Kodokan Judo in Deutschland

Hier geht es um die Geschichte und um Traditionen des Judo
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Lin Chung
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Kodokan Judo in Deutschland

Beitrag von Lin Chung »

[Fritz, 16.11.06: Habe dieses Thema als "wichtig" gekennzeichnet, da es in
ihm um Klar-/Richtig- u. Darstellung
von teilweise recht unterschiedlichen Standpunkten bzgl. Judo im
traditionellen und wettkampforientierten Sinn u. den entsprechenden Verbänden geht.

Thematisch ähnlich gelagerte Fäden sind hier und auch hier zu finden.

Zukünftige Diskussionsbeiträge (ausgenommen schlichte ergänzende Verweise)
zu o.g. Themenbereichen _außerhalb_ dieser Fäden, werden von
Christian oder mir rigoros entfernt oder zumindest inhaltlich "angepaßt".]


Hallo Tom

habe dieses Topic eröffnet, damit wir hier weiter machen können, ohne die Gefahr zu laufen off topic zu sein.

---------------
Du schriebst im Thread Judo als SV:
Noch etwas: Lin Chung, du hast geschrieben, daß deiner Meinung nach ein entsprechender Verband in Deutschland fehlt, der Kodokan Judo lehrt.
Da muß ich dir doch widersprechen - einen solchen Verband gibt es
Meine Antwort:
Wenn du es schreibst, wird es wohl stimmen. Vielleicht liegt es gerade an der Winzigkeit des Verbandes, daß er bisher übersehen wurde.

Bisher hatte ich mit der Suche nach so einem Verband kein Glück.

Gibt es eine Prüfungsordnung für das Kodokan Judo? Es wäre für mich nun auch was ganz Neues. Vor allen Dingen, wie werden die Kyu-/Dan-Grade des Wettkampfjudo bei euch anerkannt, 1:1 oder muss man noch zusätzlich etwas können?

Gruss
LC
Zuletzt geändert von Lin Chung am 30.12.2013, 13:10, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße
Norbert Bosse
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Simon
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Beitrag von Simon »

Der Verband macht Sprünge weg vom Kodokan-Judo. Selbst bei der normalen Kju-Prüfungsordnung darf bei den Würfen auch eine Wettkampfvariante gezeigt werden. Ich finde das aber auch ok. Vielseitigkeit ist wichtig.

Jeder der Kodokan-Judo betreiben möchte, kann das tun. Insbesondere durch das SV-Programm ist auch ein Schwenk zum Kodokan-Judo gelungen.
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Bibi
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Beitrag von Bibi »

Hallo Lin Chung,
unter http://www.judo-preetz.de/ findeste du viele Infos unter dem Stichpunkt Judo Inyo Ryu u.a. auch die Prüfungsordnung.
tom herold
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Beitrag von tom herold »

@Simon: Nur eine Frage. "Der Verband macht Sprünge weg vom Kodokan Judo".
Welchen Verband meinst du damit? Die Kodokan Judo Kidokai?
Wenn ja - was weißt du vom Kodokan Judo, um ein solches Urteil fällen zu können? Was weißt du von unseren Sensei ?(Von denen einige übrigens dem Kodokan angehören, nur mal so nebenbei!).
Falls du mit deinem Urteil also uns gemeint haben solltest - erst informieren, dann urteilen.
Tom

Ps.: Man schreibt es "Kyu", nicht Kju.
Zuletzt geändert von tom herold am 21.08.2006, 10:37, insgesamt 1-mal geändert.
tom herold
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Beitrag von tom herold »

