es nicht erstaunlich? Kaum jemand hat sich wirklich systematisch mit methodischen Fragen der Kata-Vermittlung beschäftigt. Oder irre mich mich da? Allerdings habe ich hier einen Faden mit einem DVD-Hinweis gefunden (http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... &sk=t&sd=a).

Einen Workshop zum dem Thema halte ich für durchaus sinnvoll, ja sogar für notwendig. Allerdings wird - will man es "offiziell" machen - man nicht umhin kommen, die Kata-Beauftragten einzubinden. Ein etwas zweischneidiges Unterfangen, weil ja gerade von deren Seite viel zu wenig kommt. :(
Tutor! hat geschrieben:Ursache? Wie lösen? Wer löst?
1. Ein Feld, das lange nicht - wohl noch nie wirklich - "beackert" wurde
2. Konkrete Methodik erarbeiten und verbreiten.
3. Jeder einzelne nach seinen Möglichkeiten.

Da weder der Kata-Beauftragte des DJB noch der Lehr- und Prüfungsreferent die Initiative ergreifen werden, kann es nur von Landesverbänden ausgehen - zumindest, wenn es über einen privaten Rahmen hinaus gehen soll (was auch noch eine Alternative wäre)

Ein Landesverband müsste die Initiative ergreifen - Niedersachsen?
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Olaf
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Re: Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von Olaf »

Greife ich gern auf die Anregung. Mit Workshops machen wir gerade so unsere Erfahrungen. Im Bereich Lehr- und Prüfungswesen wird es auch diverse Themen zu beackern geben und wir werden den Startschuß noch im ersten Quartal 2009 geben. Letztendlich werden die Themenfelder mit den drängendsten Problemen von den Teilnehmern kommen, aber wenn ich die Grundstimmung vieler Judoka, mit denen ich rede, richtig deute, wird Kata und Katavermittlung sicher dabei sein.
Immer wieder muß das Unmögliche versucht werden,
um das Mögliche zu erreichen

Derjenige, der sagt „Es geht nicht“, soll denjenigen nicht stören, der es gerade tut.

Jeder kann unter http://www.obernkirchenraptors.de mehr über uns erfahren.
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Fritz
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Re: Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von Fritz »

tutor! hat geschrieben:Und vielleicht sollte man über ein andere Sache nachdenken: Wäre es nicht toll, wenn man sich bei jeder Judo-Veranstaltung 10 Minuten Zeit für eine Kata-Vorführung nähme? So dass alle Kinder, Jugendliche und Eltern regelmäßig sehen, was Judo noch alles Tolles zu bieten hat!

Per Definition ist eine Judovorführung bereits meist eine Kata (bzw. kata-artig - wobei ich hier mal
nicht Toms strenge Maßstäbe an eine Judo-Kata anlegen möchte) - reine Randori-Vorführungen
gibt es ja nicht allzu oft und von albernen Klamauk mal abgesehen ;-)
Und wenn man eine Vorführung entsprechend gestaltet, daß da ein roter Faden drin ist, dann
hilft es den Üblingen (beim Einüben) und den Zuschauern.
Die Vorführung einer echten und kompletten Judo-Kata halte ich bei einer Vorführung für, sagen
wir mal ungünstig, evt. ein, höchstens zwei Gruppen der Nage-No-Kata (oder was in ähnlichem Umfang) sollten reichen...
Aber das nur nebenbei...

Tutor! hat interessante Sachen geschrieben zu Kata-Lehrgängen <-> Kata im Training.
Bei Kata-Lehrgängen sollte mehr differenziert werden zwischen
Einführungs-Lehrgängen für Anfänger und
Lehrgängen für Leute, die die entsprechende Kata schon kennen. Ich sehe es immer auf den
Sommerschulen, daß einige die Kata halbwegs können und durch ihren Wunsch
Detailverbesserungen zu erreichen, die Lehrer binden, während die Anfänger sich gerade
die Knochen zu brechen versuchen. Oder halt andersrum: die Anfänger binden die Lehrer und
die anderen "langweilen" sich... Also entweder mehr Lehrer oder sagen, es macht nur mit, wer
mindestens die Reihenfolge der Techniken kennt... Denn das ist die initiale Hürde und diese muß
erstmal genommen werden. Wie lernen Karateka ihre Kata: Einer steht vorn, macht vor, alle
machen gleichzeitig nach (können dabei auch beim Nachbarn abschauen), häppchenweise geht
es vorwärts, manchmal wird wieder vom Anfang oder einer markanten Zwischenstelle neu begonnen
usw. Irgendwann in dem Prozess werden dann auch die Anwendungen der Techniken demonstriert.

