tutor! hat geschrieben:(...) wie CK geschrieben hat: in den 1980ern war Koshiki-no-Kata in Europa so gut wie unbekannt.
Ich habe sie Mitte der 1980er in Frankreich zum ersten mal gesehen und dann irgendwann Mitte der 1990er in Deutschland zum zweiten Mal. 2008 habe ich sie erstmals selbst praktiziert, seit 2010 dann sehr intensiv auch in Japan. Etwa 3-4 Jahre hat es für meine eigene Kata gedauert, den ganzen Quatsch wieder loszuwerden, der durch die deutsche Landschaft geisterte (und teilweise noch geistert).
Von daher komme ich noch einmal auf meinen Ausgangspunkt zurück: bitte erst praktizieren, dann diskutieren.
Wenn ich diesen Umstand jetzt beklage, dann muss ich mir die Frage stellen, warum war das so?.
In der sporttreibenden Masse kann dieses nur dann der Fall gewesen sein, wenn wir unseren Fokus auf den Wettstreit gelegt hätten -> auf Turnieren den Zweikampf durchführten und uns mit bunten Gürteln schmückten. Wir hatten Judo typischerweise als exotischen, deutschen Sport missverstanden, ohne Kodokan-Judo zu verstehen ->
wir haben uns gekloppt, es musste Schweiß fließen, Anstrengung musste immer sichtbar sein ...
Dabei gab es neben Koizumi, Kawaishi, Feldenkrais auch noch Yves Klein. Yves Klein hat uns schon 1954 ein Buch hinterlassen,
in dem die originalen Kodokan Kata -
original nach seinem damaligen Kenntnisstand, so wie sie nach dem zweiten Weltkrieg gelehrt wurden - umfangreich beschrieben sind. Er muss(te) es eigentlich wissen, als damals waschechter Kodokan-Schüler.
Auch aus diesem Grund mag ich die Entschuldigung "weitestgehend unbekannt" nicht gerne hören. Unsere Auffassung ist an allem Schuld, die Ausbildung, der Schulsport, das Prüfungswesen ... und die bescheidenen Weinmann Heftchen, aber auch der 1970er Jahre Methodik-Kokolores (also der sagenhafte Club Bushido Köln, mit dem Nachwuchs ...), Mahito Ohgos Buch, ... doch am Schlimmsten war wohl doch der Einfluss des DDK ...

.
Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, kann man keinerlei Schuldzuweisungen rechtfertigen oder anderweitig vertreten.
Überlegen wir einmal:
Die Kata des Judo benötigte man erst zu den Schwarzgurt-Prüfungen. In der Wahrnehmung der deutschen Judomasse waren die Kata also entweder ein notwendiges Übel oder etwas Besonderes (auch Geheimnisvolles) - nur für die begehrten Balken auf dem Gürtel von Nöten' der große Unterschied. Es lag eine extreme Schieflage in der Wahrnehmung und (automatisch) im Verständnis vor.
- 1. Dan, Nage no kata
2. Dan, Katame no kata
3. Dan, Gonosen no kata (DDK-Verständnis, nach den Weinmann-Publikationen zum Selbststudium + Dan-Vorbereitungslehrgänge) oder alternativ die Kime no kata (kam irgendwann einmal als Passus dazu)
4. Dan, Ju no kata oder Goshin-jutsu no kata (ebenfalls nach den Weinmann-Publikationen)
5.Dan, Itsutsu no kata oder Koshiki no kata (ebenda ...), zuzüglich einer Kata nach Wahl (konnte eine Eigenkreation sein)
Die Kopplung einzelner Kata an die Gürtelstufen
"der kleinen und großen Meister" ist etwas unglücklich gewesen, aus heutiger Sicht.
Es wurde ein zu großer Wert auf den "Wettstreit gelegt" -> dabei bleibt /blieb eine gute Ausbildung, die Bildung des Fundamentes und der entscheidenden Muster im Gehirn, auf der Strecke.
Darf ich dieses behaupten?
Feststeht:
Unbekannt war gar nichts, die Kata waren durchaus bekannt & Koshiki no kata darf nicht erst am Ende stehen. Der Sport hat(te) die Kata nicht benötigt.
Lieber Tutor!,
welcher Quatsch benötigt bis zu vier Jahre Training, um weitestgehend gelöscht zu werden? - in/an Deinem persönlichen Beispiel,
Du selbst warst als junger Mann Uke für J. Schulte, dem Verfasser mindestens dreier Weinmann-Publikationen -> Du kennst also den Zirkel.
Alleine der superschwere Rüstungsgedanke kann es nicht gewesen sein.
Der Kodokan-Standard setzt sich nur sehr langsam durch, aber war alles (nur) Schrott? Was wir Kinder' der Kriegskinder, gelernt & vorgemacht bekommen haben

?
HBt.
PS
Auch ich habe die
Koshiki no kata erst sehr spät gesehen* ; als ich sie kennenlernen durfte, fand ich sie toll - man muss sie machen, da gebe ich Dir vollkommen recht.
Ich glaube, die
Itsutsu no kata habe ich demgegenüber schon mal Mitte der 1980er Jahre, auf einem Lehrgang, gesehen - geübt haben wir allerdings Techniken außerhalb der Gokyo.
Viel Überzeugungsarbeit liegt vor uns (allen).
*
2003,
quasi als letzte Kata überhaupt, es lag also doch an den Dan-Stufen, am Prüfungswesen
Fritz hat geschrieben:
(...) Weiterhin unterstützt unser POen ja auch genau diesen Ansatz, bis auf das Bißchen Nage-no-Kata, kommt ja in der Kyu-PO nichts von den
Kodokan-Kata vor und dann im Dan-Programm, zack immer mind. eine Kata dabei ...
Das wöchentliche Üben orientiert sich demnach immer noch' an den Gürtelstufen & am Wettkampf (auf unterster Ebene).
Ein möglicher Durchbruch, kann die Demonstration einer offiziellen Kata sein, und zwar vor einer Meisterschaft.
"Bevor das EVENT offiziell beginnt, wird eine Kata demonstriert". Entsprechende Experten müssten eingeladen werden oder aus dem Teilnehmerfeld rekrutiert sich ein Paar - möglich vielleicht.