Mir stoßen einige Dinge sauer auf - was hat es bspw. noch mit Judo zu tun, wenn heute selbst "gute Judoka" kaum noch sinnvoll und effektiv im Bodenkampf agieren können?
Nur ein Beispiel dafür, wie die Wettkampf-Regeln das Kampfverhalten (sinnloserweise) beeinflussen: Es wäre den Judokas des alten Kodokan NIE in den Sinn gekommen, sich in einem am Boden stattfindenden Kampf freiwillig auf den Bauch zu drehen oder sich in die Bankposition zu begeben.
Das nämlich ist extrem gefährlich - man hat den Gegner hinter sich, und dieser kann nun ungestört agieren, nicht zuletzt mit Fußtritten zum Kopf und zu den Nieren.
Wer jetzt schreit, das sei ja verboten, bestätigt nur, daß er Kampf und Sport nicht auseinanderhalten kann. Die Behauptung, daß sich der Judoka "im Ernstfall" ganz anders verhielte, ist Wunschdenken. So, wie man trainiert, wird man im Ernstfall auch agieren und reagieren
Auch die (wettkampfbedingte, weitgehend sinnfreie) Trennung der Kämpfer beim Übergang Stand/Boden oder Boden/Stand sorgt dafür, daß Judokas bspw. einem Kämpfer der MMA (oder des BJJ) wenig bis nix entgegenzusetzen haben.
Das Judo ist seit den 70er Jahren von Leuten verunstaltet wurden, die gewiß ehrenwerte Motive hatten - allein, sie haben sich eine Kompetenz angemaßt, die sie nicht besaßen.
Ich habe nichts gegen Peacer und Pazifisten, auch wenn das garantiert nicht meine Weltanschauung ist. Ich verstehe nur nicht, wieso sich solche Leute über eine traditionelle japanische Kampf(!)-Kunst hermachen und sie ihren seltsamen Bedürfnissen anbequemen.
Im Ergebnis sehen wir, daß das Judo fast nur noch als "sanfte, kinderkompatible, harmlose Sportart" wahrgenommen wird - und Judo ist alles andere als das.
Judo, um es noch einmal ganz klar zu sagen, ist als Synthese von mehr als 14 Ryu des Koryu Bujutsu ein militärisches System! Judo vereint in sich die Kenntnisse vieler Schulen des Katchu Bujutsu (= Schlachtfeld-KK des feudalen Japan), ergänzt um Kenntnisse einiger Ryu des Suhada Bujutsu (=Leibwächter-KK des feudalen Japan).
Die militärisch ausgeprägte Orientierung des Judo wird an seiner hierarchischen Struktur mehr als deutlich.
Die Einteilung der Schüler in Nicht-Graduiere (= Mudansha, gilt für alle bis einschließlich Braungurt) und in Yudansha (= fortgeschrittene Schüler, Meisterschüler, gilt vom 1. bis einschließlich 5. Dan) ist eine sichtbar hierarchische Struktur, die sich an den Rängen des Militärs orientiert.
Es ist also Unfug, die Graduierungen vor allem der Mudansha nur als "Ansporn" für die Lernwilligkeit bspw. von Kindern anzusehen. (Man kann diese Einteilung natürlich als Motivation nutzen, darf aber ihren eigentlichen Sinn nicht vergessen!)
Interessant dürfte da noch sein, daß in den Vereinen, die ich kenne, das Antreten und die Begrüßung strikt nach hierarchischem Muster stattfinden. Die höchstgraduierten stehen eben weiter vorn, nicht wahr ...
Interessant auch, daß die "sanfte, kinderkompatible, harmlose Sportart" den Sieg durch Ippon ermöglicht.
Im alten Kodokan gab es so etwas nicht, da wurde ohne Zeitbegrenzung gekämpft, bis einer aufgab oder nach dem soundsovielten Wurf nicht mehr hochkam ...
Der Ippon entstammt dem Judo-Training der Einheiten des kaiserlich-japanischen Militärs (besondes der Flotte) und symbolisiert den TOD des Gegners! (Damals wußte man noch, wei man jemanden so zu werfen hatte, daß der garantiert liegenblieb!)
Das alles war doch etwas ganz anderes als das, was uns heute so unter dem Namen Judo verkauft wird, denke ich.
Es gibt nun allerdings seit etlichen Jahren die Möglichkeit, sich dem eigentlichen Kodokan Judo wieder anzunähern, und wir sind da nicht die einzigen, die sich auf diesen Weg begeben haben.
Wer Interesse daran hat, ist uns willkommen. Wer kein Interesse daran hat, kann sich die Mühe sparen, uns das mitzuteilen ...
MfG
Tom
Zuletzt geändert von tom herold am 22.08.2006, 10:17, insgesamt 1-mal geändert.
Lin Chung
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Beitrag von Lin Chung »

Hallo Tom
Die Behauptung, daß sich der Judoka "im Ernstfall" ganz anders verhielte, ist Wunschdenken. So, wie man trainiert, wird man im Ernstfall auch agieren und reagieren .
Genau so sehe ich das auch.
Das die Bankposition und die Bauchlage gefährlich ist im Ernstfall, denke ich genauso. Denn was weiss ein Judoka schon, was noch alles im Ernstfall auf ihn zukommen kann. Er kennt ja nur das Wettkampfjudo.