Wie sieht es mit Kata im Training aus? Im Gegensatz zum Lehrgang (wo man grundsätzlich
für die Kata motivierte Teilnehmer voraussetzen kann) muß man oft erst die Motivation der Leute
wecken. Das, was ich HBts Beitrag entnehme mit der "allgemeinen Überforderung" und
"Berührungsangst", ist: Kata hat blöderweise in Deutschland bei den Judo"sportlern" ;-)
oft einen "verbrannten" Ruf: Das ist was gaaannz kompliziertes, was irgendwie heilig-rituelles,
das müssen die Schwarzgurte für
ihre Prüfungen machen, das bringt mir ja nichts usw. Dies muß man "ausräumen" durch
Lehrgespräche/Vorträge, durch "Überlisten" und durch reale Zielstellungen.
Haben wir vor einer Weile eine Gruppe der Katame-No-Kata üben lassen, fragt mich doch
eine der Üblinge (Grüngurt, 18J.), wozu sie denn das jetzt üben soll, weil es doch erst für den
zweiten Dan sei..? Hab ich sie übertrieben entsetzt angeschaut und ihr dann relativ kurz erläutert,
wo die Verbindungen zur Kyu-Prüfungsaufgabe "Grundform der Bodenarbeit" und zum Ne-Waza-Randori
liegen ... hat geholfen ;-)
Je nach Mentalität der Leute könnte man vielleicht den Begriff Kata auch erstmal komplett
vermeiden, um dann zu gegebener Zeit so zu nebenher zu bemerken, ja diese Form der
Nachstellschritte und diese Wurfausführungen sind in der Nage-No-Kata reichlich drin oder
heute habt ihr ein paar Würgetechniken aus der Katame-No-Kata gemacht usw... ;-)
Konsumieren geht nicht, man sollte schon exakt abstecken, was man will.
Man muß die Leute da abholen, wo sie gerade sind. Und wenn sie "konsumieren" wollen,
dann läßt man sie "konsumieren", ein Teil kommt vielleicht dann auf den Geschmack und lernt
tatsächlich, der Rest vergißt sowieso, was er "konsumiert" hat und freut sich ein paar
Trainingstage/Wochen/Jahre später wieder über die schönen neuen Übungen ;-)

Was fällt mir noch an praktischen Sachen ein (zur N-n-K) neben den von tutor! angeführten
Hinweisen...?:
- mit Partnerwechseln arbeiten,
- Schrittfolgen im Tandoku-Renshu einzeln üben lassen,
- manchmal macht es sich gut, die Üblinge zu dritt üben zu lassen, einer muß immer
die anderen beiden beobachten und offensichtliche Fehler korrigieren, gleichzeitig wird ein
Minimum an Partnerwechsel "erzwungen"...
- nicht zu viel auf einmal zeigen/üben lassen wollen...
- eine Übungsrichtung vorgeben, damit es geordnet auf der Matte zu geht (klingt banal, aber naja ;-) )
- rechtzeitig klar machen, daß man selbst noch lernt, sich gegebenenfalls auch irren kann usw. so
ein bissel Ehrlichkeit schadet da gar nicht ;-)
- Konkrete Anwendungen üben (da wo es sich anbietet)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von tutor! »

Fritz hat also scheinbar eine der wenigen Exemplare der Nage-no-Kata DVDs bekommen, bevor die Verbreitung gestoppt wurde. ;)

Wir müssen in einem ersten Schritt zu einer Entmystifizerierung von Kata kommen. Kata spaltet das Judo in unterschiedliche Fraktionen wie kaum ein anderer Bereich. Warum ist das so?

