Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Hier geht es um die Geschichte und um Traditionen des Judo
Michael Geiger
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von Michael Geiger »

Das stimmt natürlich. Ich wollte jetzt nicht sagen, daß ich Kano für einen Ultra-Nationalisten halte.
Dann hätte er sich sicher auch nicht so für die Olympischen Ideale eingesetzt.

Was mich jetzt, vor dem Hintergrund dieser hochinteressanten und lehrreichen Diskussion, etwas entsetzt, ist ein Besuch auf der DJB-Homepage gestern Abend. Hier lesen doch sicher außer Jupp noch andere hochrangige Mitglieder des DJB mit. Wäre es nicht ganz dringend nötig, den Geschichtsteil der DJB-Homepage gemäß den Erkenntnissen aus "Mind over Muscle" und den "Judo Memoirs" zu überarbeiten? Und das Ganze vielleicht auch noch etwas in die PO und das Ausbildungsprogramm einfließen zu lassen?

Gruß

Michael
Reaktivator
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von Reaktivator »

Michael Geiger hat geschrieben:Wäre es nicht ganz dringend nötig, den Geschichtsteil der DJB-Homepage gemäß den Erkenntnissen aus "Mind over Muscle" und den "Judo Memoirs" zu überarbeiten? Und das Ganze vielleicht auch noch etwas in die PO und das Ausbildungsprogramm einfliessen zu lassen?
Eine sehr gute Frage...
...die ich direkt noch etwas erweitern möchte:

In der neuen PO soll ja auch ein "Theorie-Teil" enthalten sein. Weiß man dazu schon Genaueres?
Und vor allem: Hat beim DJB jemand daran gedacht, etwaige Fragen (und natürlich erst recht etwaige Vorgaben für akzeptierte Antworten) einmal von jeweiligen Fachleuten gegenchecken zu lassen? (z.B. etwaige Fragen zur Judo-Geschichte von einem "Judo-Historiker"...?)
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von katana »

Das wäre ja absolut kontraproduktiv,
wenn man da tatsächlich nur die bekannten Phrasen weiterdreschen würde?
Ich hoffe doch, daß sich da ernsthaft jemand Gedanken gemacht hat.
Jupp
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von Jupp »

Ja, ich glaube auch, dass man sich beim DJB Gedanken darüber macht, wie man die Theoriefragen beantworten soll. Dazu soll es - wie ich aus relativ sicheren Quellen weiß - auch schon einige "neue" Informationen geben.
Mögliche Antworten werden sicherlich auch gegengecheckt, von den dem DJB bekannten "Judo-Historikern" - falls jemand hier im Forum solche gut kennt...

Aber auch danach gilt:
1. Wie wir hier im Forum sehen, verändert sich unsere Sichtweise auf Judo-Geschichte nahezu täglich mit der Menge der neuen Informationen und deren möglicher Interpretationsbreite
2. Demnach müßt es so etwas wie einen kontinuierlichen "Korrekturprozess" für die Judo-Geschichte geben
3. Wie sollen diese "neuen" "Tatbestände" dann jeweils denjenigen kenntlich gemacht werden, die sie dann in Prüfungen äußern sollen?
4. In Prüfungen kann man sich nur auf die "Fakten" berufen, die allgemein anerkannt sind und danach von den Fakten die Qualität möglicher Interpretationen beurteilen.

Und schließlich: wer soll das alles (möglichst kostenlos) zusammentragen, regelmäßig überarbeiten und angemessen veröffentlichen? Und: wer überprüft dann diesen "Zusammenträger" in Hinblick auf Korrektheit der Fakten?

Fordern ist leicht, verantwortlich umsetzen ziemlich schwierig, weil äußerst komplex (außerdem noch: zeitraubend, undankbar, nervenaufreibend ....).

Jupp
Lin Chung
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von Lin Chung »

Vielleicht könnte man einen Faden eröffnen, auf den nur der Moderator / Admin Zugriff hat.
Dort dann langsam die bisherigen Erkenntnisse eintragen und weiter in den Unterforen zu diskutieren.
sodass man immer den neuesten Stand hat. So hat dann jeder Zugriff darauf.
Grüße
Norbert Bosse
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Fritz
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von Fritz »

Jupp hat geschrieben:Und schließlich: wer soll das alles (möglichst kostenlos) zusammentragen, regelmäßig überarbeiten und angemessen veröffentlichen? Und: wer überprüft dann diesen "Zusammenträger" in Hinblick auf Korrektheit der Fakten?

