Ju-Do und der Geist des Judos

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katana
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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von katana »

Lin Chung hats ja schon angedeutet,
außer "Mokuso", was ja sowas wie "Meditation" sein sollte, trifft das auf jeden Sport zu.

Und was das Mokuso betrifft, so wird hier in der Regel die äußere Form (wie St. Gregor immer so schön sagt)
eines nicht verstandenen Rituals sinnlos kopiert.
Oftmals gibt das Kommando ein kniegeschädigter Wettkämpfer, der vor Schmerzen möglichst schnell
zum Abschluß kommen möchte.
Was mich betrifft, tue ich mich trotz jahrelangen Übens schwer, in 1 Sek in Trance zu verfallen. ;)

Ich würde mir da durchaus etwas mehr "Aufwand" wünschen.
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mcdüse
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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von mcdüse »

Freut mich, hast Du es denn schon mal versucht bei Euch zu ändern (intensivieren)?

Kenne Deine Funktion im Verein nicht, aber als Trainer hättest Du ja direkt Einfluss darauf und auch als "einfacher" Sportler kann man ja mal den Wunsch oder die Bitte äußern.
Gruß

McDüse

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katana
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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von katana »

Hab ich ! ;)
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mcdüse
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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von mcdüse »

Leute, Leute, in was für Vereinen treibt Ihr Euch denn alle so rum?

Auch wenn ich Lin Chungs Aussagen lese, werde ich teilweise das Gefühl nicht los, dass ihm in seinem Verein irgendwie etwas fehlt. (Kann mich natürlich auch täuschen)

Aber generell schreiben doch hier einige, die Werte propagieren und gepflegt haben möchten und im Vergleich wenige, die davon berichten, wie das bei ihnen gelebt wird.

Ist da so ein großer Bedarf?
Sind tatsächlich so viele Vereine heute nur noch wettkampforientiert?
Gruß

McDüse

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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von Lin Chung »

Sind tatsächlich so viele Vereine heute nur noch wettkampforientiert?
...die meisten. Es geht nur noch um Medaillen und Urkunden, nicht um den Menschen, von daher...
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von Reaktivator »

mcdüse hat geschrieben:Sind tatsächlich so viele Vereine heute nur noch wettkampforientiert?
...zumindest in meinem Umfeld sind es eigentlich nur die wenigsten - wobei es "gefühlt" früher allerdings durchaus anders war...

Aber ich glaube schon, dass die abnehmende Wettkampforientierung ein bundesweiter Trend ist - worauf ja nicht zuletzt auch der DJB vor dem Hintergrund sinkender Mitgliederzahlen mit steigenden "Breitensport"-Angeboten zu reagieren versucht.

Es wäre interessant, dies einmal zu quantifizieren - aber aussagefähige Statistiken zu diesem Thema sind mir bislang nicht bekannt.
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(Alte Internet-Weisheit, frei nach "Reaktivator")
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kastow
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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von kastow »

Dazu ein persönlicher Erfahrungsbericht:
Lange Zeit trainierten in meinen Altersstufen zu 80% Wettkämpfende, obwohl mein eigener Schwerpunkt nicht dort liegt. Mit dem Begriff Wettkämpfende meine ich, dass monatlich mindestens ein Wettkampf besucht wird. Seit ca. 2005 hat sich dieses Verhältnis komplett gedreht. Die Gründe sind, wie ich beobachtet und in Gesprächen erfragt habe, vielfältig:
- Patchworkfamilien, wo am Wochenende dem anderen leibliche Elternteil Vorrang eingeräumt wird
- Zuname von Vergleichen und Testen in den Schulen. Da wird ein weiterer regelmäßiger Vergleich in der Freizeit auch in Form von Wettkämpfen abgelehnt. Manchmal werden auch Hausaufgaben vorgeschoben.
- mangelnder Ehrgeiz / mangelndes Durchhaltevermögen
- die übrig gebliebene kleine Truppe Wettkämpfender reizt nicht zum Mitfahren
-Art der Wettkampfausrichtung: für netto vielleicht zwanzig Minuten Kampfzeit müssen mindesten fünf Stunden geopfert werden (Anfahrt, Waage, Kämpfe, Siegerehrung, inkl. Wartezeiten).
Diese Erfahrung ist wie gesagt sehr subjektiv. Aber die hier immer wieder propagierte Wettkampffixierung kann ich nicht erkennen. Im Gegenteil: der 'Trend' geht eigentlich klar in eine andere Richtung.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von katana »