Die einen erleben Kata als "notwendiges Übel" für Dan-Prüfungen, für die anderen ist es der Kern des Judo. Da geht einiges nicht zusammen.

Schaut man sich einmal die Personen an, die im Kata-Bereich präsent sind, dann muss man feststellen, dass der überwiegende Teil weder im Wettkampfbereich, noch im Bereich der Methodik größere Meriten vorzuweisen hat. Es handelt sich um "Spezialisten" im Wortsinn, die aber z.B. bei Prüfungen die Kontrolle über Erfolg oder Misserfolg haben.

Wäre Kata "einfach", würden diese Spezialisten nichts besonderes können, was an ihrem Selbstbewusstsein als "Judomeister" nagen würde. Da Kata aber bei Dan-Prüfungen eine zentrale Rolle spielt - eben als das Neue im Prüfungsprogramm - bietet sich der Kata-Bereich geradezu als Prestigeobjekt an. Kata ist "höheres Judo", und "höheres Judo" kann nicht einfach sein.

Problem: bei vielen ist die konkrete Beherrschung der Kata genauso ein Problem wie ihr sonstiges technisches Vermögen - warum sollte es auch besser sein? Was bedeutet das in der Konsequenz?

- wird Kata lernen den Lernenden wirklich einfach gemacht - oder werden sie überfrachtet?
- Welcher Kata-Referent demonstriert eine Kata selbst öffentlich?
- Welcher Kata-Referent kann Techniken wirklich erklären und methodisch sinnvoll vermitteln?

Natürlich gibt es Ausnahmen - aber das sind und bleiben eben Ausnahmen!

Nicht umsonst habe ich zum Thema Dan-Prüfung angemerkt, dass jede Kata IMHO mehrfach in der Dan-PO vorkommen sollte - mit einer definierten Lernprogression.

Dies böte die Chance und die Notwendigkeit, Könnensstufen zu beschreiben und damit Kata ein Stück weit näher an das zu bringen was sie ist: eine Übungsform des Techniktrainings und auch an das, was sie auf einer meisterlichen Ebene sein kann: eine Kunst!
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Ronin
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Re: Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von Ronin »

ich kann Fritz nur zustimmen:
"Komm, wir machen mal Kata" erzeugt schon fast zwangsläufig beim Wettkämpfer eine Art Blockade....
da muss man so komisch laufen - obwohl wir genau Tsugi Ashi im Wettkampf sehr häufig sehen (nur nicht in schönen Dreierintervallen.
Mit meiner Erwachsenengruppe habe ich noch ein bisschen Zeit, derzeit machen wir gerade die Gelggurtprüfung und werden wohl jedes halbe Jahr eine weitere Prüfung durchmachen (nicht alle haben den Gürtel, aber einen roten Faden braucht man und da ich gerade einige Weissgelbgurte habe, macht es Sinn mal wieder von "unten anzufangen). Durch den Mix in der Gruppe geht das Lernen auch schneller.
Wenn wir dann zum Katatrainig kommen (dankenswerter Weise ist es jetzt ja Bestandteil der Kyu-Prüfungen) kann ich gemütlich mal mit einer Gruppe anfangen und die Techniken mal "theoretisch" - vielleicht sogar mit übertriebenem Kuzushi darstellen lassen. So wird allen klar, wie die Techniken funktionieren.... Dreierintervall rein... vorher ein bisschen verbeugen und schon haben wir eine Kata - war doch gar nicht so schlimm.

So werde ich das integrieren... oder hier kommt noch ne bessere Idee. Das feilen an Details ist dann Bestandteil des natürlichen Trainingsprozesses.