Aber ich hätte gern meine obige Frage beantwortet:
Vor allen Dingen, wie werden die Kyu-/Dan-Grade des Wettkampfjudo bei euch anerkannt, 1:1 oder muss man noch zusätzlich etwas können?
Gruss
Lin Chung
Grüße
Norbert Bosse
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tron310371
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Beitrag von tron310371 »

Hallo Lin Chung und tom,

ich kann euch nur zustimmen. !!!!!!!!!!
____________________________________
Gruß
tron
tom herold
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Beitrag von tom herold »

Hallo Lin Chung (der Liang Shan läßt grüßen, hihi ...), um deine Frage zu beantworten: grundsätzlich gehen wir davon aus, daß für Kyu- und Dan-Grade Prüfungen abgelegt werden mußten, unabhängig von der Organisation. Daher erkennen wir prinzipiell diese Graduierungen an, kein Problem. Der Betreffende hat eine Prüfung abgelegt und dafür (so meinen wir) auch fleißig trainiert. Es wäre also sehr unhöflich, im Nachhinein diese Mühen geringzuschätzen, nur weil die Prüfung in einem anderen Verband abgelegt wurde.
Falls der Betreffende dann bei uns die nächste Prüfung ablegen möchte, wird er von ganz allein darauf kommen, was er dafür alles noch lernen muß - und er wird wahrscheinlich genauso fleißig dafür üben, wie er es zuvor getan hat. Wahrscheinlich wird er dabei viel Nützliches und Neues lernen - und das sollte ihn (oder sie) dann zusätzlich motivieren.
Uns liegt sehr, sehr viel daran, daß jeder Judoka den Grad, den er trägt, auch würdig repräsentieren kann. Das bedeutet, daß der Judoka auch über das Wissen und Können verfügen muß, welches den jeweiligen Grad kennzeichnet.
Das bedeutet natürlich auch, daß man bspw. als Braungurt doch erheblich mehr können muß als das, was derzeit etwa im DJB als ausreichend erachtet wird. (Das konnte ich mir jetzt nicht verkneifen - ist aber nicht böse gemeint! ;) )
Ich freue mich aber immer wieder darüber, daß es doch noch Judokas gibt, die unbedingt dazulernen wollen, die besser werden wollen ...
Freundliche Grüße
Tom
Poeck
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Beitrag von Poeck »

Hallo Tom,
ich hätte da mal ne ganz andere Frage! Wo trainierst du denn eigentlich? Mag sein, dass ich das mal überlesen hab, oder so, aber ich fänds schon mal interessant! ;)
Der Müller
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Beitrag von Der Müller »

Er trainiert in Preetz, das liegt ein paar Minuten von Kiel weg.
Gruß
Jochen
tom herold
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Beitrag von tom herold »

@Poeck: ... wir haben aber auch Truppenteile in Sachsen-Anhalt, in Hessen, in Bayern und in Baden-Württemberg und in Meck-Pomm. Ach ja, 'ne kleine Truppe treibt sich von uns auch in Berlin 'rum ...
Wer bei mir persönlich trainieren möchte, sollte sich allerdings schon auf den Weg in den Hohen Norden machen.
Aber wie gesagt - ich suche euch bei Bedarf und auf Anfrage auch heim ...
Liebe Grüße
Tom
Poeck
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Beitrag von Poeck »

dankeschön, @tom. also in den hohen norden werd ich mich wohl nicht so schnell machen, das ist ein ganz schönes stück von nürnberg aus! ;) aber wenn ihr auch in bayern trainiert, des fänd ich schon mal interessant. kannst du mir da genauere infos geben? wär super
tom herold
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Beitrag von tom herold »