Fordern ist leicht, verantwortlich umsetzen ziemlich schwierig, weil äußerst komplex (außerdem noch: zeitraubend, undankbar, nervenaufreibend ....).
Tja, diese Gedanken sollte man sich dann vielleicht schon beim Ausdenken einer neuen PO
(wo Du ja selbst mit dabei warst, Jupp ;-)) gemacht haben, als die Idee mit dem Fach "Theorie" entstand...
Dann muß der DJB eben mal etwas Geld ausgeben u. Fachleute bezahlen,
oder ein paar Diplom- / Promotionsthemen ausloben... Hab doch
im JM 09/09 gelesen, daß es da so eine legendäre Trainer-Akademie gibt, wo Diplomtrainer hergestellt werden...
Da gibt es doch sicherlich regelmäßig die Notwendigkeit, Diplomarbeiten zu verfassen...
Lin Chung hat geschrieben:Vielleicht könnte man einen Faden eröffnen, auf den nur der Moderator / Admin Zugriff hat.
Dort dann langsam die bisherigen Erkenntnisse eintragen und weiter in den Unterforen zu diskutieren.
sodass man immer den neuesten Stand hat. So hat dann jeder Zugriff darauf.
Es gibt "die Bibliothek", da kommt soetwas irgendwann rein.
Also dann, wenn wir Zeit dafür finden... ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von Timitry »

Fritz hat geschrieben:
Lin Chung hat geschrieben:Vielleicht könnte man einen Faden eröffnen, auf den nur der Moderator / Admin Zugriff hat.
Dort dann langsam die bisherigen Erkenntnisse eintragen und weiter in den Unterforen zu diskutieren.
sodass man immer den neuesten Stand hat. So hat dann jeder Zugriff darauf.
Es gibt "die Bibliothek", da kommt soetwas irgendwann rein.
Also dann, wenn wir Zeit dafür finden... ;-)
Für so etwas bietet sich meist ein Wiki an, eben weil Moderatoren oft nicht die Zeit und Nerven haben, solche Infos zusammenzustellen... ;-)
st.gregor

Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von st.gregor »

Und schließlich: wer soll das alles (möglichst kostenlos) zusammentragen, regelmäßig überarbeiten und angemessen veröffentlichen? Und: wer überprüft dann diesen "Zusammenträger" in Hinblick auf Korrektheit der Fakten?
Wie wär es denn, wenn das diejenigen täten, die sich diesen "Theorieteil" bei Prüfungen haben einfallen lassen? Oder sollte denen etwa die Sachkenntnis dazu fehlen? Aber wieso verlangen sie dann von Prüflingen, genau das zu leisten, was sie selbst nicht leisten wollten oder konnten?
Eine wie auch immer geartete Theorieprüfung muss doch wohl einen erlernbaren (und erst dadurch auch prüfbaren) Inhalt haben. Und den muss man irgendwie erlernen können, etwa in Form von Büchern, Aufsätzen o.ä.. Und was bisher dazu von "offizieller" Seite in Umlauf gebracht wurde ist mit "dürftig" noch sehr wohlwollend umschrieben.
Fordern ist leicht, verantwortlich umsetzen ziemlich schwierig, weil äußerst komplex (außerdem noch: zeitraubend, undankbar, nervenaufreibend ....).
"Theorie" in eine Prüfungsordnung reinschreiben ist leicht (klingt aber gut), verantwortlich umsetzen schwierig, weil hierzu zunächst mal eine inhaltliche Debatte stattfinden müsste, zu der man wiederum ein Wissen haben müsste, dass weitgehend fehlt.
Demnach müßt es so etwas wie einen kontinuierlichen "Korrekturprozess" für die Judo-Geschichte geben
Damit die unliebsamen Fakten auch weiter zu den sportpolitischen Überzeugungen der Topdogs passen? Geschichte ist - Überraschung - an ein wissenschaftliches Arbeitsverfahren gebunden, bei der die Interpretation und Einordnung der Fakten nur der letzte Schritt ist. Ich habe die Sorge (natürlich reine Spekulation), dass hier aber eine Interpretation (Judo ist ein Sport, ist ein Sport, ist ein Sport....) jegliches missliebige Faktum erschlagen wird.
Wie sollen diese "neuen" "Tatbestände" dann jeweils denjenigen kenntlich gemacht werden, die sie dann in Prüfungen äußern sollen?
Ich dachte dafür gäbe es das Judomagazin, eine Übungsleiterausbildung, Lehrbriefe? Wie macht der DJB denn sonst seine Mitglieder auf neue POen und ähnliches aufmerksam?