Kata-Vorführungen im engeren Sinn machen wir an fast allen unseren Veranstaltungen (die paar Minuten ist immer Zeit und interessant ist es auch). Im Training haben wir das immer dann, wenn sie ein paar Braungurte auf den schwarzen vorbereiten. Im letzten Halbjahr vor der Prüfung wird bei fast jedem Training einer dazu vergewaltigt, seine Kata vorzuführen. Erstens SEHEN dann alle mal eine Kata (das finde ich wichtig). Zweitens kommt es durch den Vorführeffekt automatisch zu Lerneffekten (Aussage: "wow, es ist ja was ganz andres das mal vor Publikum zu machen, da muss man sich ja richtig konzentrieren") Drittens ist dann die echte Prüfungssituation für den Übling gar nicht mehr so schlimm. Er kennt es schon und alle andren sind mit der Zeit heiß drauf, das zu können.
HBt

Ausgewogen

Beitrag von HBt »

@Tutor!,
Du stichst in ein Wespennetz :D Aber es muß sein.
In Deinem letzten Post sprichst Du indirekt einen weiteren wichtigen Punkt an: die Einseitigkeit!

Einseitig (auch im Sinne von Engstirnigkeit) trainieren führt immer zum Verlust von Kompetenzen in anderen Bereichen. Viele vernachlässigen das Randori, können es gar nicht, andere eben die Grundschule (Kata) usw. Jeder (auch und insbesondere die Referenten / Prüfer / Experten) muß ausgewogen alle Facetten ausloten. Üben üben üben. Zur Methodik kann ich mich Fritz
nur anschließen, Fritz beschreibt eine Möglichkeit u. Einstellung, die ich allerdings für mich und alle anderen lizensierten ÜL/TR
voraussetze. Selbstverständlich funktioniert nicht immer alles optimal - versteht sich von selbst.
Jupp
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Re: Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von Jupp »

Nun möchte ich doch einmal für den DJB eine Lanze brechen. Einmal, weil wir Kata im Kyu-Prüfungsprogramm ab dem Grüngurt vorfinden. Zweitens, weil die DJB-Experten die Stufen der Kata nicht in ihrer Reihenfolge vorstellen, sondern "methodisch" geordnet haben, also danach, wie sie glauben, dass sie im Entwicklungsprozess eines (jungen oder auch älteren) Judo ihren Platz finden kann: die 2. Gruppe "Koshi-waza" kommt zuerst, die 3. Gruppe "Ashi-waza" danach und erst dann die schwierigere 1. Gruppe "Te-waza".
Die "zweite Lanze" breche ich für ein kleines Büchlein vom ehemaligen DJB-Vizepräsidenten Ralf Pöhler, der sich intensiv mit Kata beschäftigt hat und viel zur intensiveren Verbreitung der Kata im DJB beigetragen hat. Ralf Pöhler: "JU-DO-KATA, Hintergründe und Geisteshaltung der Bewegungsformen des Judo, Ahrensburg 1985 !!!)
Die dritte Lanze breche ich für die Mitglieder der ehemaligen "Kölner Schule" um den damaligen Bundestrainer Lehrwesen Wolfgang Hofmann (zu der ich auch gehörte, aber auch Ralf Lippmann und Klaus Kessler). Anfang der 70-er Jahre wurden schon sogenannte "Minikatas" propagiert, also Technikzusammenstellungen in einer "vorzeigbaren" Form zu einem begrenzten Thema. (vgl. dazu auch W.Hofmann, Judo Grundlagen des Stand- und Bodenkamofes, Niedernhausen, Auflage von 1978, S. 142 ff, z.B. Judo-Kata). Wir hatten schon damals viele der sog. "Kleinen Katas" entwickelt,die als Beispiele für jeden Unterricht in jeder Übungsstunde herhalten könnten.
Ich selber habe auf Lehrgängen häufiger die "Nage-no-rolling-kata" unterrichtet, bei der ich mein Thema "Werfen ohne hart zu fallen" auf die Würfe der Nage-no-kata übertragen habe - ein großer Spaß für alle, die sich damit beschäftigt haben und so vielleicht nicht mehr von der Nage-no-kata verstanden, aber mehr Spaß am Judo gefunden haben. Ich selber habe dies auch immer als eine "ironische" Variante der "äußerst streng geregelten" NnK-Form angesehen.
Die vierte Lanze: auch meine erfolgreichen Wettkämpfer der neunziger Jahre haben Kata studiert - in unterschiedlichen Formen und Zusammenhängen und sehr verschiedenen Anforderungen an Präzision im Nachmachen von Vorgaben. Oft waren kleine "Kata-Experimente" nichts weiter als eine Zusammenfassung dessen, was ich zuvor im Unterricht/Training zu vermitteln versucht habe.