@Poeck: in Illertissen trainiert der Dietmar Grosskinsky, und der gehört zu uns.
Dietmar ist im Augenblick allerdings selbst dabei, fleißig zu lernen und zu trainieren - ich weiß nicht, ob er schon so weit ist, dir die Dinge zu erklären, die du gern wissen möchtest.
Wie ich schon sagte - wenn Bedarf besteht und ihr das möchtet, dann vereinbaren wir am besten Ort und Zeit für ein Seminar ...
Ich denke aber, daß sich das hier im Forum so nicht befriedigend klären läßt. Es wäre sicher besser, wenn du mich anrufen oder mir eine e-mail senden würdest.
Meine Nr. und e-mail-adresse findest du hier irgendwo im Forum (oder im KKB-Forum); solltest du beides nicht finden, lasse ich dir diese Daten per PN zukommen.
Freundliche Grüße
Tom
Poeck
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Beitrag von Poeck »

@ tom
super, dankeschön! :) dann werd ich das ganze mal bei uns absprechen, und mich dann bei dir melden! bis denne
:danke
tom herold
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Beitrag von tom herold »

Poeck hat geschrieben:@ tom
super, dankeschön! :) dann werd ich das ganze mal bei uns absprechen, und mich dann bei dir melden! bis denne
:danke
@Poeck: Ich freue mich über euer Interesse, aber ich fühle mich doch verpflichtet, dich auf etwas hinzuweisen: solltet ihr mich tatsächlich als Seminarreferenten haben wollen, werdet ihr mit Sicherheit zunächst recht ... irritiert sein. Vieles von dem, was ihr bisher für Judo gehalten habt, wird dann für euch seine Gültigkeit verlieren - dieses Gefühl erträgt nicht jeder.
Natürlich macht es Spaß und ist sehr befriedigend, bspw. Wurftechniken nun endlich zu verstehen und auch sehr bald anwenden zu können, wenn man dem traditionellen Weg zu folgen beginnt.
Es gibt aber eben auch Leute, die so verärgert darüber sind, daß ich alles in Frage stelle, woran sie bisher geglaubt haben, daß sie sich zornig abwenden von dem, was ich ihnen zeigen könnte. :(
Erfreulicherweise sind aber viele Judokas angenehm neugierig ... :D
Und ich denke, daß du da auf jeden Fall zu den Neugierigen gehörst.
Freundliche Grüße
Tom
Der Müller
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Re: kodokan judo

Beitrag von Der Müller »

tom herold hat geschrieben:... Vieles von dem, was ihr bisher für Judo gehalten habt, wird dann für euch seine Gültigkeit verlieren. ...
Moin Tom,

willst Du das wirklich so stehen lassen? Das klingt so, als wolltest Du all das absprechen, was allgemein als Judo gelehrt wird. Ich denke man kann es anders ausdrücken. Die Basis ist nämlich immer noch die gleiche. Judo! Also das Ausnutzen der Kraft, der Bewegungen, ... des Gegners/Partners und minimaler Eigenaufwand um die eigene Technik zum Ziel zu führen, also getreu dem ökonomischen Minimax-Prinzip, minimaler Aufwand und maximaler Nutzen. Das geht nur, wenn man versucht Judo zu verstehen, das es z.B. nicht darum geht mit aller Gewalt siegen zu wollen. Dadurch ist die "Verkrampfung" ja schon vorprogrammiert.
Ich denke man kann es so ausdrücken: Lerne die Basis richtig kennen und ziehe Deinen Nutzen daraus.

Ein Bsp.:
Vielleicht hat das jeder schon mal erlebt. Kampfsituation, man hält den Gegner im Würger (meinetwegen Juji-jime) und die Sau will sich nicht Würgen lassen. Also gibt man kraftmäßig alles. Das Ende vom Lied, man hat den Kampf zwar gewonnen, Würger geglückt, ist danach aber nicht mehr im Stande eine Flasche aufzumachen, geschweigedenn selbst zu halten. Dabei muss ich kaum Kraft anwenden, wenn ich den Würger dicht machen will. Im Falle Gyaku-Juji-jime ist eine kleine Drehung der Handgelenke mir einer leichten Kippbewegung alles, was ich machen muss, bei Nami-Juji-jime setzte ich meinen Körper ein, Gewichtsverlagerung nach vorne, also benötige ich wieder kaum Kraft. Es ist nicht nötig, die eigenen Ellbogen auseinander zu reißen um den Platz für den Hals enger zu machen, nur ein wenig köperliches Verständnis und eben Judo.