In Prüfungen kann man sich nur auf die "Fakten" berufen, die allgemein anerkannt sind und danach von den Fakten die Qualität möglicher Interpretationen beurteilen.
Und diese "Fakten", sind die alten, stumpfen, hier schon tausendmal widerlegten Mythen und Märchen. Siehe DJB-Homepage. :winken

Na dann Gute Nacht Deutschland :zzz


Stephan
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von Christian »

Du hast Recht Timitry, ich bin selber gerade gut ausgelastet und bei Fritz und tutor! sieht es wohl gerade nicht anders aus.

Wenn Interesse an einer Mitarbeit bei der Bibliothek besteht, dann meldet euch einfach bei mir.
Je mehr fleißige Hände es gibt, desto eher kann das erarbeitete Wissen veröffentlicht werden.
schöne Grüße
Christian
tutor!
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von tutor! »

--- (fast) OT -----

aber passt so schön..... ;)

Ich hab mich heute über einen Beitrag von "Jon Z" im englischen Forum amüsiert, wo er Hobby-(Judo)-Historikern einen Spiegel vorhält und sie bittet, sich doch einmal umgekehrt vorzustellen, ein Japaner, der kein Wort englisch sprechen oder lesen kann, wäre ein begeisterter Basketball-Spieler und würde sich nun daran machen, die kulturelle Eingebundenheit des Basketball in die amerikanische Lebenswelt und Philosophie zu ergründen.
Jon Z hat geschrieben:So when I first read your post I was immediately stuck by the thought of what if this was going the other way. I.e., what if the poster was Japanese (or from wherever) and posting a question on the philosophical underpinnings of basketball (or any other western sport but basketball is a good comparison because it emerged at roughly the same time as judo and in something of a similar intellectual milieu). Now this poster has played basketball his whole life. He was a big Michael Jordan fan as a kid and started basketball at an early age; he played competitively in high school and even in college. He even dreamed of playing in the Japanese pro league but never got a chance. Now he’s a salaryman and plays on weekends and when he can but is more in love with the game than ever and has become obsessed with researching its history and restoring it to its original status. He read a quote somewhere: “Whatever its later commercial developments, basketball was made for principled play, not for profit” (from introduction to James Naismith, Basketball (http://books.google.com/books?id=yDKtaG ... al&f=false). This inspires and augments his already nascent belief that modern basketball is a corruption and has left behind the original pedagogical values of its founder, ‘Dr.’ James Naismith.

Now our basketball player (we’ll call him Baskettotaro for simplicity’s sake) decides to do some research to back up his ideas but he doesn’t read English nor have a background in US history so his options are limited. He believes that Basketball’s origins in the YMCA highlight its Christian roots and he is intrigued by the fact that, according to the Oxford English Dictionary, the word “court” can have religious connotations in the Judeo-Christian tradition.

In addition to this he feels that there must be an aesthetic component to understanding basketball so he looks at some likely candidates and comes up with linear one-point perspective. This, he thinks, somehow explains the baskets: they seem clearly related to the importance of the vanishing point in European pictorial realism. Baskettotaro bolsters his ideas by looking at a number of Japanese websites (remember he cannot read English) including some theological explanations he finds on one of the websites of one of the great Christian universities in Japan (maybe Doshisha or Sophia). Emboldened, Baskettotaro begins to denounce fellow posters on baskettoforumu.co.jp (I just made up this URL so please don’t try to find it!) for what he feels are incorrect understandings of basketball’s history and corruptions of its philosophical, theological, and aesthetic underpinnings and eventually to post his own unified theory of basketball and its place within western civilization.

Now you may find this a rather ungenerous characterization (or caricature) of what you are attempting to do but I think if you will step back for a moment you can see that there is at least a grain of truth to this.