So, diese Lanzen sollen für heute reichen.

Vielleicht sind ein paar Inspirationen für interessierte "Kata-User" dabei.

Jupp
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Fritz
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Re: Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von Fritz »

Fritz hat also scheinbar eine der wenigen Exemplare der Nage-no-Kata DVDs bekommen, bevor die Verbreitung gestoppt wurde. ;)
Hätte ich was zitiert, dann hätte ich es auch vermerkt ;-)
Das es eine Methodik DVD gibt, weiß ich erst seit diesem Faden.

@Jupp: Die Umordnung der Gruppen in der PO halte ich zumindest für fragwürdig ;-)

Hier ist von Ralf Pöhler ein Artikel zum Thema "Freie Kata" zu finden: http://www.judo-praxis.de/Artikel/A_Kat ... ugend.html

Zum Thema "Mini-Kata" habe ich auch ein gespaltenes Verhältnis, in meinem Altverein
haben wir oft (je nach dem wieviel Kinder an der Veranstaltung teilnahmen), bei unserem
jährlichen Sommerlager einen "Kata/Demonstrationswettkampf" gemacht.
D.h. Gruppen von drei, vier Leuten sollen sich ein eine halbwegs sinnvolle
Technikabfolge ausdenken und diese dann
vor zwei "Kampfgerichten" am letzen Tag demonstrieren. Ziel ist eine Art "Leistungskontrolle",
inwieweit so die von uns in den Übungseinheiten gebotenen Techniken aus Judo, Karate, TKD
"erlernt/begriffen" haben und natürlich die im Vorfeld dadurch erzeugte "Motivation"...
(Und natürlich auch, damit sie ihre "Freizeit" sinnvoll nutzen ;-) )
Die "Kampfgerichte" werden aus Vertretern der o.g. Sparten besetzt, jeder vergibt für seine Sparte
Punkte, dann gibt es noch Punkte für den "Gesamteindruck" (die werden nach Diskussion
gemeinschaftlich vergeben u. entsprechen sozusagen einer Sparte).
Das eine "Kampfgericht" beginnt die
Liste der Teilnehmer von oben, das andere von unten abzuarbeiten, um einen "Nivellierungseffekt"
auszugleichen (d.h. die jeweils erste vorführende Gruppe erhält in Regel eine mittlere Bewertung,
darauffolgende Teilnehmer werde bewertungsmäßig immer mit den vorherigen in Relation gesetzt...)
Am Ende werden alle Punkte zusammengezählt pro Vorführgruppe und die Plazierungen festgelegt...
Im Rahmen dieser Veranstaltung sozusagen als "würdigen" Abschluß, vor dem Hintergrund des
spartenübergreifenden Trainings sind diese "Freien Kata" nicht schlecht...
Aber andererseits muß man sagen, daß die Üblinge in der Regel
ganz klar nicht die Qualifikation mitbringen, sich wirklich so sinnvolle Sachen zu erarbeiten,
die rechtfertigen würden, dafür "reguläre" Trainingszeit zu opfern.

Im regulärem Training sollte m.M.n. sich schon mit den traditionellen Kata beschäftigen, insbesondere
gerade deswegen, weil sie eine Blick auf die (mehr oder weniger) originale Technik-Grundform
ermöglichen. Das können diese "Freie Kata" / "Mini-Kata" nicht wirklich leisten...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von tutor! »

So viele Lanzen, die Jupp gebrochen hat - und das mit Recht! Aber....

Ralf Pöhler hat sich vor einigen Jahren zurückgezogen und es ist weit und breit niemand zu sehen, der die Lücke, die er hinterlassen hat, zu füllen bereit oder in der Lage wäre. Die "Kölner Schule" (bzw. ihre Vertreter) - ich hatte in der Vergangenheit in Bezug auf Methodik einiges zu deren Verdiensten geschrieben - befasst sich kaum mit den traditionellen Kodokan-Kata.