Also lange Rede schwacher Sinn. Die Basis ist die gleiche, nur das Verständnis und evtl. die Lehrmethoden sind andere und Judo und dessen Sin deutlich zu machen (ganzheitliche Harmonie).

Aber ich lasse mich gerne im September von Dir selbst belehren ;)
Gruß
Jochen
Poeck
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Re: kodokan judo

Beitrag von Poeck »

tom herold hat geschrieben:@Poeck: Ich freue mich über euer Interesse, aber ich fühle mich doch verpflichtet, dich auf etwas hinzuweisen: solltet ihr mich tatsächlich als Seminarreferenten haben wollen, werdet ihr mit Sicherheit zunächst recht ... irritiert sein. Vieles von dem, was ihr bisher für Judo gehalten habt, wird dann für euch seine Gültigkeit verlieren - dieses Gefühl erträgt nicht jeder.
Natürlich macht es Spaß und ist sehr befriedigend, bspw. Wurftechniken nun endlich zu verstehen und auch sehr bald anwenden zu können, wenn man dem traditionellen Weg zu folgen beginnt.
Es gibt aber eben auch Leute, die so verärgert darüber sind, daß ich alles in Frage stelle, woran sie bisher geglaubt haben, daß sie sich zornig abwenden von dem, was ich ihnen zeigen könnte. :(
Erfreulicherweise sind aber viele Judokas angenehm neugierig ... :D
Und ich denke, daß du da auf jeden Fall zu den Neugierigen gehörst.
Freundliche Grüße
Tom
Natürlich gehör ich da zu den Neugierigen. ;) Trotzdem schonmal danke für die Warnung, auch die werd ich dann in etwa so weitergeben, falls es doch Leute bei uns gibt, die keine Kritik vertragen. ;)
tom herold
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Beitrag von tom herold »