What I would say is that for someone interested in doing what you are doing there are a lot of perils and basically no way to sort out the promising leads from the not so promising. I would wonder what the principle of maximum efficiency would dictate. My feeling is it would tell you to learn Japanese – that would be the most efficient way to go about learning and understanding the philosophical underpinnings of judo though I suppose it would depend on whether you thought it would take you longer to learn Japanese or to wait for CK’s book to come out.

Jon Z
Quelle: http://JudoForum.com/index.php?s=&showt ... t&p=513276
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st.gregor

Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von st.gregor »

Super, tutor!,
und da ist er wieder, der unvermeidliche Versuch vom Thema abzulenken und auf einen Nebenschauplatz auszuweichen: Du darfst hier ja gar nicht mitreden, weil Du ja kein japanisch sprichst. Wie ich übrigens auch nicht. Ähhhh.... :eusa_clap
Selbst das wenige, das vom Kanoschen Textkorpus auf Deutsch/Englisch/Französisch vorliegt, reicht bei weitem aus, ein akkurateres Bild dessen zu zeichnen, was Judo nach dem Willen Kanos sein sollte, als der Kram, der in offiziellen DJB-Quellen zu finden ist. Warum also erfolgt noch gleich höheren Orts keine Auseinandersetzung damit?
Kein Bedarf. Eben...

Es ist zum Heulen, :crybaby
aber es ist nicht mein Problem :D


Stephan
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Fritz
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von Fritz »

Warum also erfolgt noch gleich höheren Orts keine Auseinandersetzung damit?
Kein Bedarf. Eben...
Fehlendes Problembewußtsein eher würde ich sagen... ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
Lin Chung
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von Lin Chung »

Hallo Stephan
würdest du denn an so etwas mitarbeiten und uns berichtigen, wenn wir auf dem falschen Pfad sind?
Oder dein Scherflein dazu tun?
Schön wäre es ja, denn, wenn wir es diesmal machen sollten, dann sollte es richtig sein und alle, auch euch zufrieden stellen.

Oder bleibt das nur ein Traum. Alle an einem Tisch und Großreinemachen. :dontknow
Grüße
Norbert Bosse
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pmhausen

Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von pmhausen »

Also, ich wäre dabei. Kann zwar nicht das Wissen von Tom oder Stephan
für mich reklamieren, aber sooo schwierig ist das doch eigentlich nicht.

Allein das Interview mit Moshe Feldenkrais in Roger Russells Buch,
Deutsch, aktuell erhältlich, garantiert auch in der Bibliothek.

Kano, Watson, Skoss, Lowry ... man muß doch keine Forschungsarbeit
betreiben, um die meisten Mythen als solche zu entlarven. Es steht
alles fix und fertig in der entsprechenden Literatur.

Sinnentnehmend Lesen kann einem allerdings niemand abnehmen.

Grüße,
Patrick
tutor!
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von tutor! »

pmhausen hat geschrieben: ... man muß doch keine Forschungsarbeit betreiben, um die meisten Mythen als solche zu entlarven. Es steht alles fix und fertig in der entsprechenden Literatur.
Wäre es denn so einfach. Denn irgendwoher kommen ja auch diese Mythen - man findet sie.... in der Literatur! Wo auch sonst.... womit ich jetzt ausdrücklich nicht die von Dir genannten Autoren/Quellen in irgendeiner Weise pauschal madig machen möchte. Mir geht es um´s Grundsätzliche.

Vor einiger Zeit gab es eine interessante Debatte im englischen Forum ab http://JudoForum.com/index.php?s=&showt ... t&p=509431

Das Durchlesen dieses Fadens ist hochspannend und zum zweiten Mal heute empfehle ich über das nachzudenken, was "Jon Z" schreibt. Er hat seinem Profil zu Folge (noch) sehr wenig eigene Judoerfahrung, ist aber offensichtlich mit historischer Forschung und der japanischen Geschichte hervorragend vertraut. In einem seiner Beitrag steht irgendwo, dass er japanisch unterrichtet.

