Mein erster Eindruck:
Volle Punktzahl.
Mein zweiter Eindruck:
Wer die englische Ausgabe sein Eigen nennt und beide Ausgaben miteinander vergleicht, wird nüchtern folgendes (vorläufiges) Fazit ziehen.
1) Tolle Aufmachung, ein schönes Buch.
2) Große Schrift, gefühlte Verdopplung der Schriftgröße.
3) Wesentlich größere Bilder, wie von Jupp schon beschrieben, als oberer und unterer Rand, von links nach rechts durchlaufend.
4) Die Druckqualität ist sehr hoch, was besonders den Bildern und Abbildungen zu Gute kommt. Eine Lupe benötigt man auf jeden Fall nicht.
Jetzt stelle ich mir selbstverständlich die Frage, was hat es denn nun mit "den dramatischen Kürzungen und Fehlern" auf sich: ich vermute, nicht wirklich viel. In meiner englischen Ausgabe zähle ich ca. 106 prall gefüllte Seiten zum Thema Te-waza und Koshi-waza. Ich schätze den resultierenden Vergrößerungsfaktor (siehe oben, plus Transfer in die "blumige deutsche Sprache") auf durchaus realistische > 2, < 3 ein.
5) 2,5*106 = 265 Seiten! Ohne Einleitung.
Fazit; so wahnsinnig viel kann in der englischen Ausgabe nicht gekürzt worden sein.
Hervorhebungen von mir, da ich diese Punkte wesentlich differenzierter betrachte als Ulrich und jetzt, nach Einsicht in unsere "neue Referenz" nicht mehr teilen kann.Jupp hat geschrieben:Schöner Umschlag, schönes Cover. Jede Technik wird auf einer rechten Seite grafisch gut gestaltet eingeleitet, mit einer knackig kurzen und viele Alternativen offen lassenden Beschreibung des Konzeptes des Wurfes.
Abschließend fast immer: "eigene Gedanken" von Toshiro Daigo zu den Würfen, oft Zitate seiner Forschungen zur Herkunft der Würfe, aber auch zu modernen Entwicklungen. Unterlegt mit alten Fotos oder sehr alten Zeichnungen. Stets mit guten Quellenangaben, also sehr seriös!
So beendet Daigo z.B. seine Überlegungen zu Ippon-seoi-nage mit folgenden Worten (Daigo 2009, 32): "In den traditionellen Jujutsu-Systemen findet sich quasi die militärische Urform des Ippon-seoi-nage, die dann im Kodokan-Judo erforscht und zur Randori-Technik entwickelt wurde. Daraus sind dann wieder die zahlreichen unterschiedlichen Wurfausführungen entstanden, die heute zu sehen sind." Selten habe ich den Zusammenhang zwischen den Koryu-Stilen und dem modernen Kodokan-Judo so schlicht und einleuchtend aber auch so deutlich und differenziert beschrieben gesehen. Mir wurde direkt verständlich, was sich Kano unter Überarbeitung der Jujutsu-Techniken vorgestellt hat und welche Art Techniken er sich für sein Kodokan-Judo wünschte.
Es findet sich im "deutschen Daigo" eine sehr viel bessere Darstellung der Fotos in Bezug auf den Text als in der englischen Ausgabe, vor allem durch den grafischen Trick einer ober- und unterhalb des Textes durchlaufende graue "Fotozeile".
Schon in den einleitenden "Fünf Überlegungen" Daigos zum Thema "Nage-waza", u.a. zur Entwicklung des Randori aus der Kata oder auch zur Gokyo und deren Aufgabe und Bedeutung, wird deutlich, dass in der englischen Ausgabe einfach sehr viel ausgelassen wurde, zu knapp übersetzt oder auch mit Fehlern übersetzt wurde. Man merkt jetzt der englischen Ausgabe an, dass der/die Übersetzer/in ganz sicher kein Judo-Experte gewesen ist.
Mit anderen Worten, dem "deutschen Daigo" merkt man an, dass Dieter Born sowohl Judo-Experte als auch Japanisch-Experte ist.
Oder wie Daigo schreibt: "Ich weiß, dass er selbst das wahre Wesen von Technik und Geist des von Jigoro Kano geschaffenen Kodokan-Judo korrekt ergründet hat und die Publikation dieser deutschen Ausgabe vor dem Hintergrund erfolgt, noch weiter zur Entwicklung des Judo beizutragen." (Vorwort, S. 5)
Solch ein Kompliment hat wohl kein anderer deutscher Judoverleger bisher je von einem der größten Judoka aller Zeiten in dieser Form erhalten.
Nach dem ersten Anlesen und Durchblättern dieses sehr schönen, sehr umfangreichen und sehr wichtigen Buches kann ich nur anmerken: zu Recht!
Für mich ist klar: wer sich auch in Zukunft als ernsthafter Judoka bezeichnen möchte, der fundiert über Technik und Technikentwicklung informiert sein will, der kann auf dieses Buch (diese Bücher) einfach nicht verzichten.
Der "deutsche Daigo" ist ein "must have"!
Jupp
Dem ichmußdasbuchunbedingthaben sowie erstjetztweißichwieesrichtiggeht schließe ich mich nur in soweit an, dass ich es jedem deutschen Judoka empfehle, der grundsätzlich lieber in seiner Muttersprache liest.