@Poeck: Danke, du hast verstanden, was ich meine. :D
@DerMüller: Lieber Jochen, leider muß ich dir widersprechen. Wenn die Basis tatsächlich die gleiche wäre, dann hätte ich nicht den geringsten Grund, irgend etwas zu kritisieren.
Die Basis aber ist es, die hier in Deutschland offenbar nie so richtig angekommen ist - die historischen Gründe dafür habe ich zwar an anderer Stelle ausführlich dargelegt, möchte aber auf einen Punkt noch einmal kurz eingehen.
In Deutschland gab es NIE eine gewachsene Tradition des Judo! Während man in England mit Koizumi und in Frankreich mit Kawaishi veritable Judomeister hatte, die tatsächlich in der Lage waren, Judo zu verbreiten, war die Situation in Deutschland eine ganz andere. Weder Otani noch andere blieben (vor dem II. WK) lange genug, um eine echte Tradition zu etablieren - geschweige denn eine gewisse Kontinuität herstellen zu können in Qualität und Judoverständnis.
Nach dem II. WK sah das nicht anders aus.
Der absolut einzige Japaner, der nicht ausschließlich Geld verdienen und Deutsche verhauen wollte, sondern der Judo auch weitergeben wollte, war nun mal Tokyo Hirano. Und dieser wurde von einigen eitlen, wichtigtuerischen Gockeln wie bspw. Heinrich Frantzen sehr, sehr schlecht behandelt - eben weil Hirano deren Eitelkeit und Selbstgefälligkeit mühelos als das entlarvte, was es war (und Hirano tat das öffentlioch, auf der Judomatte ...)
Das hat ihm bspw. Frantzen NIE verziehen. Und es ist eine Lüge, wenn man in den offiziellen "Chroniken" nachlesen kann, daß Tokyo Hirano sozusagen der erste "inoffizielle" Bundestrainer ("unter Privatvertrag") gewesen sei.
Diesen Privatvertrag gab es, und man kann darin nachlesen, zu welchen unglaublich schlechten Bedingungen Frantzen versuchte, Hirano zu vereinnahmen - ich habe dazu verläßliche Zeitzeugen befragt und Dokumente gesehen.
Zurück zur fehlenden Basis: Es gibt in Deutschland nur sehr wenige Judoka, die bspw. in der Lage sind, einen korrekten Ippon-Seoi-Nage zu werfen. Jetzt bitte nicht gleich empört aufbrüllen - was ihr für Ippon-Seoi-Nage haltet, ist eine schlechte, ineffektive Variante des Katate-Seoi-Nage. Wäre es anders, dann müßte niemand sich auf beide Knie fallen lassen, um den Gegner werfen zu können.
Im neuesten Judo-Magazin schrieb David Finch viel dummes Zeug über Seoi-Nage - er behauptete bspw., daß die Japaner deshalb so tief eindrehen könnten, weil sie ihr Leben lang auf den Knien hocken, statt wie wir zu sitzen. Ich kommentiere diesen Unfug jetzt nicht weiter ...
Erstens wird in Deutschland so gut wie nie gezeigt, wie man sich RICHTIG, d.h. effektiv eindreht. Zweitens braucht man sich dann nicht zu wundern, daß man nicht oder nur sehr schwer unter den Schwerpunkt des Gegners kommt. Drittens wundert es mich immer wieder, daß bspw. der hierzulande gelehrte Harai-Goshi ausnahmslos nichts anderes als ein schlechte Variante des O-Guruma ist.
Auch wundert es mich immer wieder, daß der schlichte, leicht zu erlernende Ashi-Guruma als "schwieriger Wurf" gilt. Und was man in Deutschland so als Hiza-Guruma verkauft, ist einfach nur zum Weinen schlecht (wohlgemerkt: Ausnahmen bestätigen die Regel!).
Auch bin ich etwas fassungslos darüber, daß es hierzulande "Lehrmeinung" ist, daß man den De-Ashi-Barai aus Ukes Rückwärtsbewegung werfen könne ... erstens heißt "De" vorwärts/vorn und zweitens ist das dann kein De-Ashi-barai, sondern ganz einfach der so oft völlig falsch verstandene Harai-Tsuri-Komi-Ashi, bei dem man beileibe keinen Hüftkontakt zu Uke benötigt ...
Ähnliche Kritik wäre am eigentlich unfaßbar einfachen Osoto-Gari zu üben - jedenfalls dann, wenn er so gelehrt wird, wie die offiziellen Lehrmaterialien des DJB / DDK es ausweisen.
Habt ihr mal darüber nachgedacht, wieso etliche international erfolgreiche Judoka den Morote-Seoi-Nage im Repertoire haben? Richtig, weil es eine der allereinfachsten Wurfbewegungen des Judo ist. Wieso haben deutsche Judoka das Ding nicht drauf? (Außer Dodt fällt mir keiner ein, der dabei nicht auf die Knie geht!)
Wieso gilt das Entkommen aus Festhalten als schwierig?
Weil schon im Kinderbereich völlig sinnlose Bewegungen dafür gelehrt werden!!
Und wenn man dann genau darauf hinweist, wird man mit Häme bedacht - siehe "Gada", der hier im Forum dreist unterstellte, wir würden "zu wenig Bodenkampf können", eben weil wir aus Osae-Komi-Waza rauskommen (ist zwar widersinnig, aber was soll's ...)
Wenn ich mir die grottenschlechte Prüfungsordnung des DJB ansehe, verstehe ich allerdings, wieso das alles so ist. Wo Grundlagen nicht mehr fundiert vermittelt werden, kann nix Sinnvolles dabei herauskommen.
Die paar Würfe, die heute genügen, um Braungurt zu werden, reichen nun mal nicht aus, um ein wirkliches Verständnis zu erwecken.
Noch schlimmer sieht es mit den Ne-Waza aus.
Und das Schlimmste ist, daß es jenseits des Braungurtes absolut nichts Neues mehr zu erlernen gibt - jedenfalls laut Prüfungsordnung des DJB /DDK.
Die Dan-Grade verlangen nur die Demonstration einer höheren Quantität der Techniken, irgend etwas qualititiv Neues kommt nicht hinzu.
Die Katas werden nur noch als rein technischer Ablauf gelehrt, also nur noch als äußere Form, ohne jeden Inhalt. Sorry, aber das ist Eiskunstlaufen oder Kunstturnen, kein Judo.
Abgesehen davon, daß beinahe alle Dan-Träger im Judo nicht in der Lage sind, bspw. den INHALT der simplen Nage-no-Kata zu erläutern (nein, diese Kata ist eben NICHT die Form, welche das angebliche "Prinzip von Angriff und Abwehr" vermittelt!!!), haben diese Dan-Träger diese Kata spätestens nach einem Jahr nicht mehr parat, sind nicht mehr in der Lage, sie wenigstens zu demonstrieren.
Von anderen Kata möchte ich da lieber schweigen.
Ich hatte zudem Gelegenheit, mir anzusehen, was der "Kata-Experte" Klaus Hanelt so lehrt ... nun ja, man kann deutlich erkennen, daß er sein "Wissen" aus Büchern bezogen hat (und nicht unbedingt aus den besten!!).
Meine Bemerkungen mögen vielen unhöflich vorkommen, doch ich bin glücklicherweise von niemandem abhängig und kann daher die Dinge einfach beim Namen nennen.
Fazit: auch wenn viele es absolut nicht hören wollen - Judo hat in Deutschland keine echte Tradition, keine Kontinuität in Kanos Sinne. Der Wettkampfzirkus hat sich inzwischen selbst ad absurdum geführt, denn dort werden die beiden obersten Maximen des Judo in keiner Weise beachtet.
Was vom Judo noch übrig ist, wird von Leuten, die schon lange keine Matte mehr betreten haben, vom grünen Tisch aus kaputtverwaltet - so stellt es sich nun nicht nur mir dar ...
Lieber Jochen, meine Schüler und ich gehen einen anderen Weg. Bedauerlicherweise werden einige, die mit uns kooperieren wollen, vehement daran gehindert. Doch, doch, das ist so.
Denn wer sich bspw. als DJB-Judoka von mir (oder von meinem Sensei Frank Thiele, 9. Dan) etwa den Morote-Seoi-Nage oder den Ippon-Seoi-Nage korrekt beibringen läßt, der fällt in der nächsten Kyu-Prüfung durch, da die entsprechenden DJB-Prüfer "diesen Unsinn" nicht sehen wollen.
Darauf hingewiesen, daß dies die korrekte Form sei, daß es viel einfacher und vor allem effektiver sei und daß es so von Hirano, Ichiro Abe und anderen gelehrt werde, meinten die Prüfer nur, daß die "Privatmeinung irgendwelcher Japaner hier nicht relevant sei".
Noch Fragen?
Freundliche Grüße
Tom
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Beitrag von tron310371 »