Leider haben sich die Mini-Kata nicht als Einstieg in den Kata-Bereich etablieren können. Das liegt meiner Meinung nach vor allem daran, dass viel zu oft die Lernenden die Aufgaben hatten, eine eigene Kata zu entwickeln anstatt erst einmal eine vorgegebene zu lernen. Das Selbstentwickeln ist eine tolle Sache: aber oft eine Überforderung.

Mir schweben eher Kurzkata mit "Originaltechniken" vor - auch keine kompletten Gruppen, wie in der Kyu-PO. Ich hätte mir gewünscht, die Prüfungskomission hätte auch hier mehr Mut bewiesen und für die Kyu-Grade angepasste Neuzusammenstellungen zu machen. Warum nicht z.B. Okuri-ashi-barai, Seoi-nage und Tsuri-komi-goshi für grün und Uki-goshi, Harai-goshi und Tomoe-nage für blau usw.? In der Summe hätten ja dieselben Techniken herauskommen können, wobei schade ist, dass Tomoe-nage herausgefallen ist. Man hätte es auch dahingehend variieren können, dass 3./2./1. Kyu eine Kata mit drei/sechs/neun Techniken nach Wahl aus der Nage-no-Kata zu machen ist.

Ich glaube, dass alles helfen kann, was Kata aus dem starren äußeren Rahmen herauslöst. Und ich glaube, dass viele Techniken im "normalen" Techniktraining so trainiert werden können, wie sie in der/den Kata vorkommen. Mit Tsugi-ashi sollte man nicht erst konfrontiert werden, wenn man sich auf eine Dan-Prüfung vorbereitet - und auch nicht in Verbindung mit dem Begriff Kata, sondern als etwas ganz normales (was es ja auch ist!). Dasselbe gilt auch für korrektes An- und Abgrüßen.

An Ideen sollte es jedenfalls nicht mangeln!
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Re: Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von Fritz »

@Tutor! Ob es nun eine Mini-Kata ist oder eine zerhackstückte Nage-No-Kata
ist nun auch kein großer Unterschied. Aber wenn man schon die Gruppen
durcheinanderwürfelt, warum dann nicht konsequent sein und den Prüflingen sagen:
Eine Gruppe - welche, wählt der Prüfling, die Gruppe könnte dann im Paß vermerkt sein.
Und bei der nächsten Prüfung zeigt er diese Gruppe und eine weitere...
Das würde ÜL und Übling etwas mehr Flexibilität geben bei der Trainingsgestaltung...
Leider haben sich die Mini-Kata nicht als Einstieg in den Kata-Bereich etablieren können. Das liegt meiner Meinung nach vor allem daran, dass viel zu oft die Lernenden die Aufgaben hatten, eine eigene Kata zu entwickeln anstatt erst einmal eine vorgegebene zu lernen. Das Selbstentwickeln ist eine tolle Sache: aber oft eine Überforderung.
Genau das ist auch meine Aussage, danke für die griffigere Formulierung...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Kata-Training wie gestalten?

Beitrag von tutor! »

Fritz hat geschrieben:@Tutor! Ob es nun eine Mini-Kata ist oder eine zerhackstückte Nage-No-Kata
ist nun auch kein großer Unterschied.
Vor allem ein psychologischer Unterschied! Die "Kata-Szene" hat sich mit den Mini-Kata nie richtig anfreunden können - waren ja auch keine "richtigen" Kata. Umgekehrt wurden die Mini-Kata - klang bei Jupp ja auch ein wenig durch - als Gegenstück zu den "strengen" Kata gesehen. Damit haben wir dann leider zwei getrennte Welten, deren Vertreter sich kritisch beäugen. Deshalb hätte ich lieber "portionierte" Kodokan-Kata - "gehaltvoll" aber nicht ganz so streng ;) .

Dem Lernenden bringt es allenfalls später einen Wiedererkennungswert - da stimme ich Dir zu, der Unterschied ist nicht so gewaltig!
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