Aber ich glaube schon, dass die abnehmende Wettkampforientierung ein bundesweiter Trend ist
Weiß nicht, ob man da schon von einem bundesweiten Trend sprechen kann,
aber du hast Recht, zumindest der Gedanke hat sich schon verbreitet, daß es noch was anderes gibt.
Wobei der Unmut über die IJF-Regelungen in letzter Zeit das Thema beflügelt.
Ich hoffe, daß es irgendwann auch in unseren Bezirk durchsickert. ;)
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mcdüse
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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von mcdüse »

Das ist aus meiner Sicht eine sehr erfreuliche Entwicklung!

Und das Themen neben dem Wettkampf durchaus auch auf Interesse stoßen, sieht man ja spätestens hier im Forum.

Freut mich kolossal !!! :eusa_clap :D :danke
Gruß

McDüse

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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von judoka50 »

Kann in so weit Kastow auch zustimmen.
Aber man sollte den Wettkampfsport nicht grundsätzlich so weit fallen lassen. Es hat schon vielfältige finanzielle Gründe, dass man auf versucht auf höchster Ebene mitzuhalten.
Die Gelder, die von oben verteilt werden, richten sich schlichtweg einfach nach der Art und Menge der Erfolge bei WM, EM Olympia usw. Wenn diese ausbleiben, fehlen dem Verband zigtausende Euros. Wo sollen die dann zur Aufrechterhaltung des Sportbetriebes kommen. Indem diejenigen, die die Tradition pflegen, demnächst monatlich 30 - 40 EUR an den Verband zahlen.... Habe das jetzt mal absichtlich ein wenig übertrieben.
Aber wenn demnächst die Nationen zwei Starter je Gewichtsklasse entsenden können, dann kann man sich leicht ausrechnen, wie die und auf welche Nationen verteilt werden. Wir, und dazu zählen noch einige Länder in Europa haben doch gerade mal mit Mühe und Not in jeder Gewichtsklasse eine/n Wettkämpfer/in. Also werden definitiv in Zukunft Gelder im Verband fehlen.
Dann darf man sich vermutlich auch nicht wundern, wenn Geschäftsleute, Firmen, usw. als Sponsoren genommen werden und man derzeit alle Wege beschreitet, um den Sport weiter zu finanzieren. Da kommt es dann auch mal vor, dass man bei der einen oder anderen Veranstaltung auch mal Prominente aus anderen "Bereichen" als Zugpferde einlädt.
Natürlich kann man jetzt wieder denken, wofür brauchen wir dann überhaupt noch Wettkämpfe und damit verbundene Honorartrainer, Lehrer usw. ....... Das mag jeder für sich entscheiden. Aber sähe der eine oder andere fest angestellte Judoka keine Berufliche Perspektive im Sport, und das ist dann halt der Wettkampfsport, wäre er dann noch zu bezahlen, bzw. würde er sich nicht woanders einen Job suchen? Judo Tradition, Geist des Judo usw......... reichen bestimmt allein nicht aus, um einen Sport auf hohem Niveau zu halten.
Viele Grüße
U d o
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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von katana »

Judo Tradition, Geist des Judo usw......... reichen bestimmt allein nicht aus, um einen Sport auf hohem Niveau zu halten.
Deine Argumentation ist in sich paradox.

Judo Tradition, Geist des Judo usw.......sind bestimmt nicht von einem Sport auf hohem Niveau abhängig...