Hallo zusammen,

@ Tom
Endlich mal einer der die Wahrheit sagt, gratuliere !!
Leider bin ich etwas zu weit entfernt um bei euch zu trainieren. Ich habe dieses "Problem" auch des öfteren auf Prüfungen erlebt und bin immer wieder entsetzt über die Ignoranz einiger Prüfer, dabei viel mir des öfteren auch auf das manche die Bedeutung der Namen überhaupt nicht kennen. Was eigentlich für Prüfer eine Schande sein müßte !!

Bei mir hat sich in der Richtung auch viel getan, ich habe bei mir im Verein einen sehr guten Sensei gefunden (so um die 60 Jahre alt) der wirklich Judo lebt, und als der mir den Morote-Seoi-Nage mal anders zeigte als wie es heute gelehrt wird viel mir im wahrsten Sinne des Wortes das Kinn runter. Mit welcher Leichtigkeit sein Gegner geworfen wurde hat mich schon erstaunt, dabei wog der Gegner über 120Kg und er wiegt nur so um die 70Kg !!

Aber lieber Tom für alle die nicht bei dir trainieren können oder nicht wie ich das Glück haben so einen Sensei im Verein zu haben, wie sieht es denn mal mit einem Schriftstück aus, dachte so an ein klassisches Lehrbuch oder ein en Lehrfilm ??
Sowas ist eigentlich mit etwas EDV Kenntnissen und ein paar Digitalfotos schnell gemacht.
____________________________________
Gruß
tron
Der Müller
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Beitrag von Der Müller »

Keine Fragen mehr, bis hierher. Werde mir selbst ein Bild machen und persönlich mit Dir und Frank reden und üben, das ist effektiver und sprengt nicht den Forenrahmen ;) Bis dann.
Gruß
Jochen
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