Ich kann die Dinge nicht nachprüfen - aber sie geben mir zu denken!
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pmhausen

Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von pmhausen »

tutor! hat geschrieben:
pmhausen hat geschrieben: ... man muß doch keine Forschungsarbeit betreiben, um die meisten Mythen als solche zu entlarven. Es steht alles fix und fertig in der entsprechenden Literatur.
Wäre es denn so einfach. Denn irgendwoher kommen ja auch diese Mythen - man findet sie.... in der Literatur! Wo auch sonst.... womit ich jetzt ausdrücklich nicht die von Dir genannten Autoren/Quellen in irgendeiner Weise pauschal madig machen möchte. Mir geht es um´s Grundsätzliche.
Die von Dir gemeinte Literatur unterscheidet sich von der von mir angeführten durch das
Fehlen von Quellenangaben für die kolportierten Märchen. Das macht die Unterscheidung
eigentlich recht einfach. Der Grund ist, daß es dafür, daß z.B. Kano eine olympische Wettkampf-
sportart schaffen wollte, nun mal keine Quellen gibt.

Die Werke von Skoss, oder auch der Niehaus - den Gutesten hatte ich glatt vergessen, wohl, weil
ich ihn leider nicht hier im Regal habe - dagegen strotzen von Fußnoten, Zitaten und Literatur-
Verweisen. Und wo bei Skoss z.B. ein Literaturverweis nicht möglich ist, steht als Quellenangabe
oft "private phone conversation with <Mensch> at <Datum>" drin. Das ist sauberes wissenschaftliches
Arbeiten.

Abgesehen davon, daß eben ein Blick in MoM, Judo Memoirs und das genannte Feldenkrais-
Interview ausreicht, um vieles zu entlarven, was da so behauptet wird. Primärliteratur zuerst,
wenn die wegen der Sprachbarriere ausfällt, Sekundärliteratur. Aber doch nicht Bücher mit
Behauptungen aus dem luftleeren Raum.

Liebe Grüße,
Patrick
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von Lin Chung »

Das Beste ist es, doch endlich mal anzufangen. Debatten bringen nur was, wenn man Text hat, über den man debattieren kann.
Die Frage ist nun, ob die Admins da etwas einrichten können.
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von tutor! »

Hallo Patrick,

natürlich gibt es Autoren, die wissenschaftlich arbeiten und auch solche, die sich um wissenschaftliches Arbeiten bemühen und andere. Außerdem ist natürlich die Frage, mit welchen Mythen man sich auseinandersetzen sollte und auf welcher Basis dies geschehen soll. Du erwähnst explizit Niehaus als einen wissenschaftlichen Autor und die Olympischen Spiele, meinst dabei wohl den Mythos, dass Kano eine olympische Sportart schaffen wollte. Dies sei - so schreibst Du - durch keine einzige Quelle zu belegen.

Das Kodokan-Judo ist bekanntlich einige Jahre älter ist als die Olympischen Spiele der Neuzeit, so dass der Begriff "eine olympische Sportart schaffen" nicht treffen kann. Die Diskussion kann man allenfalls darüber führen, ob Kano eine Aufnahme von Judo in das olympische Programm befürwortet oder abgelehnt hat.

Dieser Punkt war schon häufiger Gegenstand von Debatten und eigentlich liegt es mir fern, ihn aufzuwärmen, da Du aber dezidiert schreibst, dass es keine Quelle gibt, die eine positive Haltung Kanos belegt, möchte ich ein wenig aus dem Niehaus zitieren.

In seiner Schlussbemerkung (S. 266 ganz unten) schreibt er:
Niehaus, S. 266 hat geschrieben:Letztlich verfolgte Kano das Ziel, Judo als olympische Disziplin zu etablieren.
Wie kam er zu dieser klaren und eindeutigen Schlussfolgerung?

Auf Seite 132 finden wir nähere Erläuterungen:
Niehaus hat geschrieben:Wie Coubertin betrachtete auch Kano Sport und sportlichen Wettkampf als Mittel zum Zweck der Erziehung. Das Training in den olympischen Disziplinen sah er als Weg, die japanische Jugend moralisch zu stärken und in den Sportlern sowie im ganzen Volk Werte wie Nationalgefühl und Partiotismus zu wecken; ein Anspruch, den er auch in den Kampfkünsten Kendo und Judo implantierte, von denen er hoffte, sie als olympische Disziplin etablieren zu können.
Es folgt ein Kano-Zitat aus Kaizo, Heft 20, Nr. 7 1938, zitiert aus KJT 8, 369
Jigoro Kano (nach Niehaus) hat geschrieben:Deshalb möchte ich auf jeden Fall, daß sich die Kampfkünste und der (Anmerkung: müsste "die" heißen) athletischen Disziplinen Hand in Hand entwickeln. Auch wenn beide verschieden sind, so ist ihr Ziel doch identisch: Die Stärkung der körperlichen Konstitution und das Stählen des Geistes. Deshalb finde ich es gut, Judo und Kendo in die im Westen entstandenen Olympischen Wettkämpfe aufzunehmen, und die Gesinnung des Bushido einfließen zu lassen.
Die Frage hier ist doch: was ist der Mythos:
  • Kano war dagegen, Judo als olympische Disziplin einzuführen?
  • Kano war dafür, Judo als olympische Disziplin einzuführen?
Niehaus positioniert sich eindeutig und belegt es anhand eines ebenso klaren Kano-Zitats.