...zeigt aber, daß in deiner Gedankenwelt offensichtlich der "Sport auf hohem Niveau" das oberste Ziel ist.
Das kann man so sehen, muß man aber nicht. :dontknow
tutor!
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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von tutor! »

Ich freue mich über die Wiederbelebung dieses Themas und habe bewusst ein wenig gewartet, bis ich mich zu Wort melde. Ich habe jetzt auch nicht alles vergangene noch einmal gelesen, aber so weit ich mich erinnern kann, hatte ich damals geschrieben, dass ich den "Geist des Judo" spüre, wenn ich eine Dojo betrete - oder eben auch nicht.

Heute war es mal wieder so weit. Ich war in ein Dojo eingeladen (genauer gesagt, ich habe heute zweimal trainiert, aber ich schreibe nur über das zweite Training - und jedes Wort, was ich schreibe stimmt genau so, wie ich es (be)schreibe.

Ein Sensei im wahrsten Sinne des Wortes führte mich ein. Nach dem Umkleiden hat er mich den wichtigsten Leuten in Dojo vorgestellt, beginnend beim Höchstgraduierten (was man aber nicht erkennen konnte, weil alle TN nur schwarze Gürtel trugen und ich keine Ahnung habe, wieviele "Bahnschranken" anwesend waren). Es war ein herzliches Willkommen, jeder versuchte meine Sprache - oder eine ähnliche - zu sprechen. Irgendwann begann das Randori, nachdem die TN zu unterschiedlichen Zeiten im Dojo ankamen und sich individuell aufwärmten. Es war ein "after-work-Training" im eigentlichen Sinne.

Die Altersspanne der etwa 30 TN war - abgesehen von der 11-jährigen Tochter des Dojo-Leiters - vielleicht von Ende 20 bis 76 Jahre. Der älteste Sensei stellte sich mir in einwandfreiem Deutsch vor. Er mache nicht mehr viel Randori (mit 76!) nur noch Kata. Dennoch bat er mich zu einem Randori, was ich gerne tat. Wenn ich in diesem Alter noch einen Gi tragen kann und auch noch so stehen kann wie dieser Sensei, dann werde ich definitiv ein glücklicher Mensch sein!!!!! Er war übrigens absolut nicht zerbrechlich, sondern ausgesprochen stabil.

Von einem anderen Randori-Partner stellte sich später heraus, dass er 57 Jahre alt war. Ein brillanter Techniker und ich musste höllisch auf der Hut sein, damit ich nicht einem Uchi-mata oder einer Fußtechnik zum Opfer falle.

Das waren jetzt die beiden Eindrucksvollsten von etwa 10 Randori, die ich heute gemacht habe. Natürlich war da auch mal ein "eckiger Knochen" dabei, aber insgesamt war es einfach herrlich.

Auf dem Weg in das "zweite Dojo" - in Deutschland sagt man eher zur "dritten Halbzeit" habe ich dies so dem Sensei gesagt, der mich eingeführt hat. Seine Antwort war kurz und bündig: "Wie man Randori machen soll, hat J. Kano schon ausführlich beschrieben". Selbstverständlich gab es noch jede 'Menge mehr, aber das ist privat und hat mit diesem Faden nichts zu tun.

Eines möchte ich aber betonen: Selten habe ich ihn so deutlich gespürt, den "Geist des Judo".

Vielleicht doch noch ein Wort zu dem anderen Training. Der oben erwähnte Sensei hat eine schwere Knie-Arthrose, kann ohne Stock kaum laufen und hat es sich trotzdem nicht nehmen lassen, für mich Uke bei einem Kata-Training zu machen. Auch er hat die 70 schon überschritten.

Selten war ich am Ende eines Trainingstages so tief beeindruckt und bewegt wie heute!
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
Reaktivator
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Re: Ju-Do und der Geist des Judos

Beitrag von Reaktivator »

@"tutor!": Sehr schöne - und anschauliche - Schilderung.

Einiges davon kommt mir recht bekannt vor. ;-)
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