Dass sich die olympischen Spiele zunächst ab 1936 (politische Instrumentalisierung) und danach ab 1988 (Kommerzialisierung) in eine völlig andere Richtung entwickelt haben, ist vollkommen unstrittig - aber das ist eine ganz andere Geschichte. Ebenfalls auf einem anderen Blatt steht, dass Kano im Judo deutlich mehr sah, als eine Sportart und dass er dies auch immer wieder deutlich gemacht hat. Alles unstrittig....
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von Ronin »

Na dann will ich dem auch einmal ein paar Zitate entgegenstellen:
„ ... KANO erklärte Pierre de Coubertin, daß das Jûdô als olympische Disziplin ungeeignet sei, da es kein Sport, sondern eine Schule des Lebens wäre. Jûdô, so sagte KANO, wäre kein Spiel, Kodôkan Jûdô, so KANO, wäre eben keine Sportart, kein Spiel, sondern eher mit einer Religion oder Morallehre vergleichbar, da es einen wesentlich größeren moralischen Anspruch verkörpere als dies eine Sportart tun könne.“
(Louka / Cook, „Memories of the Great Masters : Minoru Mochizuki“, New York 1998)


KANOS im Jahre 1933 diesbezüglich an den jungen britischen Jûdôka Trevor Leggett gerichteten Worte waren ebenfalls eindeutig (nachzulesen bei Leggett selbst).
Dazu Leggett:
„ ... sportliche Tradition hat nichts gemeinsam mit Dr. KANOS Prinzip der maximalen Effektivität, und es würde ganz sicher ausgehöhlt werden durch sportliche Professionalität. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß Dr. KANO schon aus diesem wichtigen Grunde dagegen war, Wettkämpfe und Meisterschaften im Jûdô abzuhalten. Er war der Meinung, daß dies die charakterformenden Aspekte des Jûdô zerstören würde. Er hatte mit seiner Befürchtung leider Recht.“
(Leggett, T.P., „Memories of Jigoro Kano’s Visit to the London Budokwai 1933“, Journal of Combative Sports 2000)
KANO meinte, daß er selbst nicht generell gegen Wettkämpfe sei, denn diese hätten durchaus einen Nutzen. Er lehne jedoch Meisterschaften prinzipiell ab, da Meisterschaften die Kämpfer herabwürdigten aufgrund der absoluten und ausschließlichen Fixierung auf den Sieg.
Auch äußerte sich KANO während eines Empfangs im Pan Pacific Club am 14. Juni 1935 in einer von ihm gehaltenen Rede dahingehend, daß die Überbetonung des Wettkampfes, etwa im Rahmen von Meisterschaften, das Jûdô verändern und einschränken würde. Wer eine Meisterschaft gewinnen wolle, der würde im Kampf jedes Maß verlieren. Viele wichtige Techniken könnten daher nicht mehr angewandt werden, da sie zu erheblichen Verletzungen führten. Das aber führe vom eigentlichen Sinn des Kodôkan Jûdô weg.
(Japan Times, 16. Juni 1935)

Unter Wettkampf verstand KANO Jigoro allerdings etwas anderes als das, was dieser Begriff im westlichen Sinne beschreibt. Es ging ihm nicht vordergründig um Sieg oder Niederlage, vielmehr legte KANO besonderen Wert auf die Möglichkeit, durch den Sport die Ausbildung einer sittlichen Grundhaltung (Dotoku) zu befördern.
Wettkämpfe, die nur darauf fokussiert waren, in einer bestimmten Disziplin den Sieger zu ermitteln, lehnte er ab:
„ ... folglich kommt den Wettkämpfen ein vergleichsweise geringer Wert zu, löst man sie von der Ausbildung der Sittlichkeit (Dokusei no kanyo).“
(KANO Jigoro in: “Das Ziel der Wettkämpfe und die Methode der Umsetzung“, Tokyo 1925)

KANO selbst äußerte sich im Jahre 1932 dazu wie folgt:
„Ich bin verschiedentlich gefragt worden, ob Jûdô möglicherweise in die Reihen der olympischen Disziplinen aufgenommen werden sollte. Ich würde es bevorzugen, mich dazu eher nicht zu äußern. Wenn einige Mitglieder (des IOC, d. Übers.) dies wünschen, werde ich keine Einwände erheben. Ich fühle mich jedoch in keiner Weise veranlaßt, in dieser Hinsicht irgendwie aktiv zu werden. Zum einen ist Jûdô in Wahrheit alles andere als ein Sport oder ein Spiel. Ich schuf es als ein Lebensprinzip, als Wissenschaft, als Kunst. Es dient in der Tat der eigenen, auch kulturellen Vervollkommnung. Nur eine einzige Form des Jûdôtrainings, das Randori, könnte eventuell als eine Form des Sports angesehen werden.“
(KANO Jigoro in: „Budôkwai Bulletin“, veröffentlicht im April 1947)

Ich bin mir tatsächlich - auch wenn ich das Niehaus Buch sehr schätze - nicht sicher, ob er hier die richtigen Schlussfolgerungen zieht. Insbesondere das letzte Zitat ist, wie ich finde, für einen Japaner (wir wissen ein direktes Nein wird man nie hören) eine außerordentlich starke Ablehnung. Vor dem Hintergrund, dass er Meisterschaften an sich ablehnt, halte ich eine Wunsch Kanos nach einer Aufnahme von Judo ins Olympische Programm für sehr fragwürdig.
Ich interpretiere die genannten Niehaus-Zitate eigentlich eher in die Richtung, dass Kano sich wünschte, dass die Spiele mehr von Spirit des Judo aufnehmen würden und das ganze vielleicht ein bisschen Hand in Hand geht.
Zuletzt geändert von Fritz am 01.10.2009, 11:18, insgesamt 3-mal geändert.
Grund: Zitate gemäß Forumsbrauch gekennzeichnet
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Re: Judo Memoirs of Jigoro Kano by Brian N. Watson

Beitrag von tutor! »

Hallo Ronin,

die von Dir aufgeführten Quellen sind mir alle bekannt, genauso wie die diesbezüglichen Diskussionen/Interpretationen. Ich will sie nicht weiter lostreten und auch gar keine eigene Position beziehen. Es ging mir nur um einen Punkt: das von Patrick vorgetragene Fehlen eines Beleges dafür, dass Kano olympische Wettkämpfe im Judo befürwortet hätte.

Alle von Dir angeführten Fundstellen sind übrigens älter als das sehr eindeutige Kano-Zitat, das Niehaus als Beleg für seine These von der Befürwortung Kanos von Judo als olympischer Disziplin anführt. Kano schrieb dies 1938, nachdem er schon Jahrzehnte Mitglied im IOC war und keine Aktivitäten in Bezug auf die Verankerung von Judo im olympischen Programm bekannt sind. Also vorangetrieben hat er es definitiv nicht! Aber wie kommst Du darauf, dass Niehaus diese Aussage Kanos - auf die er sich stützt - falsch verstanden haben könnte?

Allen von Dir angeführten Fundstellen ist gemeinsam, dass sie darauf verweisen, dass Judo deutlich mehr ist - im Sinne eines Erziehungs- bzw. Selbsterziehungssystems - als eine "normale" Sportart. Sie verweisen auch darauf, dass für Kano der erzieherische Wert von Wettkämpfen (einschl. der Aspekte der Völkerverständigung) wichtiger war als der Gewinn einer Meisterschaft. Aber genau dies waren die ursprünglichen olympischen Ideale, die man heute leider mit der Lupe suchen muss. In diesem Kontext hat Kano Wettkämpfe eindeutig befürwortet - im Judo und in anderen Disziplinen. Letztlich war er auch ein "olympischer Idealist".... und seine Befürchtungen/Voraussagungen, dass die Fixierung auf Ergebnisse zu Lasten der "Moral" oder des "Sportgeists" gehen, stimmen ja vollkommen.

Aber wie ich oben schon geschrieben habe: alles unstrittig....
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Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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